Geschichte der Frauenbewegung

Jede Generation hat ihren eigenen Mythos und ihre eigene Legende

Im Kampf um die Gleichberechtigung haben sich Frauen schon immer engagiert, nur hatten sie es im ständeorientierten Mittelalter ungleich schwerer als in der beginnenden Neuzeit. Die Bundeszentrale für politische Bildung unterscheidet bei der Deutschen Frauenbewegung zwölf aufeinanderfolgende Wellen. Ausgelöst wurden die Wellen stets durch politische Ereignisse, die sich nachtteilig auf die geforderte Gleichberechtigung ausgewirkt hätten.

Erste Welle: Wie alles begann um 1800

Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit - das hat die Französische Revolution 1789 auf ihre Fahnen geschrieben. Die Revolution forderte die Umsetzung der Menschenrechte und neue Demokratie-Konzepte ohne die Situation der Frauen entsprechend zu verändern. Sie endete 1804 mit der Krönung Napoleons zum Kaiser. Der Ort der Frauen sollte weiterhin das Haus sein, wo sie mit typisch weiblichen Eigenschaften wie Tugend, Sittsamkeit und Fleiß eine gemütliche Häuslichkeit zu sorgen hatte.

Noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde im Zeitalter der Aufklärung das Rollenmodell der gebildeten und intellektuell präsenten Frau propagiert, obwohl es zu dieser Zeit keine systematische Mädchenbildung gab. Zum Ende des Jahrhunderts setzte sich dann in Philosophie, Theologie, Medizin und anderen Disziplinen das Rollenmodell des sog. "natürlichen Geschlechtscharakters" der Frau durch. Frauen sollten enstprechend ihrer geschlechtsspezifischen Tugenden bevorzugt zu Hause bleiben und dort für Ordnung sorgen während der Wirkungsort von Männern mehr in der Öffentlichkeit liegen sollte. Diese Ideologie funktionierte vor allem in Abgrenzung zum Adel für Frauen des Bürgertums und weniger für Frauen der Arbeiterschicht, deren Erwerbstätigkeit für den Unterhalt der Familie dringend gebraucht wurde. Das Modell der getrennten Geschlechterrollen wurde durchaus von Frauen wie auch von Männern infragestellt. Zahlreiche Frauenvereine, die sich nach 1815 im Kontext der Befreiungskriege gegen Napoleon gründeten und zunächst vornehmlich die Versorgung der Soldaten zum Ziel hatten, wurden schließlich zu den Vorläuferformen der späteren politischen Frauenvereine. Das gesellschaftspolitische Engagement von Frauen und ihre Politisierung war trotz dem Argwohn konservativer Kreise nicht mehr aufzuhalten. Frauen hatten keine andere Wahl, sie mussten sich eigeninitiativ auf den Weg machen, um für gleiche Bürgerinnenrechte zu kämpfen.

Zweite Welle: Die Frauenbewegung organisiert sich

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Nachdem sich 1865 in Leipzig der erste Frauenbildunbgsverein gründete, wuchs die Frauenbewegung in den nächsten Jahrzehnten stets an und erweiterte ihre Themen von Bildungsforderungen bis hin zum Kampf um das Frauenwahlrecht.

Nach der niedergeschlagenen Revolution herrschte in Deutschland ein politischer Winter, der liberale Kräfte vorübergehend erfrieren ließ. So wurde eine politische Aktivität und Versammlungstätigkeit von Frauen schlichtweg verboten. Die 1850 er und 1860 er Jahre waren trotz der Dominanz konservativer Kräfte von einer zunehmenden Lockerung der autoritären Strukturen geprägt. Dank Wirtschaftsaufschwung und einer damit verbundenen Veränderung der Arbeitswelt konnte mit Kronprinz Wilhelm, dem späteren ersten Deutschen Kaiser, eine neue Ära beginnen. 1865 fand in Leipzig eine erste große Frauenkonferenz statt, die eine enorme Resoanz fand und damals den Allgemeinen Deutschen Frauenverein (ADF) gründete. Dies war die Geburtsstunde und Keimzelle einer sich rasch ausbreitenden Vereinslandschaft für Frauen in Deutschland. Ein zentrales Problem dieser Zeit und damit auch ein dominantes Thema des ADF war die ansteigende Frauenarmut, die sich zunehmend auch auf bürgerliche Kreise auswirkte. Dieser Frauenarmut wollten die Frauenvereine durch die Forderung nach einer geregelten eigenständigen Erwerbstätigkeit als "Pflicht und Ehre des weiblichen Geschlechtes" entgegentreten. Zum Stolperstein für ein selbstständiges Frauenleben gehörte zweifellos die mangelnde Ausbildungssituation in der Mitte des 19. Jahrhunderts. In Petitionen forderten die Frauenvereine folgerichtig eine grundlegend verbesserte Mädchenbildung, die ihnen nicht nur den Zugang zu schlecht bezahlten und kräftezehrenden außerhäusigen Tätigkeiten ermöglichte. Da die offizielle Politik unter Kaiser Wilhelm II. in diesem Punkt wenig Initiative ergriff, nahmen die Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung die Schulentwicklung selber in die Hand. Sie gründeten Realkurse für Frauen als Bildungsgrundlage für praktische berufe. Der Zugang zu Universitäten blieb weiterhin mit Ausnahme der Schweiz versperrt.

Dritte Welle: Frauenbewegung im Ersten Weltkrieg (1914 - 1918)

Als der Erste Weltkrieg begann, war Deutschland aufgrund religiöser, sozialer und wirtschaftlicher Konflikte im Grunde genommen nicht mehr regierbar, doch kaum jemand zweifelte damals an der Rechtschaffenheit des aufgezwungenen Verteidigungskrieges, kritische Stimmen wurden unterdrückt. Auch die Deutsche Frauenbewegung folgte mehrheitlich der Verteidigungsideologie und verband mit der Unterstützung des Krieges die Hoffnung auf eine Anerkennung als  Staatsbürgerinnen. Nur eine pazifistische Minderheit versuchte, andere Wege zu gehen. Die Mehrheit der Frauenbewegung erhoffte sich durch die Kriegsunterstützung eine politische Anerkennung und Gleichberechtigung, sie betrachtete den Krieg als Bewährungsprobe; eigene Belange wurden zunächst zurückgestellt und erst nach dem Krieg eingefordert.

Im gesamten Deutschen Reich entstanden Regionalgruppen des Nationalen Frauendienstes, die mit der jeweiligen Kommunalverwaltung und dem Roten Kreuz zusammenarbeiteten. Ihre Aufgaben bezogen sich vor allem auf die Wohlfahrtspflege und die Fürsorge insbesondere von Familien, die kein Einkommen mehr besaßen, weil der Mann an der Front gefallen oder invalid aus dem Krieg zurückkehrte. Je länger der Krieg dauerte, desto mehr wurden Frauen auch für die Kriegswirtschaft mobilisiert. Der Erste Weltkrieg führte anhaltend zu einer Aufspaltung der Frauenbewegung in denjenigen Teil, der den Krieg unterstützte und in eine pazifistische Minderheit, die mehr in internationalen sozialistischen Kategorien dachte und eine nationale Kriegsführung grundsätzlich ablehnte. Dieser linke Flügel der Frauenbewegung musste zu Zeiten des Ersten Weltkrieges massive Eingriffe durch die staatliche Zensur hinnehmen. Im Extrem wurde die eine oder andere Aktivistin vehaftet, danach streng überwacht und geriet mit Parteien in Konflikt, denen sie zugehörig war und die an einer nationalen Kriegsführung festhielten.

Vierte Welle: Die Weimarer Republik

Nach dem Sturz der Monarchie verabschiedete der Rat der Volksbeauftragten 1918 das Gesetz über die Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung. Dieses Gesetz beeinhalte unter anderem das Frauenwahlrecht und so beteiligte sich im Januar 1919 fast 90 Prozent der Frauen an den Wahlen. Als die verfassungsgebende Versammlung in Weimar eröffnet wurde, waren nahezu 10 Prozent der Abgeordneten Frauen, ein Anteil, der erst 1983 wieder im Deutschen Bundestag erreicht werden konnte. Die in Weimar verabschiedete Verfassung verpflichtete den Staat auf den Schutz der Mutterschaft, das Wohlergehen von Kindern und legte die stattliche Zuständigkeit für Fragen der Wohlfahrtspflege fest. Die uneingeschränkte rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern war damals noch nicht konsensfähig.

Zwischen 1920 und 1932 wurden insgesamt 111 weibliche Reichstagsabgeordnete gewählt, die mehrheitlich linken oder linksliberalen Parteien angehörten und die sich über Parteigrenzen hinweg untereinander verständigten mit dem Ziel, den gesamtgesellschaftlichen Reformimpetus zu verstärken. Die Parlamentarierinnen setzten eine Reihe von Frauengesetzen durch darunter das Jugendwohlfahrtsgesetz, Mindeslohn für Heimarbeit und die Zulassung von Frauen als Rechtsanwältinnen und Richterinnen. Das "Beamtinnen-Zölibat", wonach weibliche Beamte bei Heirat oder der Geburt eines unehelichen Kindes gezwungen waren, ihren Dienst zu quittieren, konnte dagegen auch wegen der finanziellen Engpässe des Staatshaushaltes nicht beseitigt werden. Insgesamt bleibt der Einfluss der politischen Frauenarbeit in der Weimarer Republik begrenzt, weil die Konzentration auf Frauenthemen von den männlichen Kollegen abwertend als "Weiberkram" eingeschätzt wurde und ihnen unmissverständlich klar gemacht wurde, dass sie über wirklich wichtige politische Fragen wie etwa die Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht zu entscheiden hätten. Zudem blieb es für Frauen weiterhin schwer, in das Parlament hineingewählt zu werden. Es war weitgehend den Männern vorbehalten, bei Reichstags - Landschafts- und Gemeindewahlen einen Listenplatz zu ergattern und ein Mandat zu erringen.

Fünfte Welle: Die Frauenbewegung im Nationalsozialismus

Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler strebte die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartrei (NSDAP) die Errichtung eines totalitären Staates auf rassistischer Grundlage an, in dem keine weiteren politischen und gesellschaftlichen Kräfte unabhängig exisiteren sollten. Zum Zwecke einer umfassenden Kontrolle des politischen und gesellschaftlichen Lebens wurden bestehende Einrichtungen und Organisationen "gleichgeschaltet", d.h. sie wurden aufgefordert, sich entweder einzugliedern oder aufzulösen. Diese Verschmelzung von Staat und Gesellschaft führte im Nationalsozialismus zur Abschaffung demokratischer Grundprinzipien (z.B. Gewaltenteilung, Meinungsvielfalt, Menschenwürde). Um eine möglichst homogene Volksgemeinschaft zu etablieren, kam es zur Ausgrenzung, Vertreibung und schließlich zur Vernichtung von Personengruppen, die als "nichtarisch" oder "gemeinschaftsfremd" klassifiziert worden sind.  

Für die Ausgestaltung der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft kam der sog. "Geschlechterordnung" eine besondere Bedeutung zu: Männer und Frauen hatten spezifische Aufgaben zu erfüllen. Bereits 1921 - ein Jahr nach ihrer Gründung - legte die NSDAP fest, dass Frauen von der "Führung der Partei" und vom "leitenden Ausschuss" ausgeschlossen werden sollten. Nach dem Machtantritt der NSDAP wurden schon bald Gesetze verabschiedet, die letztlich Frauen aus den gehobenen Berufen verdrängten und ihre Hauptaufgabe auf den Bereich der fürsorglichen  Hausfrau und Mutter beschränkten. Beamtinnen, die von Vater oder Ehemann finanziell versorgt wurden, mussten den Dienst quittieren, die Wählbarkeit (passives Wahlrecht) wurde den Frauen abgesprochen, es erfolgte eine Begrenzung der Neuimmatrikulation von Frauen an den Universitäten, dafür wurden Anreize gegeben für die Aufgabe der Erwerbstätigkeit im Falle der Mutterschaft. Nur bei Engpässen etwa bei den Kriegsvorbereitungen oder im Verlauf des Krieges wurden Frauen direkt für kriegsunterstützende Tätigkeiten (z.B. Wehrmachtshelferinn) angeworben.

Sozialen Bewegungen, die nach Emanzipation und Unabhängigkeit strebten, sollten aus Sicht der Nationalsozialisten entschieden entgegengetreten werden, weil sie Ausdruck jüdischen oder wahlweise marxistischen Denkens waren. Demzufolge mussten auch die verschiedenen Gruppierungen der Frauenbewegung bekämpft und beseitigt werden. Zunächst forderte die NSDAP alle Frauenorganisationen auf, ihre jüdischen Mitglieder auszuschließen. Die Organisationen der proletarischen Frauenbewegung wurden ebenso wie die sozialistischen und sozialdemokratischen Vereinigungen zwangsaufgelöst oder verboten. Angesichts dieser Situation engagierten sich einige Frauen im Widerstand. Die Organisation "Roten Hilfe", die verfolgte Genossinnnen unterstützte, wurde 1935/36 aufgelöst. Der Bund Deutscher Frauenvereine (BDP) wurde 1933 von der Führerin der nationalsozialistischen "Frauenfront" dazu aufgefordert, der Frauenfront beizutreten unter der Bedingung, die Unterordnung unter Adolf Hitler und das frauenpolitische Vorhaben der NSDAP uneingeschränkt anzuerkennen, andernfalls drohte die Auflösung. Der BDF löste sich daraufhin 1933 auf einer "Eilsitzung" freiwillig auf und beendete damit auch die Mitgliedschaft bei internationalen Organisationen.

Sechste Welle: Die Frauenbewegung in der Nachkriegszeit

Nach der Kapitulation Deutschlands im Mai 1945 teilten die Alliierten Siegermächte (USA, Sowjetunion, Großbritanien und Frankreich) das Land in vier Besatzungszonen auf und beschlossen eine Politik nicht nur der Entmilitarisierung und Entnazifizierung, sondern darüber hinaus der Demokratisierung Deutschlands. In diesem demokratischen Aufbauprozeß waren von Beginn an deutsche Frauen wesentlich mitbeteiligt. Für sie war eine gleichberechtigte Mitwirkung und Teilhabe an allen relevanten gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen und die Übernahme von Verantwortung im Staat für eine Demokratisierung unverzichtbar. In der Umbruchssituation unmittelbar nach Kriegsende kam es spontan in allen vier Besatzungszonen zur Gründung von Frauenausschüssen, und zwar noch vor der Wiedergründung von Parteien.

Bezüglich der Organisationsstruktur intendierten die Frauenausschüsse der Nachkriegszeit eine überparteiliche und überregionale große Frauenorganisation in der Tradition des BDF (Bund Deutscher Frauenvereine). Gefördert von den westlichen Besatzungsmächten kam es dann 1949 zum ersten bundesweiten Zusammenschluss, aus dem heraus ein Dachverband der organisierten Frauenbewegung entstand. Der Mitwirkung dieser Frauenverbände ist es zu verdanken, dass 1949 bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes wichtige frauenpolitische Weichen gestellt werden konnten. So unterstützen den Verbände den Versuch der sozialdemokratischen Juristin Elisabeth Selbert die volle Gleichberechtigung der Frauen auf allen Gebieten verfassungsrechtlich festzuschreiben. Die Verankerung des Satzes "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" im Grundgesetz (Art.3 Abs.2) stellte den größten frauenpolitischen Erfolg der Nachkriegszeit dar. Die Verankerung im Grundgesetz hatte zur Folge, dass alle rechtlichen Regelungen und Gesetze an das Gleichberechtigungsprinzip der Verfassung angepaßt werden mussten. Davon betroffen war in der BRD das Bürgerliche Gesetzbuch und hier vor allem das Ehe- und Familienrecht. In der Folgezeit erfuhr die Frauenbewegung eine Einschränkung durch die "reaktive Mechanik des Kalten Krieges" zwischen dem Osten und dem Westen: die Frauenbewegung verzichtete auf den Anspruch der Überparteilichkeit und schloss kommunistische Mitglieder aus ihren Reihen aus. Zudem stagnierte die Entwicklung allein dadurch, dass die Frauen sich mit der Festschreibung der Gleichberechtigung im Grundgesetz zufrieden gaben und die zunehmende Diskrepanz zwischen Rechtsnorm und Rechtwirklichkeit ignorierten. Sie mussten erst die Erfahrung machen, dass mit der Festschreibung der Grundsatzers der Gleichberechtigung keineswegs seine praktische Umsetzung gewährleistet war. Es sollte noch über die Adenauer-Ära hinweg Jahrzehnte dauern, bis bestehende Rechte vorsichtig und eher mit einer ängstlichen Attitude von den Betroffenen eingeklagt wurden. Dieser allmähliche und langsam voranschreitende Prozess einer gelungenen Realitätswahrnehmung bereitete am Ende der 1960er Jahre den Boden für die anschließende Frauenberwegung.

Siebte Welle: Die Frauenbewegung in der DDR

Ausgehend von der marxistischen Theorie, nach der die Unterdückung der Frau mit der Abschaffung kapitalistischer Verhältnisse und der Etablierung des Sozialismus überwunden werden könnte, beanspruchte die Deutsche Demokratische Republik (DDR) eine Verwirklichung der Gleichberechtigung. Damit drängt sich die Frage auf, welche Aufgaben einer Frauenbewegung in der DDR denn überhaupt noch zukommen sollten. Unterstützt von der sowjetischen Militäradministration wurde 1947 der Demokratische Frauenbund Deutschland (DFD) als offiziell anerkannte Frauenorganisation gegeründet mit dem Ziel, die "antifaschistisch-demokratische Umwälzung" zu unterstützen. Im Wesentlichen ging es um dieUmerziehung ehemaliger Nazi-Mitläuferinnen. Darüber hinaus sollten alle Kräfte, die zum Fall des Nationalsozialismus beigetragen hatten, für den demokratischen Wiederaufbau motiviert werden. Die Dominanz der Kommunistinnen im Demokratischen Frauenbund löste bald den Protest der bürgerlichen Frauenbewegung aus; eine Spaltung in bürgerliche und proletarische Frauenverbände konnte jedoch verhindert werden und es blieb in der Gesamtbetrachtung dabei, dass die Schlüsselpositionen durch Funktionärinnen des Kommunismus besetzt wurden. Während der DDR wurde der DFD zu einer Massenorganisation, die eine Ideologie der "Liebe, Treue und Stolz gegenüber dem sozialistischen Staat und eine marxistisch-leninistische Weltsicht zu proagieren hatte. Typische Ziele der Frauenbewegung traten in den Hintergrund und das politische Wirkungsfeld der DFD-Gruppen war begrenzt. Allerdings beeinflusste der DFD durchaus die Ausarbeitung des "Gesetzes über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau" von 1950 und stellte damit die Weichen für das in der DDR-Verfassung verankerte Gleichberechtigungsprinzip.

Achte Welle: Die Friedensbewegung

In den 50er Jahren entwickelte sich zur Zeit des Kalten Krieges zwischen Ost und West eine Friedensbewegung, die sich primär zunächst gegen eine Wiederaufrüstung, Wehrpflicht und Atombewaffnung richtete. Frauen, die sich in der Friedensbewegung engagierten, gründeten eine zonenübergreifende Organisation, deren antimilitaritstische Aktivitäten in Westdeutschland in den Verdacht einer "kommunistischen Tarnorganisation" gerieten und demenstprechend eingeengt wurden. Im Rahmen der internationalen Solidarität gab es trotzdem eine stabile Zusammenarbeit. Nach dem Ende der Entspannungspolitik entstand 1979 erneut eine vielfältige Frauenfriedensbewegung, ausgelöst von einer Diskussion um die Neutronenbombe und dem NATO-Beschluss zur Stationierung von Pershing II und Cruise Missiles. Von Skandinavien initiiert appellierten 1989 insgesamt 500.000 Frauen auf der Kopenhagener UN-Weltfrauenkonferenz für sofortige Abrüstungsverhandlungen und forderten die Verwendung der Rüstungsgelder für soziale Belange. Durch den europäischen Charakter gewannen die Initiativen nach dem Motto "Frauen Macht Europa" eine gewisse Stärke, nicht zuletzt auch auf der Basis internationaler Verbindungen. 1991 wandten sich die Frauenaktionen gegen den Golfkrieg, forderten den sofortigen Waffenstillstand und thematisierten die Gefahr eines dritten Weltkrieges. In heftigen Diskussionen wurden neben den Ursachen von Kriegen auch die Ursachen der weltweiten Frauendiskriminierung besprochen meist mit der Annahme einer angeblich besonderen Friedfertigkeit von Frauen. In der Retrospektive bleibt festzuhalten, dass die meisten Forderungen der Frauenfriedensbewegung nicht verwirklicht worden sind,doch konnte sich in der Frauenfriedenspolititk ein neues Bewußtsein für eine humanitäre Gesellschaftsordnung institutionalisieren.

Neunte Welle: Einst flog die Tomate

Ein Tomatenwurf auf dem SDS-Delegiertenkongress war 1968 die Geburtsstunde für eine neue Frauenbewegung im Westen. Helke Sander, Sprecherin des Aktionsrates zur Befreiuung der Frau warf damals gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen den SDS-Männern vor, die Diskriminierung der Frau zu ignorieren und patriarchal geprägte Gesellschaftsstrukturen zu reproduzieren. Als Zeichen des Protestes flog eine Tomate in Richtung Vorstandstisch. Vorausgegangen war den Aktionen folgende gesellschaftliche Situation: die Gesamtgesellschaft verharrte noch immer in den alten patriarchalen Strukturen, obwohl die Anzahl der berufstätigen Frauen nach 1945 gestiegen war, die Bildungschancen für Mädchen deutlich verbessert wurden und immer mehr Frauen ein Studium aufnahmen. Die Frauen trugen die Hauptverantortung für die Versorgung des Haushaltes und für die Betreuung der Kinder, dennoch waren sie dem "Familienoberhaupt" nicht gleichgestellt, verdienten in der Regel weniger als Männer und hatten kaum Zugang zu Führungspositionen. In den 1960 er Jahren empfanden Frauen eine zunehmende Ambivalenz gegenüber dieser gesellschaftlichen Realität, die bis hin zu einer eindeutigen Ablehnung patriarchal orientierter Gesellschaftsformen gehen konnte. Auf diesem Hintergrund entstand die Geschichte der neuen Frauenbewegung, die zunächst eng mit der Geschichte der Studentenproteste verknüpft war. Da die männlichen Studienkollegen mehrheitlich nicht bereit waren, frauenspezifische Themen zu duiskutieren, entstanden in den Universitätsstädten vermehrt Frauengruppen bzw. Weiberräte, die mit teilweise spektakulären Aktionen die Öffentlichkeit auf die bestehende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern aufmerksam machen wollten. Von der Öffentlichkeit aufmerksam wahrgenommen und diskutiert war in diesem sozialpolitischen Kontext die Kampagne gegen den § 218 mit Alice Schwarzer an der Spitze. Unter anderen wurde eine Sexualaufklärung gefordert, die sich an den Bedürfnissen der Frau orientiert. Zwar wurde eine Reform des § 218 in der BRD bereits seit längerem von Fachleuten diskutiert, neu war nun, dass sich die Betroffenen selbst, also neben den Studentinnen die Frauen aus allen Schichten an der Entwicklung und Umsetzung der Reformideen beteiligten. Als Erfolg kann die Tatsache gewertet werden, dass die Fristenlösung zur Abtreibung 1976 rechtsverbindlich in Kraft trat.

Zehnte Welle: Frauenopposition in der DDR

In den 1980 er Jahren gelang es den verschiedenen Frauengruppen in der DDR - die vor allem unter dem Dach der evangelischen Kirche organisiert waren - ein neu aufkommenden Frauenbild zu diskutieren und konkret umzusetzen.

Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) unter Erich Honnecker (1971-1989) verstand sich als Avanmtgarde der Arbeiterklasse und als Führunbgspartei, die den real existierenden Sozialismus vollstreckte. Parteiunabhängige Organisationsformen waren verboten und konnten somit nicht an den politischen Willens- und Entscheidunbgsprizessen mitwirken. Erich Honnecker leitete die Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik ein mit Preissubventionen im Bereich des Wohnungs- und Bejkleidungssektors, der Grundnahrung und des Transportwesens, so dass die DDR-BürgerInnen sozial weitgehend abgesichert waren. Sozial und politisch kritische Themen wurden am ehesten in der Kunst (Literatur, Theater- und Kabarettaufführungen) angesprochen.

In den 1880er Jahren gab es unter dem Dach der evangelischen Kirche verschiedene Frauengruppen, die sich für den Frieden, die christliche Botschaft und für eine Liberalisierung der Sexualmoral einsetzten. Frauen für den Frieden verstanden sich als Teil der internationalen Frauenfriedensbewegung und gründeten sich 1982 anlässlich der Verabschiedung eines neuen Wehrdienstgesetzes, demzufolge auch Frauen bei der Mobilmachung für die Aufgaben der Armee herangezogen werden konnten. Sie kritisierten insbesondere die atomare Aufrüstung in der DDR und wandten sich gegen eine Militarisierung der Gesellschaft insbesondere auch bei der Erziehung der Kinder. Aktive Christinnen unterstützen sich gegenseitig bei der Gemeindearbeit und bildeten einen überregionalen Arbeitskreis zur "Feministischen Theologie", dessen Ansätze aus den USA und Westdeutschland in die DDR gelangt waren. Lesbische Frauengruppen, die sich 1982 in Berlin, dann in Dresden sowie Jena gründeten, beteiligten sich zunächst an den gemischt-geschlechtlichen Arbeitskreisen zur "Homosexualität". Gemeinsam mit schwulen Männern gehörte es zu ihren Zielen, den pathologisierenden Sichtweisen auf homosexuelle Beziehungen entgegenzutreten und Personen beim coming-out zu untzerstützen. Schon bald kam es zu einer eigenständigen Organisation lesbischer Frauengruppen, primär motiviert durch das Streben nach einem uneingeschränkten Gedanken- und Erfahrungsaustausch. Neben emanzipatorischen Prozessen im Zuge der Demokratieentwicklung akzentuiert die Lesbenbewegung bis heute die sexuelle Selbstbestimmung der Frau. Das Buch In Bewegung bleiben von Dennert, Leidinger und Rauchhut (Herausgeberinnen) dokumentiert kompetent und ausführlich die Geschichte der Lesbenbewegung, speziell bezogen auf die Politik und Kultur in den letzten 100 Jahre.

Mit der Reformpolitik Michael Gorbatschows, der Öffnung der Grenzen nach Ungarn und dem Fall der Mauer beendete eine friedliche Revolution 1989 die Vorherrschaft der SED. Im gleichen Jahr gründete sich der Unabhängige Frauenverband (UFV), der sich als basisdemokratische feministische Vereinigung verstand. Mit dem Motto "Wer sich nicht wehrt, landet am Herd" wandte sich der UVF gegen ein konservatives Frauen- und Familienbild der BRD in der Befürchtung, dass sich die Wiedervereinigung negativ auf die erreichte wirtschaftliche Unabhängigkeit der DDR-Frauen auswirken könnte. Das kollektive Selbstverständnis der Frauen führte in der Folgezeit zu einer Vernetzung aller Frauengruppen durch regional übergreifende Treffen, Zeitschriften, workshops,  persönlichen Bekanntschaften und der Initierung neuer Projekte.

Elfte Welle: Die Frauenbewegung nach der Wiedervereinigung

Unter verschiedenen Ausgangsbedingungen sind die Frauenbewegungen aus beiden deutschen Staaten nach der Wiedervereinigung 1989 zusammengewachsen. Während der feministische Diskurs im Westen unter dem Einfluss der US-amerikanischen Frauenbewegung theoretische Reflexionen z.B. von Simone Beauvoir und Kate Millet aufnahm, standen Frauen im Osten in der sozialistischen Tradition einer Rosa Luxemburg und wurden in der Entwicklung feministischer Ideen mehr von einer fiktionalen Literatur z.B. Irmtraud Morgner und Christa Wolf geprägt.

Konkret durchgesetzt wurde die Neufassung des Artikels 3 im Grundgesetz, in dem sich der Staat zu einer aktiven Gleichstellungspolitik verpflichtete. Die aktive Gleichstellungspolitik bezog sich hauptsächlich auf eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt. Sie war zwar in der DDR- Verfassung schon seit langem verankert, dennoch exisiterte auch in der DDR tendenziell eine traditionelle Aufteilung der Hausarbeit zu Lasten der Frau, die eine möglichst optimale ökonomische Selbstständigkeit behinderte. In beiden Staaten waren diejenigen Frauen, die noch immer traditionelle Rollenmodelle verinnerlichten mit einem "schlechten Gewissen" konfrontiert, wenn sie nicht ihre Leistungsenergie neben dem Beruf hauptsächlich für die Hausarbeit in der Familie einsetzten. Die in der DDR praktizierte Fristenregelung beim Schwangerschaftsabbruch ging bei der Einigung zwar verloren, dennoch blieb als Kompromiss eine Gesetzeslage, nach der bei medizinischer oder kriminologischer Indikation ein Schwangerschaftsabbruch straffrei blieb.

In den 1990 er Jahren institutionalisierte sich die Frauenberwegung in zunehmenden Maße. Wenn auch nicht alle Forderungen der Frauenbewegung in der Gesetzgebung berücksichtigt werden konnten, sind dennoch vereinzelt Erfolge festzustellen: so müssen sich seit 1994 Stellenangebote explizit auch an Frauen richten, 1996 wurde das Gesetz zur Gewalt in der Ehe verabschiedet, demzufolge die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe steht. Auch wurde die Frauenquote im öffentlichen Dienst bei kontroverser Diskussion letztendlich als unverzichtbar erachtet, wenn es darum ging, die gleichberechtigte Partiziaption von Frauen zumindest strukturell zu ermöglichen.

Beim Übergang zu zukünftigen Lebensformen zeichnet sich eine differenziertere Rollenzuschreibung zwischen Frauen und Männern ab, die in der Wahrnehmung einer komplexeren Wirklichkeit grob vereinfachende Rollenmodelle überwindet oder wenigstens relativiert. Die von Judith Butler inspirierte queer- Bewegung konnte sich mit den sog. Gender-Studien bereits als wissenschaftliche Disziplin etablieren.

Zwölfte Welle: Die Zukunft der Frauenbewegung - alte Prioritäten und neue Positionen

In der Retrospektive ist festzuhalten, dass eine gewisse Sensibilisierung für die Vielschichtigkeit von Menschenwürde bezogen auf das weibliche Geschlecht in Europa weitgehend erreicht sein dürfte. Die Überwindung von teilweise perfiden Diskriminierungsformen-und strukturen sowie die konsequente Umsetzung des Gleichberechtigungsprinzips in all seinen Facetten bleibt jedoch eine der größten Herausforderungen der Frauenbewegung auf internationaler Ebene. Im Unterschied zur Vergangenheit ist es schwierig, eine klassifizierbare Bewegung zu orten. In den 1990er Jahren bildeten sich vorwiegend in sozialen Brennpunkten Beratungsstellen für hilfesuchende Frauen mit einem hohen Grand an Professionalisierung. Dadurch konnten Klientinnen zwar besser versorgt werden, doch wurden durch dieses Engagement Kräfte verbraucht, die dem Prozess der politischen Vernetzung fehlten. Inzwischen wird dieser Vorgang als "Versozialisierungsarbeit" der Bewegung erkannt. Letzters verhinderte nicht, dass sich heutige Feministinnen einer Vielzahl von Herausforderungen stellen und dabei sowohl die Machtstrukturen von Institutionen nutzen wie auch internationale Verbindungen erweitern und festigen.

Aktuell wird die Arbeitssituation von Frauen in den EU-Gleichstellungsberichten unter die Lupe genommen. Gleicher Lohn für gleichwerige Arbeit umschreibt die Forderung auf der Basis folgender Fakten: Frauen in Europa verdienen durchschnittlich 15 Prozent weniger als Männer für diegleiche Arbeit. Zudem sind Arbeitnerhmerinnen mit 29,6 Prozent im Niedriglohnsektor oftmals unter unwürdigen Arbeitsbedingungen beschäftigt.

Auch wenn noch immer 50 Prozent der Mädchen sogenannte typische Frauenberufe wie Arzthelferin, Friseurin oder Hotelfachfrau - also Berufe mit geringem Lohn und niedriger sozialer Anerkennung - wählen, so zeigt die Initiative "Girls Day" bereits erste Erfolge mit der Zielsetzung, Mädchen vermehrt für besser bezahlte Berufe in Industrie und Handwerk zu interssieren. Derzeit gehen noch die meisten heranwachsenden Frauen davon aus, dass sie im wesentlichen diejenigen sein werden, die den Konflikt der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familie zu lösen haben. Und so bleibt die Realisation einer gleichberechtigen Entwicklungs- und Partiziaptionmöglichkeit in allen wichtigen Lebensbreichen eine Priorität der Frauenbewegung in Deutschland und Europa. Konkret sind Frauen in Europa aufgrund der Benachteiligungen im Erwerbsleben in zunehmenden Maße von Altersarmut betroffen. Es gehört zu den durchaus realisierbaren Visionen feministischer Grundpositionen, Frauen nicht nur aus der Benachteiligung herauszuholen, sondern weit darüber hinaus wirtschaftlich instandzusetzen, eigeninitiativ- und verantwortlich an der Lösung weltweiter Probleme wie Armut, Hunger, Menschenrechtsverletzungen, Seuchen, Terror und organisierter Kriminalität entscheidend mitzuwirken.

Regensburg

Der vorliegende Text bezieht sich hauptsächlich auf die Veröffentlichungen der Historikerinnen Dr. Mechtilde Vahsen, Dr. Kerstin Wolff , Dr. Annika Wilmers, Dr. Anja Schüler, Prof. Dr. Leonie Wagner, Dr. Elke Schüller, Dr. Corinne Bouillot, Dr. Florence Hervé, Dr. Susanne Hertrampf, Dr. Eva Sänger, Melanie Stitz und Dr. Mithu Melanie Sanyal.