Lichtenstein - eine der besterforschten Burgen Bayerns

 eine althistorische Aufnahme

In der Nähe von Bamberg und Ebern liegend ist Lichtenstein eingebettet in eine einmalige Naturlandschaft voller Geschichte und Kultur. Aufgrund einer mustergültigen Sanierung gehört Lichtenstein heute zu einer der besterforschten und bestsanierten Burgen Bayerns.

Zur Vorgeschichte

Die Anfänge des fränkischen Adelsgeschlechts von Lichtenstein reichen bis ins Jahr 1215 zurück, als sich mit Degen II. ein Zweig der älteren Familie von Stein zu Altenstein nach der neu errichteten Burg Lichtenstein nannte. Urkundlich sind die beiden benachbarten Burgen Altenstein und Lichtenstein erstmals 1232 als castrum mit Kapelle belegt.

Die Baugeschichte von Lichtenstein beginnt eigentlich schon vor 1200, nämlich auf der namenlosen Vorgängerburg auf dem nahgegelegenen Teufelsstein. Die Vorgängerburg wurde um 1200 verlassen. Der neue Lageplatz bot erhebliche Vorteile: eine wesentlich bessere Fernsicht und Wasserversorgung, ein direkt vorgelagertes Hochplateau mit Platz für eine größere Vorburg und  fruchtbare Äcker, Wiesen und Felder sowie eine geschütztere Lage.

Der Baubeginn von Lichtenstein um 1200 ist sowohl archäologisch, bauhistorisch und historisch bestens gesichert, ebenso die nachfolgenden Bauphasen!

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Bauphasen

Erste Bauphase um 1200

Die Nordburg als ältester Teil der Gesamtburg entstand übereinstimmend mit den Archivalien und Grabungsfunden zwischen 1200 und 1220/30. Damals wurde die unbesiedelte Felsformation, die drei große Rhätsandsteinblöcke umfasste, durch einen teilweise komplett aus dem Fels gehauenen Halsgraben vom dahinterliegenden Hochplateau abgeschnitten. Die Rhätsandsteinfeslen wurden mit einer hohen Ringmauer verbunden und mit einem Palas samt Kapelle, einem Bergfried und Holzbauten überbaut.

Der schlanke Bergfried, der damals viel höher war, überblickte die weithin sichtbare Burganlage und stellt noch heute den dominantesten Baukörper dar; erst um 1960 wurde die Höhe des Bergfriedes um sieben Steinlagen reduziert. Die verbliebenen Originalwände zeigen vorzüglich bearbeitetes Buckel- und Glattquadermauerwerk ohne Zangenlöcher. Der Zugang in den Turm lag etwa 4 m Höhe in der Nordseite. Solch ein Hocheingang war obligatorischer Bestandteil eines Bergfriedes und verstärkte seine Schutzfunktionen, verwandelte den Turm in Gefahrenzeiten in einen "Tresor" z.B. für Dokumente und Wertgegenstände.

Der Lichtensteiner Bergfried zählt zu den kleinsten Vertretern seiner Art. Da der winzige Innenraum kaum Platz ließ für den Einbau einer Treppe, geschweige denn einer Wehrplattform, scheiden Wehr- und Schutzfunktionen für diesen Bergfried weitgehend aus. Analog zu vielen anderen Bergfrieden war der Lichtensteiner Turm in erster Linie ein eindrucksvolles Machtsymbol, ein "Imponierbau". Darüber hinaus bot er einen idealen Auslug an, sogar über das rückseitige Hochplateau.

Ursprünglich bildeten Palas und Kapelle eine Einheit. Die Kapelle befand sich im südwestlichen Teil des Obergeschosses, von wo aus das alte Burgtor überschaut werden konnte. Derart tornahe Positionen nahmen Kapellen öfters ein, um den Burgeingang auch im symbolisch-abwehrenden Sinn mitzuschützen. Nach Osten hatte der Kapellenturm einen vortragenden, halbrunden Apsiserker, der noch vor 1900 auf die darunterliegenden Brunnenkammer stürzte.

Vom ersten Palasbau hat sich kaum noch etwas erhalten. Anzunehmen ist das übliche Arrangement mit Lagerraum und Küche im Erdgeschoss, der repräsentativen Halle im 1. Stock sowie Wohn- und Schlafgemächer für die Familie des Burgherren im 2. Stock.

Der Zugang zur Hauptburg erfolgte vom Süden her, wo sich damals die erste Vorburg erstreckte. Eine Holzbrücke führte über den Halsgraben zu einem kleinen Tor in der Mitte der Westseite, das erst 1994 archäologisch entdeckt wurde. Dieses aus dem Sandstein gehauene Burgtor war so eng, dass nur kleinere Wagen und Karren in die Hauptburg gelangen konnten- ein Manko, das man erst 1417 beseitigte, als das Burgtor an die leichter zugängliche Südseite verlegt wurde.

Die extrem unregelmäßige Oberfläche des Burgplatzes bedingte Rampen und Aufschüttungen. Eine solche Rampe führte vom Tor zum tieferliegenden Burghof hinab. Der Burghof war winzig, eng und dunkel, da ihn Felsklötze und Gebäude dicht umsäumten. Nach Osten hin begrenzte ihn ein Steinhaus, das sich gegen den östlichen Felsen lehnte; seine Fundamente wurden 1994 zusammen mit dem alten Hofpflaster freigelegt. Das Hofpflaster zeigte eine derart grobe Oberfläche aus Sandsteinen, Sand und Lehm, dass wir unsere Vorstellung eines weiten, hellen und schön gepflasterten Burghofes aufgeben müssen - wie bei vielen anderen Burgen übrigens auch.

Vom Burghof aus führte eine schmale Rampe zum Palas empor. In ihrer Seite ist eines der vielen ösenförmigen Löcher zu erkennen, die man auf Lichtenstein öfters in den Burgfels höhlte. Diese Ösenlöcher dienten dort, wo sich einst dunkle Korridore entlangzogen, zur Aufhängung von Talglämpchen, im freiliegenden Außenbereich dagegen zum Anbinden von Pferden und anderen Nutztieren.

Zweite Bauphase (14. Jahrhundert)

Gegen 1345 begann der Ausbau der Nordburg zu mindestens drei Ganerbensitzen. Gleichzeitig ersetzte man die Vorburg durch die großgeräumige Südburg, die gleichfalls drei Kemenaten enthielt. Zwei von diesen sind heute noch als Wohntürme sichtbar. Nordburg und Südburg verband ein gemeinsamer Bering (Gesamtheit der Ringmauer).

Ungleich schwieriger gestaltete sich der Ausbau der alten Kernburg - die heutige Nordburg - zu einer Ganerbenburg. Dies gelang letztlich nur, indem man die besonderen Geländeeigenschaften (topographische Gegebenheiten) geschickt nutzte. Der Palas wurde durch zwei kurze Schenkelmauern vom Rest der Burg so abgetrennt, dass eine eigene Kleinburg entstand, die wohl von den Lichtensteinern selbst bewohnt wurde. Um die Kleinburg unabhängig vom Burgbrunnen notdürftig mit Wasser zu versorgen, schlug man in den Fels des Palasvorplatzes ein kleines Wassersammelbecken bzw. Tankzisterne ein, der man Regenwasser über Felsrinnen zuleitete. Die ca. 150 Liter Wasser, die dieses Becken aufnahm, deckten vermutlich nicht einmal den täglichen Grundbedarf.

Ein zweiter Ganerbensitz beanspruchte das Areal um den Ostfels.

Die Bebauung des Innenhofes setzte allerdings den Abbruch der einsturzgefährdeten Nordwand voraus. Hier hatte man die Ringmauer des frühen 13. Jahrhunderts auf dem steilen Fels so schlecht fundamentiert, dass sie umgehend verkippte und einzustürzen drohte. Daher trug man sie weitgehend ab, um sie dann mit dem Abbruchmaterial neu aufzumauern; zugleich versah man sie mit einem Abtritterker und einem Gitterfenster für das Innengebäude.

Ein dritter Ganerbensitz entstand im Südwesteck, wo man eine Kemenate errichtete mit hölzerner Obergeschoßstube und mit einer sechsteiligen Kleinfenstergruppe.

Dem 14. Jahrhundert entstammt auch der heutige Burgbrunnen, den man so plazierte, dass er für alle drei Ganerbenfamilien zugänglich war. Er führte bei einer Tiefe von 23 m gelegentlich schon in halber Höhe Wasser. Da es sich um Schichtenwasser handelte, litt man häufig unter Wassermangel. Nach einer Elektrifizierung im Jahr 1938 versorgte der Brunnen noch bis 1962 sieben Dorfanwesen mit Wasser. Er besaß einst eine schlichte Brunnenkammer aus Fachwerk. Das Mauerwerk dieser Ausbauphase bestand aus gut behauenen Glattquadern mit Zangenlöchern und vielen wiederverwendeten, daher an Kanten und Ecken beschädigten Steine.

Dritte Bauphase (1417-1436 Hussitenzeit)

Die nächste größere Bauphase lag zwischen 1417 und 1436. 1417 wurde wohl aus Gründen der Bequemlichkeit ein neues Haupttor mit vorgelagertem Torbau an der Südseite angelegt. Allerdings erforderte dies die Verschiebung der dortigen Kemenate um einige Meter nach Westen. Bei dieser Gelegenheit wurden die Kleinfenster der ehemaligen Stube vermauert, die Bohlenstube selbst wurde aufgegeben. Der Halsgraben wurde für den Bau des neuen Torbaus zur Hälfte verfüllt. Zur Südburg hin bewehrte man den neuen Torbau mit einer Zugbrücke, die man im Gefahrenfall wegnehmen konnte.

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An der Nordseite, wo sich die neue Nordmauer wieder zu neigen begann, entschloss man sich zu einer aufwendigen, aber wirkungsvollen Notaktion: man planierte lehmverdichtetes Erdreich und Bauschutt von außen gegen die Wand und stoppte dadurch deren Wanderbewegung. Diese massive Aufschüttung hatte zur Folge, dass die Mauer nun zu einem Drittel im Boden steckte und der hier vorhandenen Abtritt statt wie ursprünglich 8m nun nur noch in  3 m Höhe auskragte. Also musste man ihn aus Sicherheitsgründen vermauern.

Die großflächige Anschüttung nutzte man sinnvollerweise, um die Burg rückseitig durch ein neues Tor mit vorgelagertem Torbau zu erschließen. Dieser Torbau war bauidentisch mit dem Südtorbau; er war außerdem mit nasenartigen Schießscharten bewehrt. Das Innentor wurde durch die ältere Ringmauer gebrochen, es war gesichert durch zwei direkt hintereinander liegende Holztore, die sich nach innen öffneten. Lichtenstein hatte nun ein Süd- und ein Nordtor.

Auch am Nordwesteck, wo die erneuerte Palaswand schon wieder ins Tal gestürzt war, kämpfte man mit statischen Problemen. Im Jahr 1417 trug man schließlich den Fels hier großflächig zu einer tiefer liegenden Terasse ab und erweiterte sie auf heutige Größe. 

Hakenbüchsenturm

Während der Hussiteneinfälle im Jahr 1430 war das besorgte Bistum Würzburg darum bemüht, die Burg wehrtechnisch zu verstärken. Die eigentliche Schwachstelle der Burg war das dem Dorf zugewandte, kaum bewehrte Südosteck. Genau hier errichtete Apel von Lichtenstein einen halbrunden Schalenturm, den er mit zwei über 3 m hohen Schlitzscharten versah. Aus diesen Schießscharten konnten zwei Verteidiger gleichzeitig, da übereinander stehend mit ihren Hakenbüchsen herausschießen. Prellhölzer waren in der Scharte eingelegte oder eingemauerte Querhölzer, an denen die Hakenbüchsen mit ihrem unten angebrachten Haken eingelegt werden konnten, um den gewaltigen Rückstoß beim Abfeuern abzuschwächen. Im Obergeschoß des Hakenbüchsenturms öffneten sich vier kleine Schießfenster. Der Turm wurde eindeutig in die Zeit um 1430 datiert. Eine kleine Baufuge gleich südlich des Turms markiert jene Stelle, wo man die Ringmauer für den Einbau des Hakenbüchsenturms durchbrach.

Verfall

Nach größeren Beschädigungen im dt. Bauernkrieg 1525 und in zweiten Markgrafenkrieg 1552 setzte man die Nordburg nur noch notdürftig instand. Gebaut wurde vor allem an der besser erhaltenen Südburg.

Vierte Bauphase (16. Jahrhundert)

An der Nordburg wurden nur noch vereinzelt Instandsetzungen durchgeführt. So wurde die Nordwand durch einen Wehrgang mit zangenförmigen Schießfenstern aufgestockt; an ihrer Innenseite entstand ein gewölbter Neubau. Die Mauerwerksqualität des 16. Jahrhunderts degenerierte zu stark ausgezwickten Bruchsteinen und zweitverwendetem Baumaterial.

Fünfte Bauphase (nach 1845)

Im 18. und 19. Jahrhundert muss es wiederholt zu umfangreichen Abbruchtätigkeiten gekommen sein, denen viele Baulichkeiten zum Opfer fielen. Trotz der aufwendigen Felsbearbeitungen von 1417 war auch der Palas wieder ins Tal abgerutscht, insgesamt zum dritten Mal.

Lichtenstein war schon damals eine wildromantisch zerklüftete Burgruine, deren marode Silhouette Künstler und Poeten anzog. Daher verwundert es nicht, dass es nach 1845 zu einer historisierenden Umgestaltung des Burgareals inclusive des Waldes kam. An mehreren Stellen wurden "Fratzen", sog. Maskarons eingehauen, darunter der berühmte "heidnische Wächterkopf" an der sog. "Christenmarter". Die Felsköpfe wurden durch Stufen erschlossen, die Höhlen zu typischen fränkischen Kellern erweitert. Unterhalb der Burg schuf man ein Felslabyrinth.

Eine weitere gravierende Veränderung in der Topographie bewirkte der Abbruch der südöstlichen Ringmauer mit weitgehender Verfüllung des Halsgrabens. Dadurch entstand dorfseitig ein zweiter Zugang. Zugleich planierte man das Burginnere auf.

Sechste Bauphase (ca 1920-1988)

Statische Schäden erforderten mehrere Sicherungsmaßnahmen am Bergfried. Um 1960 reduzierte man seine Höhe. In nachfolgenden Sanierungen wurde der Südtorbau, der Kapellenbau und der Hakenbüchsenturm neu verfugt. Als anläßlich der Elektrifizierung des Burgbrunnens im Jahr 1938 Leitungen durch den gesamten Burghof gelegt wurden, durchschlug man rücksichtslos vergrabene Mauern.

Burgkirche

Die protestantische Burg- und Dorfkirche entstand nach 1710. Sie ersetzte vermutlich eine Vorgängerkirche, die im 14. Jahrhundert allen Ganerben zugänglich war.

Lichtenstein und die Esoterik

Die Burgruine Lichtenstein wurde gemeinsam mit ihrer Nachbarburg Rotenhan in den letzten Jahrzehnten von einem vielfältigen Esoteriktourismus heimgesucht, der den intensiven Felsbearbeitungen fälschlicherweise einen vorgeschichtlichen Heil- und Kultplatz zuweist. Die archäologischen und baugeschichtlichen Forschungen belegen eindeutig, dass es an dieser Stelle keinerlei vorgeschichtliche Besiedlung gab und dass alle Felsbearbeitungen tatsächlich mit verschwundenen oder bestehenden Burgbauten zusammenhängen.

Die sog. "Odalrune" am Fuße des Hakenbüchsenturms ist nicht keltischen Ursprungs, sondern wurde Augenzeugenberichten zufolge Mitte der 50 er Jahre von einer Jugendgruppe in den Felsen eingeritzt. Ähnliches gilt für ein lilienförmiges Zeichen in der Kapellentrennwand, das angeblich zu einer keltischen Gestirnsbeobachtungsstätte gehören soll, tatsächlich aber erst 1958 von einem Dorfjungen eingeritzt wurde.

Auch der angeblich "keltische Wächterkopf" entstand nachweislich erst nach 1845.

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Eine Lichtensteiner Sage

Im inneren Burgareal stehen zwei große Hauptfelsen sehr dicht beieinander; sie sollen auch im alten Lichtensteiner Wappen abgebildet sein. Wenn sie sich berühren, so heißt es von alters her, dann sterben die Lichtensteiner aus. Dies taten sie allerdings 1691 ungeachtet der Felsen, die sich bisher noch immer nicht berührt haben.