Die Burg im Fels
Heute erheben sich nur noch drei große Felsklötze etwa 100 Meter oberhalb des Baunachtals. Bei näherem Hinschauen entdecken wir hier die Reste einer der eindrucksvollsten Felsburgen Bayerns.
Die steinerne Burg, die sich einst zwischen und über diesen Felsen erhob, war vermutlich bereits ab 1170/80 Stammsitz des edelfreien Adelsgeschlechts derer von Rotenhan, die ihre Burg nicht nach einem "roten Hahn" benannten, sondern nach dem "gerodeten Hagen" - einer freigeholzten Umfriedung. Kein Baum störte damals die Sicht auf das Tal. Zuerst hob man den heute noch sichtbaren Graben aus, der sowohl Hauptburg wie auch Vorburg sicherte. Die innere Vorburg legte man talwärts an wobei sich auch hangwärts ein größerer Burgvorbereich erstreckte - eine Art äußerer Vorburg.
Das Adelsgeschlecht derer von Rotenhan
Die Rotenhan waren damals eines der wichtigsten Adelsgeschlechter der Region und hatten u.a. das prestigeträchtige Amt der Bamberger Schenken inne bis 1322/23. In diesem Jahr spielte sich hier ein unglaubliches Drama ab. Schon seit langem strebte das machthungrige Bistum Würzburg danach, seine Terrritorien und Machteinflüsse im Eberner Raum auszuweiten. Und so geschah das Unfassbare: 1322/23 bezichtige Bischof Wolfram von Würzburg die Rotenhan der Falschmünzerei, des Totschlags einiger Stiftsbürger und des Viehraubs.
Daraufhin zog er mit kaiserlicher Genehmigung vor die Burg, eroberte sie und machte sie dem Erdboden gleich. Eine vertragliche Regelung untersagte den Rotenhan den Wiederaufbau ihrer Stammveste - obendrein mussten sie in den Dienst des Würzburger Bistums wechseln, eine doppelte Demütigung. Die Burg ist seitdem eine Ruine.
Das Adelsgeschlecht derer von Rotenhan errichtete nach der Zerstörung ihrer Burg in nahegelgenen Eyrichshof aus den Steinen der Stammburg einen Wohnturm als neuen Wohnsitz, der seitdem schrittweise zu einemn stolzen Burgschloss ausgebaut wurde. Ebenso erbaute ein anderer Familienzweig im benachbarten Fischbach eine kleine Burg, weitere Familienmitglieder lebten als Ganerben auf der Burg Lichtenstein.
Diese einmalige Felsburg existierte also nur ca. 150 Jahre, blieb nach ihrer Zerstörung wüst, wenngleich vereinzelte Keramikfunde dafür sprechen, dass sich später sporadisch Hirten zwischen den Felsen niederließen.
Nachdem auch auf Rotenhan in den 1990 er Jahren verstärkt Vandalismus zu konstatieren war und fehlgeleitete Esoteriker im Irrglauben, einen keltischen Heilplatz vor sich zu haben, eifrig "Heilsteinchen" von den Felsecken abschlugen, wurde diese außergewöhnliche Burganalge zu ihrem Schutz in den Burgenkundlichen Lehrpfad integriert. Seitdem schützen der Eigentümer - die Rotenhans, der Landkreis und der Burgenforscher Dr. Joachim Zeune die Ruine vor Beschädigungen seitens einer Esoterik, deren Aktivität alles andere als meditativ ist.
Im Jahr 2010 erhob man die Ruine zu einem der 100 wichtigsten Geotope Bayerns.
Die Burgenarchitektur
Auffallend bei Rotenhan ist eine intensive und überaus hochwertige Felsbearbeitung als Zeugnis anspruchsvollster Burgenarchitektur.
Geschickt nutzte man hier drei große, leicht zu behauene Rhätsansteinfelsen, um sie zu einer kleinen Ringmauerburg auszugestalten mit Bergfried, Turm, Palas, Torbau und Kapelle. Die besonderen Schutz- und Wehrelemente massierten sich an der ansteigenden Hangseite: Bergfried und hohe Ringmauer sowie zwei vorgelagerte Halsgräben. Ein weiterer Halsgraben trennte Vorburg und Hauptburg.
Eine Kluft im südlichen Felsklotz wurde künstlich auf etwa vier Meter Breite erweitert, um als Haupttor für Karren und Reiter zu dienen.
Die Tordurchfahrt war einst durch eine Holzdecke überdacht und. Einige Meter daneben öffnete sich die Fußgängerpforte.
Verschloss man abends das Haupttor, so benutzten späte Ankömmlinge diese Nebentür - ein häufig aufzufindendes Arrangement im Mittelalter auch bei Stadttoren.
Die Fußgängerpforte wurde aus Sicherheitsgründen etwas erhöht angelegt und ist komplett aus dem Fels herausgehauen, ebenso wie der Eingangskorridor, an dessen Ende zwei Türen zu einer Seitentreppe führen.
Es liegt nahe, über dem Torbau die 1232 beurkundete steinerne Burgkapelle zu vermuten, die wohl das Tor - ähnlich wie in Lichtenstein - in symbolischen Sinn mitbeschützt hat. Die hofseitige Tür zeigt einen schönen Spitzbogen - wohl in einer späteren Umbauphase entstanden.
Der westliche Felsklotz war gleichfalls massiv überbaut, gut zu erkennen an den Fundamentabtreppungen . Diese künstlich geschaffenen Abtreppungen waren keineswegs Heilbänke eines "vorgeschichtlichen Sanatoriums", sondern in den Fels gehauene Abtreppungen. Sie gewähren den Mauern auf dem steilen und schrägen Fels einen wesentlich besseren Halt.
Eine Besonderheit dieses Felsens ist eine flaschenförmige Tankzisterne auf der Höhe des ehemaligen Zwischengeschosses. Sie wurde von vorne in den Felsen eingehauen, mit einer dünnen Mauer verschlossen und diente dem Sammeln von Regen- und Schmelzwasser. Eine formidentische Tankzisterne findet sich auf der Burgruine Altdahn in Rheinland-Pfalz.
Auf dem Fels stand damals ein kleiner, mehreckiger aber starker Turm.
Die Wasserversorgung ergänzte ein zweiter Brunnen im Burghof, damals ein hölzernes Brunnenhaus. Heute noch zu sehen ist der mindestens 10 Meter tiefe Brunnenschacht sowie eine in die Felswand gehauene Wasserrinne.
Der winzige Burghof trug wahrscheinlich im Gegensatz zur jenem der Vorburg wenig Nebengebäude. Vom breiten Ostfels ragten einst ein mächtiger quadratischer Bergfried und ein palasartiges Gebäude auf.
Die Burg Rotenhan ist für Bayern einzigartig, eine Ausnahmbeburg, denn während man andererorts einfach auf den Fels baute, hat man hier sogar tief inden Fels hineingebaut. Ähnlich in den Fels eingearbeitete Burganlagen kennen wir nur aus anderen Sandsteingebieten wie dem Elsaß, den Vogesen, der Pfalz oder dem Elbsandsteingebirge.
Die heute mystisch im Wald verstreuten Felsen lassen kaum erahnen, wie mächtig sich diese starke Burg 150 Jahre lang vom freigerodeten Hang des Baunachtals erhob, wo sie einen wichtigen Fernweg von Bamberg nach Fulda überblickte und ein Zeugnis von der Macht ihrer Erbauer ablegte.
"In völliger Verkennung der architektonischen Formensprache wurde diese völlig vom Wald verborgene Burgruine immer wieder als "Primitivburg" bezeichnet. Tatsächlich war Rotenhan das absolute Gegenteil hiervon: eine hochrangige, spektakuläre und in ihrer Herstellung sündhaft teure Burg, eine Machtdemonstration, die ihresgleichen suchte"
Dr. Joachim Zeune