Burgruinen
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Die Burgruinen in den fränkischen Haßbergen bilden in ihrer Gesamtheit ein überdimensionales Freilichtmuseum. Eingebettet in eine idyllische Naturlandschaft ist es die Symbiose zwischen der Ruine und der sie umgebenden Natur, die eine emotional berührende Atmosphäre schafft und die nicht selten beim Menschen kreative Rssourcen freisetzt.
Die Kunst ist eine geheimnisvolle Tänzerin, die sich zwischen den Polen von Vergangenheit und Zukunft, Ruhe und Aufregung, Tradition und Wandel oder Veränderung, Ordnung und Chaos spielerisch bewegt. In dieser Vielfalt gibt sie dem Leben die Kraft zum Wachstum und zu einem permanenten Perspektivenwechsel in der Erneuerung.
Die Begegnung mit der Kunst ist ein Wagnis und Abenteuer zugleich. Sie versöhnt und inspiriert jene Menschen, die sich hineinwagen ins Ungewisse, die sich im Dunkeln einem unsichtbaren Stern überlassen. Diesem unsichtbaren Stern folgend eröffnet die Kunst stets neue Wege der Selbstverwirklichung und ihre wandernden Beine werfen lange Schatten...
Impressionen von dem Hofgut Wüstenbirkach
("Wüsti-Wübi")
Unsere Träume können wir erst dann verwirklichen, wenn wir uns entschließen, einmal daraus zu erwachen.
(Josephine Baker)
"Only within a framework of a people a man can live as a man without exhausting himself."
Hannah Arendt
Wüstenbirkach im Winter
Im nachfolgenden Beitrag "Malen auf dem Lande" folgt ein Text von Johanna Eckart.
Quelle: Neue Presse Coburg
Ruinen in der Kunst
"Man kann Franken nicht durchwandern ohne Gespräch mit alten Steinen"
Hendrik Dressel
1. Bürgermeister der Stadt Seßlach im Jahr 2005
Steine gehören zu jenen Lebewesen, die das Zeitliche zu transzendieren vermögen und sogar die Zukunft über die Gegenwart hinweg einholen. Und so weisen auch die Burgruinen als letzte Zeugen der Vergangenheit aktuell hinweg in das Kommende. Insbesondere die Symbiose zwischen alten Mauern und der sie umgebenden Natur hat Maler zu allen Zeiten für bestimmte Motivgebungen inspiriert.
Im Folgenden werden Maler zur Illustration kommen, die ganz im Sinne von Caspar David Friedrich die Geschichte der Burgruinen erfühlen konnten.
"Man soll nur malen, was man fühlt, nicht, was man sieht
und wenn man garnichts fühlt, dann soll man auch nicht malen."
Caspar David Friedrich
"Die Motivreihe "Burgen, Ruinen und zauberhafte Plätze" hat mich beeindruckt, sogar fasziniert: Der Charakter der Burgen, Burgruinen und Bauten, welche trotz fortgeschrittenem Verfall Würde und Stolz ausstrahlen, die Geschichte mehrerer Jahrhunderte, die sich in den Bauten widerspiegelt, und nicht zuletzt das Farbenspiel, das sich aus der Rückeroberung der Standorte durch die Natur, auch in Abhängigkeit der Jahreszeiten, ergibt. Mit meinen Augen und mit meinen Händen will ich diese Eindrücke in meinen Aquarellen einfangen und dem Betrachter von der Faszination erzählen, die ich empfinde."
Ryszard Opalinski
Der 1947 in Polen geborene Maler Ryszard Opalinski hat nach erfolgreichem Abschluss seiner Studien an der Kunstakademie Krakau den Landkreis Haßberge zu seiner "Heimat" erwählt. Er wohnt und arbeitet seit 1992 in dem Städtchen Eltmann.
Burgruine Altenstein Burgruine Rotenhan
Die Burgruine Altenstein wurde etwa zeitgleich mit den benachbarten Burgen der Haßberge im 12. Jahrhundert erbaut. Ihre Höhenlage ermöglicht einen weiten Blick auf die Nachbarburgen Lichtenstein, Raueneck, Bramberg und zur Heldburg in Thüringen. Erstmals 1178 urkundlich als Bewohner erwähnt sind Merboto und Tagino von Stein, die als edelfreie Familie namens "de antiquo lapide" die Anlage im 14. Jahrhundert zur Ganerbenburg ausbaute. Die große Macht der Adelsfamilie, die um 1500 an nahezu jedem nahegelegenen Ort lehenspflichtige Höfe besaß konnte jedoch nicht verhindern, dass die Burg im Bauernkrieg geplündert wurde und im Dreißigjährigen Krieg erneut in Flammen aufging. Nachdem die Zeit der Höhenburgen vorbei war, zog die Adelsfamilie derer von Stein zu Altenstein 1703 in das Weisachtal und bewohnte dort das Schloss Pfaffendorf. Seitdem ist die Burg als romantische Ruine ein vielbesuchtes Ausflugsziel.
Die Burgruine Rotenhan wurde im 12. Jahrhundert auf fünf mächtigen Rhätsandsteinfelsen erbaut. Höchsten Qualitätsansrüchen genügend wurden damals Türen, Gänge und Treppen direkt aus dem Felsen herausgearbeitet. Die Burg ereilte aber scon im 14. Jahrhundert ein tragisches Schicksal, als nämlich der damalige Bischof von Würzburg aus machtpolitischen Gründen durch Falschbezichtigungen wie Viehdiebstahl oder Falschmünzerei die Erlaubnis zur Zerstörung dieser einmaligen Anlage erwirkte. Die damaligen Besitzer der Burg, allen voran Wolfram von Rotenhan zogen daraufhin ins nahegelegen Fischbach und errichteten wenig später ihren neuen Wohnsitz auf dem heutigen Schloss Eyrichshof, das kontinuierlich bis in die Gegenwart hinein vom Adelsgeschlecht derer von Rotenhan bewohnt wird.
Quelle:
Impressionen aus dem Landkreis Haßberge
Herausgegeben vom Landkreis Haßberge
Text: Die Kreiheimatpfleger Christian Blenk, Günther Lipp und Eberhard Lorenz
Werner Pfeil hat als Einheimischer den Burgruinen der Haßberge mit seinen Bleistiftzeichnungen eine "Liebeserklärung" gemacht. Seine Illustrationen zeugen von einem Menschen, der in den Ruinen sowohl einstige Macht wie auch Vergänglichkeit zu erspüren und zu erfühlen vermag.
Südburg und Nordburg der Ruine Lichtenstein
Die Nordburg wurde spätestens ab 1375 als Ganerbenburg von mehreren Adelsfamilien mit ihren jeweiligen Ansitzen auf engstem Raum bewohnt. Sie schützten die Burg um 1420 durch weitere Wehrbauten vor einem möglichen Angriff der Hussiten, waren aber 1525 machtlos gegenüber dem wütenden Bauernhaufen, der der Burg ebenso großen Schaden zufügte wie später der Markgraf Albrecht Alcibiades. Das Adelsgeschlecht der Lichtensteiner starb 1906 nach wirtschaftlichem Abstieg aus und so kam die Burg wenige Jahre später in den Besitz der Freiherren von Rotenhan, von denen die gut erhaltene Südburg mit Wirtschaftshof noch heute bewohnt wird.
Die Nordwand der Nordburg wurde schon im 13. Jahrhundert von Anfang an auf die schwache Fundamentierung eines rutschanfälligen Rhätsandstein - Felsen gesetzt, weshalb sie immer wieder ins Tal hinabgestürzt ist und wiederholt gesichert werden musste. Im 16. Jahrhundert setzte man der Nordwand einen Wehrgang mit Schießscharten auf. Heute noch zu erkennen sind bei diesem besonders gut gesicherten Tor ganz unten im Mauerwerk die Buckelquader aus dem 13. Jahrhundert. Die Südburg ist als Privatbesitz der Öffentlichkeit nicht zugänglich im Unterschied zur Nordburg, die 1972 vom Landkreis Haßberge übernommen und gründlich saniert wurde.
Foto: Beate Olk
Als Dr. Joachim Zeune mit seinem Burgenbüro auch hier die Bauforschung übernahm, geriet der wissenschaftlich orientierte Archäologe und Historiker schon bald in den "Zwist" mit den sog. Esoterikern, die in Lichtenstein ein geomantisches oder archäoastronomisches und frühes keltisches Heiligtum sahen, ein "Ort der Kraft", in dem sogar Schamanen gewirkt haben sollen. Ein Zeitungsbericht über "Heilsteine", die dort zu finden seien, löste 1991 einen Andrang von Besuchern aus. Nach der Sanierung ist diese Modewelle erfreulicherweise abgeebt und der örtliche Heimatverein trägt mit zahlreichen ehrenamtlichen Arbeitsstunden zur Pflege der Ruine bei.
Burgen und Schlösser der Haßberge in der Malerei
Burgen und Schlösser sind das Erhaltengebliebene aus vergangenen Jahrhunderten mit einem Flair, der den Stil der Zeit einzufangen vermag. Doch bleibt in ihnen versteckt das Morbide eingefallener Mauern. Gerade das macht ihre persönliche Note aus, die in der Malerei ihren Ausdruck findet.
Der Künstler Ludwig W. Heinrich (geb. 1945) beschreibt seine Aquarellmotivreihe Schlösser - " Impressionen aus dem Landhreis Haßberge" mit folgenden Worten: "Nach und nach merkte ich, auch Schlösser haben eine persönliche Ausstrahlung. Ihnen schrittweise näher zu kommen ist sehr spannend, für ein richtiges Kennenlernen viel Zeit erforderlich.
Historische Städtchen in Unterfranken
Hassfurt - Marktplatz | Hofheim in Unterfranken - Marktplatz | Sesslach-Rodachbrücke |
In direkter Nähe zu den Burgruinen der Haßberge liegen mehrere althistorische Städtchen, die eng mit der Entstehungsgeschichte der damaligen Burgenlandschaft verbunden sind. Das Leben auf den Burgen war im Mittelalter ebenso von politischen Machtverhältnissen bestimmt wie das Leben in den umgebenden Städten, die heute noch dank sorgfältiger Sanierung die Vergangenheit erwachen lassen. Bauhistorische Zeugen der Vergangenheit begegen dem Besucher auf vielfältige Weise in Haßfurt, Zeil am Main, Hofheim, Ebern und Sesslach.
Ebern - Klein Nürnberg | Zeil am Main |
Haßfurt
Die heutige Kreisstadt des Landkreises Haßberge entstand 1230 als Grenzbefestigung zwischen den Bistümern von Würzburg und Bamberg, als der Würzburger Bischof sein Gebiet nach Osten hin gegen den Bamberger Fürstbischof sichern wollte. Nachdem Haßfurt im 14. Jahrhundert kurzfristig den Status einer freien Reichsstadt hatte, begann 1431 der Bau der Ritterkapelle, deren Langhaus 1603 vom Würzburger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn erweitert wurde.
Foto: Dark Avenger
Bereits 1581 wurde das Städtchen von der Pest heimgesucht. Während im benachbarten Zeil am Main die Hexenprozesse eskalieren, fallen die Schweden in Haßfurt ein und brennen 1632 die Haßfurter Mainbrücke nieder. Eine Überquerung des Mains erfolgte in den anschließenden 235 Jahren nur über eine Fähre beim Tränkberg. Im 18. Jahrhundert entsteht bis zum Ende des 19. Jahrhundert die heutige Promenade, indem Stadtmauern und - gräben teilweise eingeebnet und mit Bäumen bepflanzt werden. Die Luftangriffe der Alliierten sprengen 1945 teilweise die Mainbrücke.
Heute entdeckt der Besucher bei einem Rundgang durch die Stadt eine Vielzahl wiederaufgebauter "historischer Schätze" und erlebt in diesem Zentrum fränkischer Lebenskunst, wie sich Tradition und innovative Moderne miteinander verbinden.
Führungen durch das "Historische Haßfurt" bietet die Stadt regelmäßig in der Sommerzeit samstags ab 14. 00 Uhr an. Daneben können Führungen durch "Abendliche Gassen" und durch die "Ritterkapelle" gebucht werden. Für Buchungen und Auskünfte ist die Tourist-Information der Stadt Haßfurt zuständig. Tel.: +49 (0) 9521/688227- www.hassfurt.de - Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Zeil am Main
Nur sieben Kilometer von Haßfurt entfernt liegt Zeil am Main von Weinbergen umgeben in reizvoller Landschaft. Nachweise einer frühen Besiedlung stammen aus der Zeit um 6000 bis 4000 vor Christus. 1018 wurde Zeil erstmals urkundlich erwähnt, als Kaiser Heinrich II. dort einen landwirtschaftlichen Großhof erwarb und diesem Besitz dem Kloster Michaelsberg in Bamberg schenkte. Im 14. Jahrhundert wuchs der Ort zu einem kleinen Städtchen mit 26 Höfen, von denen jedoch nur knapp die Hälfte dem Hochstift Bamberg gehörten. Zu dieser Zeit hatte das um Macht konkurrierende Hochstift Würzburg ebenfalls viele Besitztümer in dieser Gegend. Der Bamberger Bischof gestattete den Zeiler Bürgern damals, eine Mauer um ihre Siedlung zu errichten. Bald darauf entwickelte sich in Zeil eine rege Bautätigkeit. So entstanden im 15. Jahrhundert neben einem im gotischen Stil erbauten Rathaus und zwei Kapellen die Burg Schmachtenberg, die im Deutschen Bauernkrieg beschädigt und wenig später im Zweiten Markgrafenkrieg 1554 verwüstet wurde.
Foto: Dark Avenger
Heute ist Burg Schmachtenberg Ruine einer hussitenzeitlichen Kastellburg des Bamberger Hochstifts, die damals offenbar die alte Zeiler Burg auf dem Käpelle (heutige Wallfahrtskirche) ersetzen sollte. Der Bau der Burg erfolgte zusammen mit dem Ausbau der Zeiler Stadtbefestigung, die identische Wehrkonstruktionen aufweist. Historisch wurzelt sowohl die Befestigung der Stadt wie auch der Bau der Burg in den Bestrebungen des Bistums Bamberg, wehrhaft zu sein gegenüber den Expansionsbestrebungen des benachbarten Bistums Würzburg. Der Würzburger Bischof verstärkte derweil seine Burgen in den Haßbergen. So entstanden an den Burgen Raueneck und Altenstein imposante Zwingeranlagen, deren Reste heute noch zu sehen sind.
Schmachtenberg war wie alle anderen Burgen ein Symbol der Macht, nämlich der Macht des Bistums Bamberg inmitten des Würzburger Territoriums. Vieles ist den Machtinhabern von den Bürgern verziehen worden, doch einmal in der Geschichte hätten sich die Zeiler wohl eine anderen Herrschaft gewünscht - es war die Zeit der Hexenverfolgung, als Zeil am Main zum Richt- und Brandplatz im Hochstift Bamberg wurde, so wie es Gerolzhofen für das Bistum Würzburg war. Details zur Hexenverbrennung können Interessierte im Kapitel Historie / Zeiler Hexenturm nachlesen.
Nach dem Besuch des Zeiler Hexenturms oder einer Stadt- beziehungsweise Hexenführung empfiehlt sich die Erholung in den nahegelegenen Naturschutzgebieten. Hierzu gehört der Abt Degen Steig. Als Abt eines Zisterziensenklosters hat der in Zeil am Main geborene Alberich Degen Mitte des 17. Jahrhunderts die Scheuerrrebe in Franken eingeführt. Der Abt-Degen-Steig begleitet den Wanderer durch ein Naturschutzgebiet inmitten der Anbaugebiete des Frankenweines mit Informationstafeln und zuverlässigen Wegbeschreibungen hin zu den Winzern und ihren Winzerhäusern.
Ausführliche Informationen zu der Geschichte und den Freizeitaktivitäten rund um Zeil am Main erhalten Besucher beim Fremdenverkehrs - Büro im "Grohehäuschen", der ehemaligen Ratsdiener-Wohnung und dem vormaligen Hirtenhaus in Zeil am Main (Tel.: 09524 -949 -37) und bei der Stadtverwaltung Zeil am Main, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Im Jahr 2018 feiert das althistorische Städtchen Zeil am Main sein tausendjähriges Bestehen.
Hofheim
Zu Beginn des frühen Mittelalters (700 - 800 n. Chr.) war der Ort eine karolingische Vogtei und erst im 16. Jahrhundert erfolgte die Verleihung der Stadtrechte durch Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn. Im 18. Jahrhundert erbaut wurde das Untere Tor, im Volksmund auch Lendershäuser oder Brauhaustor genannt. In diesem Tor, das heute von den Bürgern des Städtchens genutzt wird, wohnte einst der Torwächter. Ebenfalls im 18. Jahrhundert erbaut wurde das Goßmannsdorfer Tor. Wenn die Besucher durch eines der Tore hindurchtreten, so begegnen Ihnen bei einem Stadtrundgang liebevoll gepflegte Fachwerkhäuser und Teile der alten Stadtmauer. Auch hier ist es gelungen, das Alte zu bewahren während Neues geschaffen wurde.
Der 1463 erbaute Stadtsitz des Freiherren Truchseß von Wetzhausen gehört zu den ältesten Fachwerkhäusern des Landkreises und wird heute als Apotheke genutzt. Das Truchsßehaus wurde im Verlauf des Mittelalters zum Zehnthof und ist in seiner althistorischen Baustruktur weitgehend erhalten geblieben. Im Deutschen Bauernkrieg 1525 verbrüderten sich die Hofheimer mit dem "Bildhäuser Haufen" und mussten daraufhin ihre Stadtmauer einlegen. Doch schon bald darauf durfte sie 1531 wieder aufgerichtet werden. Sie hatte ursprünglich eine Höhe von 2,50 m - 4 m und fünf Rundtürme. Heute sind die Reste der aus Bruchsteinen bestehenden Stadtbefestigung gut bewahrt und bei einem Stadtrundgang zu sehen.
Wanderungen hinein in die nahe Umgebung wie etwa zum Schloss Eichelsdorf oder zur Bettenburg erschliessen dem Besucher weitere Pfade einer bewegten Vergangenheit. Das Eichelsdorfer Schloss wurde schon im 13./14. Jahrhundert erbaut und nach seiner Zerstörung im deutschen Bauernkrieg neu errichtet. Nach mehrfachem Wechsel der Besitzer wurde das Schloss 1874 den Barmherzigen Schwestern als Rekonvaleszentenhaus übereignet und ist heute eine Fachklinik für die Behandlung Drogenabhängiger. Die Bettenburg gehört zu den Burgen, von denen aus eine frühzeitliche Handels- und Heerstraße, der sog. Rennweg, überwacht werden konnte. Schon früh kam die Burg 1343 in den Besitz der Ministerialen Truchseß von Wetzhausen, einem alten Adelsgeschlecht, dem die Bettenburg auch heute noch gehört. Nach der Zerstörung im Bauernkrieg wurde die Bettenburg in ihrer heutigen Form von Balthasar Truchseß wieder aufgebaut. Der bekannteste Burgherr war Christian Truchseß von Wethausen (1755 - 1826), der äußerst beliebt bei seinen Bauern auch liebevoll "Kirschentruchseß" genannt wurde, weil er intensiv den Obst und besonders Kirschenanabu betrieb. Daneben gründete er als vorzüglicher Gastgeber die "Bettenburger Tafelrunde", einen Treffpunkt zeitgenössischer Literaten. Detaillierte Informationen zur Bettenburg findet der intererssierte Leser unter dem Kapitel "Burgruinen". Wanderer, die den althistorischen und dennoch gut ausgeschilderten "Rennweg" kennenlernen möchten, treffen in der Nähe von Eichelsdort auf die sog. "Schwedenschanze". Sicherlich haben die Kelten diesen Ort bereits um 1200 - 700 v. Chr. als Fliehburg und Kultplatz genutzt. Dort angekommen, ermöglicht ein hoher Aussichtsturm den Wanderern einmalige Blicke in die nahe und ferne Umgebung.
Ebern
Vermutlich ist an diesem Ort bereits im 7. Jahrhundert n. Chr. eine fränkische Ansiedlung entstanden. Gesichert ist die Zugehörigkeit zum Hochstift Würzburg um 1216. Urkundlich erwähnt wird das Städtchen 1230 als "civitas", als befestigter Ort mit Mauern, Palisaden und Türmen. Zwei Jahre später wird die Civitas Ebern von Pfarrweisach abgetrennt und zur selbstständigen Pfarrei ernannt. Das Stadt- und Befestigungsrecht erhielt Ebern 1335 durch Kaiser Ludwig den Bayern. Bereits vorher ist der Mauerbau 1303 und 1313 bezeugt.
Die Stadtmauer mit ihren vier erhaltenen Türmen und dem imposanten Grauturm wurde im 15. und 16. Jahrhundert ausgebaut. 1396 schloss sich die Stadt zusammen mit dem regionalen Adel und den umliegenden Städten des Hochstiftes Würzburg zu einem Bund zusammen. Abhängig sein wollte man aber nicht vom hochverschuldeten Hochstift, das zu einer als ungerecht empfundenen Besteuerung neigte, sondern lieber vom Kaiser und strebte deshalb die Reichsunmittelbarkeit an. Ein Jahr später nahm der zunächst böhmische und später römisch-deutsche König Wenzel die elf Städte des "Elfstädtebundes" unter seinen Schutz und garantierte die Gleichstellung mit den übrigen Rechsstädten. Die alten Rechte des Bischofs wurden allerdings von König Wenzel bestätigt und so kam es zu permanenten Spannungen zwischen dem aufstrebenden Bürgertum und dem Würzburger Bischof Gerhard von Schwarzburg. Der Bischof belegte die Stadt Würzburg mit dem Bann, woraufhin Würzburger Bürger drei Geistliche aus dem Hause Schwarzburg gefangennahmen. Die Spannungen führten schließlich zum Krieg zwischen den Truppen des Fürstbischofs und einem Heer aufständischer Bürger. In der Schlacht von Bergtheim wurden die Bürger im Jahr 1400 niedergemetzelt von den bischöflichen Kampftruppen, die während des Kampfes Unterstützung erhielten von Rittern und Landsknechten aus den Haßbergen. Ebern und Meiningen waren die einzigen der elf verbündeten Städte, die sich im Vorfeld des Krieges der Macht des Bischofs unterworfen hatten.
Foto: Dark Avenger
Deshalb fand die Entscheidungsschlacht ohne Eberner Beteiligung statt. Ebern blieb verschont, doch wurde die Siedlung 1430 durch einen großen Brand verwüstet, den von 200 Gebäuden nur drei überstehen konnten.
Im Bauernkrieg solidarisierte sich Ebern mit der Seite der Aufständischen. 1525 plünderten Ebener den Wirtschaftshof des Zisterzienserklosters Langheim, brannten das Gut der Herren von Lichtenstein zu Gereuth nieder und verwüsteten den Ansitz der Herren von Füllbach bei Gleusdorf. Als der Ebener Haufen vor die Würzburger Amtsburg Rauheneck bei Vorbach zog, gelang dem Amtmann Lorenz von Bibra ein Täuschungsmanöver, indem er vorgab, sich der Revolte anzuschließen. Die Revolutionäre verschonten daraufhin die Burg und verwüsteten kurz darauf die Schlösser der Adelsfamilie Fuchs von Bimbach in Burgpreppach, Leuzendorf und Weißenbrunn. Anschließend vereinigten sie sich mit den Maroldsweisachern und griffen die Burgen Altenstein und Lichtenstein an. Auch das Schloss der Adelsfamilie von Rotenhan in Fischbach konnte den Angriffen nicht standhalten und musste vor den aufständischen Bauern kapitulieren. Die Teilnahme am Bauernkrieg mussten die Ebener teuer bezahlen. Nachdem die vereinigten Bauernheere 1525 vernichtend geschlagen wurden, begab sich Bischof Konrad auf eine Strafexpedition durch sein Hochstift. Elf Rädelsführer des Ebener Haufens wurden auf dem Marktplatz öffentlich enthauptet, obwohl der Humanist Sebastian von Rotenhan versucht haben soll, besänftigend auf den Bischof einzuwirken. Zudem wurde die Bürgerschaft zu außerordentlich hohen Schadenersatzzahlungen verpflichtet, welche die Finanzkraft des kleinen Gemeinwesens überstiegen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde der gesamte Baunachgrund wegen seiner alten Verkehrsverbindungen nach Süden von zahlreichen Heeren durchquert. Die Soldaten quartierten sich mehrmals in Ebern ein und mussten von der Bürgerschaft versorgt werden. Die Kampfhandlungen führten zu einem drastischen Bevölkerungsverlust, der nach dem Krieg durch die Ansiedlung von Flüchtlingen aus Böhmen und Schlesien sowie Juden teilweise ausgeglichen werden konnte. Unter der Regierung des Bischofs Johann Philipp von Schönborn entfaltete sich in der Stadt und im Umland eine reiche Bautätigkeit.
Zu dieser Zeit wurde auf das steinerne Untergeschoss des Rathauses der prächtige Fachwerkaufbau gesetzt. Vorübergehende Unruhe brachten im 17. und 18. Jahrhundert noch einmal der Durchmarsch kaiserlicher Kroaten und die Heereszüge am Ende des Österreichischen Erbfolgekrieges und des Siebenjährigen Krieges. Nach der Auflösung des Hochstiftes Würzburg gelangte Ebern an das Königreich Bayern. In der Folgezeit des 19. und 20. Jahrhunderts etablierte sich in Ebern eine eher konservative Ausrichtung der Einwohner. Der Zweite Weltkrieg endete für die Stadt mit einer kampflosen Übergabe an die Amerikaner. In der Nachkriegszeit siedelten sich zahlreiche Heimatvertriebene um die Altstadt an und eine rasch anwachsende Zahl evangelischer Neubürger.
Das waldreiche Ebener Land ist wegen seiner Wandermöglichkeiten und den vielfältigen historischen Sehenswürdigkeiten zu einem zunehmend beliebten Urlaubsziel geworden; detaillierte Anregungen für die Freizeitgestaltung sind zu finden unter www.ebern.de.
Eine Broschüre, die den Rundgang durch das historische Ebern mit Fotos illustrativ beschreibt ist kostenlos erhältlich bei der
Tourist-Information Ebern
Ritter-von-Schmitt Straße 8
96106 Ebern
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Mittelaltermarkt vom 18.-19. Juni 2016
Regelmäßig findet jährlich im Juni rund um den Grauturm ein Mittelaltermarkt statt mit Speis, Trank und Musici. Zum Programm gehören unter anderem ein nächtlicher Stadtrundgang mit Nachtwächtern, Türmerblasen am Grauturm, Tanz des Burg- und Heimatvereins Altenstein, Jagdhornbläser, Veranstaltungen für Kinder.
Seßlach
Nach der Zerschlagung des Thüringer Reiches 531 n. Chr. war die Gegend um Seßlach von fränkischen Bauern und slawischen Siedlern bewohnt. Im Verlauf des frühen Mittelalters wurde die Gegend zunehmend christianisiert und im Jahr 1007 das nahegelegene Bistum Bamberg begründet. 1335 verlieh Kaiser Ludwig der Bayer der Civitas ebenso wie Ebern das Stadt- und Befestigungsrecht. 1399 versuchten die Seßlacher Bürger, die Abhängigkeit vom Hochtstift Würzburg aufzuheben. Sie strebten die Reichsunmittelbarkeit an und verbündeten sich deshalb mit dem Elfstädtebund. Das Bündnis wurde in der Schlacht von Bergtheim zerschlagen. Auch die Beteiligung der Bürgerschaft am Bauernkrieg endete damit, dass der Würzburger Bischof Konrad die Rädelsführer wie zuvor in Ebern auf dem Marktplatz enthaupten ließ. Während des Dreißigjährigen Krieges und in der Zeit der Napoleonischen Kriege hatte Seßlach unter Plünderungen, Brandschatzungen und zahlreichen Einquartierungen von Soldatentruppen zu leiden. Nach der Säkularisierung des Hochstiftes Würzburg im Jahr 1802 kam das Städtchen schließlich zum Königreich Bayern. Eine letzte Verwüstung erlebte Seßlach 1905 durch einen Großbrand um den Marktplatz. Im Zweiten Weltkrieg blieb die Stadt im Unterschied zu Würzburg von Bombenangriffen verschont. Als die NSDAP 1933 die Macht in Seßlach übernimmt, werden im Kampf gegen die katholische Kirche Schule und Kindergarten vom Staat übernommen. Durch die Ansiedlung von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen entstanden große Neubaugebiete jenseits der historischen Stadtmauern.
Nachdem Seßlach 1974 in die Städtebauförderung aufgenommen wurde, errang die Stadt 1986/87 den Titel des Landes- und Bundessiegers für "beispielhafte Stadtsanierung".
Auf dem Hintergrund der Städtebauförderung konnte eine behutsam erhaltene mittelalterliche Stadt mit allen modernen Vorzügen der Gegenwart entstehen. Die Grenzöffnung im Jahr 1989 holte Seßlach weg aus der Randzone in die Mitte Deutschlands und intensivierte die alten Verbindungen zu Thüringen. Das historische Stadtbild ist in seltener Vollständigkeit erhalten geblieben und läßt für seine Touristen die Vergangenheit lebendig
Foto: Bernd Tolksdorf
werden. Informationen zu den aktuellen kulturellen Veranstaltungen wie etwa die Regionale Museumsnacht, das internationale Jugendmusikfestival oder die einzigartigen Naturführungen durch das nahegelegene Rodachtal sind zu finden unter www.sesslach.de oder bei der
Tourist-Info
Marktplatz 98
96145 Seßlach, Tel.: 09569/922540 Altstadtfest
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Seßlach früher und heute
Geschichte der Frauenbewegung
Jede Generation hat ihren eigenen Mythos und ihre eigene Legende
Im Kampf um die Gleichberechtigung haben sich Frauen schon immer engagiert, nur hatten sie es im ständeorientierten Mittelalter ungleich schwerer als in der beginnenden Neuzeit. Die Bundeszentrale für politische Bildung unterscheidet bei der Deutschen Frauenbewegung zwölf aufeinanderfolgende Wellen. Ausgelöst wurden die Wellen stets durch politische Ereignisse, die sich nachtteilig auf die geforderte Gleichberechtigung ausgewirkt hätten.
Erste Welle: Wie alles begann um 1800
Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit - das hat die Französische Revolution 1789 auf ihre Fahnen geschrieben. Die Revolution forderte die Umsetzung der Menschenrechte und neue Demokratie-Konzepte ohne die Situation der Frauen entsprechend zu verändern. Sie endete 1804 mit der Krönung Napoleons zum Kaiser. Der Ort der Frauen sollte weiterhin das Haus sein, wo sie mit typisch weiblichen Eigenschaften wie Tugend, Sittsamkeit und Fleiß eine gemütliche Häuslichkeit zu sorgen hatte.
Noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde im Zeitalter der Aufklärung das Rollenmodell der gebildeten und intellektuell präsenten Frau propagiert, obwohl es zu dieser Zeit keine systematische Mädchenbildung gab. Zum Ende des Jahrhunderts setzte sich dann in Philosophie, Theologie, Medizin und anderen Disziplinen das Rollenmodell des sog. "natürlichen Geschlechtscharakters" der Frau durch. Frauen sollten enstprechend ihrer geschlechtsspezifischen Tugenden bevorzugt zu Hause bleiben und dort für Ordnung sorgen während der Wirkungsort von Männern mehr in der Öffentlichkeit liegen sollte. Diese Ideologie funktionierte vor allem in Abgrenzung zum Adel für Frauen des Bürgertums und weniger für Frauen der Arbeiterschicht, deren Erwerbstätigkeit für den Unterhalt der Familie dringend gebraucht wurde. Das Modell der getrennten Geschlechterrollen wurde durchaus von Frauen wie auch von Männern infragestellt. Zahlreiche Frauenvereine, die sich nach 1815 im Kontext der Befreiungskriege gegen Napoleon gründeten und zunächst vornehmlich die Versorgung der Soldaten zum Ziel hatten, wurden schließlich zu den Vorläuferformen der späteren politischen Frauenvereine. Das gesellschaftspolitische Engagement von Frauen und ihre Politisierung war trotz dem Argwohn konservativer Kreise nicht mehr aufzuhalten. Frauen hatten keine andere Wahl, sie mussten sich eigeninitiativ auf den Weg machen, um für gleiche Bürgerinnenrechte zu kämpfen.
Zweite Welle: Die Frauenbewegung organisiert sich
Nachdem sich 1865 in Leipzig der erste Frauenbildunbgsverein gründete, wuchs die Frauenbewegung in den nächsten Jahrzehnten stets an und erweiterte ihre Themen von Bildungsforderungen bis hin zum Kampf um das Frauenwahlrecht.
Nach der niedergeschlagenen Revolution herrschte in Deutschland ein politischer Winter, der liberale Kräfte vorübergehend erfrieren ließ. So wurde eine politische Aktivität und Versammlungstätigkeit von Frauen schlichtweg verboten. Die 1850 er und 1860 er Jahre waren trotz der Dominanz konservativer Kräfte von einer zunehmenden Lockerung der autoritären Strukturen geprägt. Dank Wirtschaftsaufschwung und einer damit verbundenen Veränderung der Arbeitswelt konnte mit Kronprinz Wilhelm, dem späteren ersten Deutschen Kaiser, eine neue Ära beginnen. 1865 fand in Leipzig eine erste große Frauenkonferenz statt, die eine enorme Resoanz fand und damals den Allgemeinen Deutschen Frauenverein (ADF) gründete. Dies war die Geburtsstunde und Keimzelle einer sich rasch ausbreitenden Vereinslandschaft für Frauen in Deutschland. Ein zentrales Problem dieser Zeit und damit auch ein dominantes Thema des ADF war die ansteigende Frauenarmut, die sich zunehmend auch auf bürgerliche Kreise auswirkte. Dieser Frauenarmut wollten die Frauenvereine durch die Forderung nach einer geregelten eigenständigen Erwerbstätigkeit als "Pflicht und Ehre des weiblichen Geschlechtes" entgegentreten. Zum Stolperstein für ein selbstständiges Frauenleben gehörte zweifellos die mangelnde Ausbildungssituation in der Mitte des 19. Jahrhunderts. In Petitionen forderten die Frauenvereine folgerichtig eine grundlegend verbesserte Mädchenbildung, die ihnen nicht nur den Zugang zu schlecht bezahlten und kräftezehrenden außerhäusigen Tätigkeiten ermöglichte. Da die offizielle Politik unter Kaiser Wilhelm II. in diesem Punkt wenig Initiative ergriff, nahmen die Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung die Schulentwicklung selber in die Hand. Sie gründeten Realkurse für Frauen als Bildungsgrundlage für praktische berufe. Der Zugang zu Universitäten blieb weiterhin mit Ausnahme der Schweiz versperrt.
Dritte Welle: Frauenbewegung im Ersten Weltkrieg (1914 - 1918)
Als der Erste Weltkrieg begann, war Deutschland aufgrund religiöser, sozialer und wirtschaftlicher Konflikte im Grunde genommen nicht mehr regierbar, doch kaum jemand zweifelte damals an der Rechtschaffenheit des aufgezwungenen Verteidigungskrieges, kritische Stimmen wurden unterdrückt. Auch die Deutsche Frauenbewegung folgte mehrheitlich der Verteidigungsideologie und verband mit der Unterstützung des Krieges die Hoffnung auf eine Anerkennung als Staatsbürgerinnen. Nur eine pazifistische Minderheit versuchte, andere Wege zu gehen. Die Mehrheit der Frauenbewegung erhoffte sich durch die Kriegsunterstützung eine politische Anerkennung und Gleichberechtigung, sie betrachtete den Krieg als Bewährungsprobe; eigene Belange wurden zunächst zurückgestellt und erst nach dem Krieg eingefordert.
Im gesamten Deutschen Reich entstanden Regionalgruppen des Nationalen Frauendienstes, die mit der jeweiligen Kommunalverwaltung und dem Roten Kreuz zusammenarbeiteten. Ihre Aufgaben bezogen sich vor allem auf die Wohlfahrtspflege und die Fürsorge insbesondere von Familien, die kein Einkommen mehr besaßen, weil der Mann an der Front gefallen oder invalid aus dem Krieg zurückkehrte. Je länger der Krieg dauerte, desto mehr wurden Frauen auch für die Kriegswirtschaft mobilisiert. Der Erste Weltkrieg führte anhaltend zu einer Aufspaltung der Frauenbewegung in denjenigen Teil, der den Krieg unterstützte und in eine pazifistische Minderheit, die mehr in internationalen sozialistischen Kategorien dachte und eine nationale Kriegsführung grundsätzlich ablehnte. Dieser linke Flügel der Frauenbewegung musste zu Zeiten des Ersten Weltkrieges massive Eingriffe durch die staatliche Zensur hinnehmen. Im Extrem wurde die eine oder andere Aktivistin vehaftet, danach streng überwacht und geriet mit Parteien in Konflikt, denen sie zugehörig war und die an einer nationalen Kriegsführung festhielten.
Vierte Welle: Die Weimarer Republik
Nach dem Sturz der Monarchie verabschiedete der Rat der Volksbeauftragten 1918 das Gesetz über die Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung. Dieses Gesetz beeinhalte unter anderem das Frauenwahlrecht und so beteiligte sich im Januar 1919 fast 90 Prozent der Frauen an den Wahlen. Als die verfassungsgebende Versammlung in Weimar eröffnet wurde, waren nahezu 10 Prozent der Abgeordneten Frauen, ein Anteil, der erst 1983 wieder im Deutschen Bundestag erreicht werden konnte. Die in Weimar verabschiedete Verfassung verpflichtete den Staat auf den Schutz der Mutterschaft, das Wohlergehen von Kindern und legte die stattliche Zuständigkeit für Fragen der Wohlfahrtspflege fest. Die uneingeschränkte rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern war damals noch nicht konsensfähig.
Zwischen 1920 und 1932 wurden insgesamt 111 weibliche Reichstagsabgeordnete gewählt, die mehrheitlich linken oder linksliberalen Parteien angehörten und die sich über Parteigrenzen hinweg untereinander verständigten mit dem Ziel, den gesamtgesellschaftlichen Reformimpetus zu verstärken. Die Parlamentarierinnen setzten eine Reihe von Frauengesetzen durch darunter das Jugendwohlfahrtsgesetz, Mindeslohn für Heimarbeit und die Zulassung von Frauen als Rechtsanwältinnen und Richterinnen. Das "Beamtinnen-Zölibat", wonach weibliche Beamte bei Heirat oder der Geburt eines unehelichen Kindes gezwungen waren, ihren Dienst zu quittieren, konnte dagegen auch wegen der finanziellen Engpässe des Staatshaushaltes nicht beseitigt werden. Insgesamt bleibt der Einfluss der politischen Frauenarbeit in der Weimarer Republik begrenzt, weil die Konzentration auf Frauenthemen von den männlichen Kollegen abwertend als "Weiberkram" eingeschätzt wurde und ihnen unmissverständlich klar gemacht wurde, dass sie über wirklich wichtige politische Fragen wie etwa die Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht zu entscheiden hätten. Zudem blieb es für Frauen weiterhin schwer, in das Parlament hineingewählt zu werden. Es war weitgehend den Männern vorbehalten, bei Reichstags - Landschafts- und Gemeindewahlen einen Listenplatz zu ergattern und ein Mandat zu erringen.
Fünfte Welle: Die Frauenbewegung im Nationalsozialismus
Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler strebte die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartrei (NSDAP) die Errichtung eines totalitären Staates auf rassistischer Grundlage an, in dem keine weiteren politischen und gesellschaftlichen Kräfte unabhängig exisiteren sollten. Zum Zwecke einer umfassenden Kontrolle des politischen und gesellschaftlichen Lebens wurden bestehende Einrichtungen und Organisationen "gleichgeschaltet", d.h. sie wurden aufgefordert, sich entweder einzugliedern oder aufzulösen. Diese Verschmelzung von Staat und Gesellschaft führte im Nationalsozialismus zur Abschaffung demokratischer Grundprinzipien (z.B. Gewaltenteilung, Meinungsvielfalt, Menschenwürde). Um eine möglichst homogene Volksgemeinschaft zu etablieren, kam es zur Ausgrenzung, Vertreibung und schließlich zur Vernichtung von Personengruppen, die als "nichtarisch" oder "gemeinschaftsfremd" klassifiziert worden sind.
Für die Ausgestaltung der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft kam der sog. "Geschlechterordnung" eine besondere Bedeutung zu: Männer und Frauen hatten spezifische Aufgaben zu erfüllen. Bereits 1921 - ein Jahr nach ihrer Gründung - legte die NSDAP fest, dass Frauen von der "Führung der Partei" und vom "leitenden Ausschuss" ausgeschlossen werden sollten. Nach dem Machtantritt der NSDAP wurden schon bald Gesetze verabschiedet, die letztlich Frauen aus den gehobenen Berufen verdrängten und ihre Hauptaufgabe auf den Bereich der fürsorglichen Hausfrau und Mutter beschränkten. Beamtinnen, die von Vater oder Ehemann finanziell versorgt wurden, mussten den Dienst quittieren, die Wählbarkeit (passives Wahlrecht) wurde den Frauen abgesprochen, es erfolgte eine Begrenzung der Neuimmatrikulation von Frauen an den Universitäten, dafür wurden Anreize gegeben für die Aufgabe der Erwerbstätigkeit im Falle der Mutterschaft. Nur bei Engpässen etwa bei den Kriegsvorbereitungen oder im Verlauf des Krieges wurden Frauen direkt für kriegsunterstützende Tätigkeiten (z.B. Wehrmachtshelferinn) angeworben.
Sozialen Bewegungen, die nach Emanzipation und Unabhängigkeit strebten, sollten aus Sicht der Nationalsozialisten entschieden entgegengetreten werden, weil sie Ausdruck jüdischen oder wahlweise marxistischen Denkens waren. Demzufolge mussten auch die verschiedenen Gruppierungen der Frauenbewegung bekämpft und beseitigt werden. Zunächst forderte die NSDAP alle Frauenorganisationen auf, ihre jüdischen Mitglieder auszuschließen. Die Organisationen der proletarischen Frauenbewegung wurden ebenso wie die sozialistischen und sozialdemokratischen Vereinigungen zwangsaufgelöst oder verboten. Angesichts dieser Situation engagierten sich einige Frauen im Widerstand. Die Organisation "Roten Hilfe", die verfolgte Genossinnnen unterstützte, wurde 1935/36 aufgelöst. Der Bund Deutscher Frauenvereine (BDP) wurde 1933 von der Führerin der nationalsozialistischen "Frauenfront" dazu aufgefordert, der Frauenfront beizutreten unter der Bedingung, die Unterordnung unter Adolf Hitler und das frauenpolitische Vorhaben der NSDAP uneingeschränkt anzuerkennen, andernfalls drohte die Auflösung. Der BDF löste sich daraufhin 1933 auf einer "Eilsitzung" freiwillig auf und beendete damit auch die Mitgliedschaft bei internationalen Organisationen.
Sechste Welle: Die Frauenbewegung in der Nachkriegszeit
Nach der Kapitulation Deutschlands im Mai 1945 teilten die Alliierten Siegermächte (USA, Sowjetunion, Großbritanien und Frankreich) das Land in vier Besatzungszonen auf und beschlossen eine Politik nicht nur der Entmilitarisierung und Entnazifizierung, sondern darüber hinaus der Demokratisierung Deutschlands. In diesem demokratischen Aufbauprozeß waren von Beginn an deutsche Frauen wesentlich mitbeteiligt. Für sie war eine gleichberechtigte Mitwirkung und Teilhabe an allen relevanten gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen und die Übernahme von Verantwortung im Staat für eine Demokratisierung unverzichtbar. In der Umbruchssituation unmittelbar nach Kriegsende kam es spontan in allen vier Besatzungszonen zur Gründung von Frauenausschüssen, und zwar noch vor der Wiedergründung von Parteien.
Bezüglich der Organisationsstruktur intendierten die Frauenausschüsse der Nachkriegszeit eine überparteiliche und überregionale große Frauenorganisation in der Tradition des BDF (Bund Deutscher Frauenvereine). Gefördert von den westlichen Besatzungsmächten kam es dann 1949 zum ersten bundesweiten Zusammenschluss, aus dem heraus ein Dachverband der organisierten Frauenbewegung entstand. Der Mitwirkung dieser Frauenverbände ist es zu verdanken, dass 1949 bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes wichtige frauenpolitische Weichen gestellt werden konnten. So unterstützen den Verbände den Versuch der sozialdemokratischen Juristin Elisabeth Selbert die volle Gleichberechtigung der Frauen auf allen Gebieten verfassungsrechtlich festzuschreiben. Die Verankerung des Satzes "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" im Grundgesetz (Art.3 Abs.2) stellte den größten frauenpolitischen Erfolg der Nachkriegszeit dar. Die Verankerung im Grundgesetz hatte zur Folge, dass alle rechtlichen Regelungen und Gesetze an das Gleichberechtigungsprinzip der Verfassung angepaßt werden mussten. Davon betroffen war in der BRD das Bürgerliche Gesetzbuch und hier vor allem das Ehe- und Familienrecht. In der Folgezeit erfuhr die Frauenbewegung eine Einschränkung durch die "reaktive Mechanik des Kalten Krieges" zwischen dem Osten und dem Westen: die Frauenbewegung verzichtete auf den Anspruch der Überparteilichkeit und schloss kommunistische Mitglieder aus ihren Reihen aus. Zudem stagnierte die Entwicklung allein dadurch, dass die Frauen sich mit der Festschreibung der Gleichberechtigung im Grundgesetz zufrieden gaben und die zunehmende Diskrepanz zwischen Rechtsnorm und Rechtwirklichkeit ignorierten. Sie mussten erst die Erfahrung machen, dass mit der Festschreibung der Grundsatzers der Gleichberechtigung keineswegs seine praktische Umsetzung gewährleistet war. Es sollte noch über die Adenauer-Ära hinweg Jahrzehnte dauern, bis bestehende Rechte vorsichtig und eher mit einer ängstlichen Attitude von den Betroffenen eingeklagt wurden. Dieser allmähliche und langsam voranschreitende Prozess einer gelungenen Realitätswahrnehmung bereitete am Ende der 1960er Jahre den Boden für die anschließende Frauenberwegung.
Siebte Welle: Die Frauenbewegung in der DDR
Ausgehend von der marxistischen Theorie, nach der die Unterdückung der Frau mit der Abschaffung kapitalistischer Verhältnisse und der Etablierung des Sozialismus überwunden werden könnte, beanspruchte die Deutsche Demokratische Republik (DDR) eine Verwirklichung der Gleichberechtigung. Damit drängt sich die Frage auf, welche Aufgaben einer Frauenbewegung in der DDR denn überhaupt noch zukommen sollten. Unterstützt von der sowjetischen Militäradministration wurde 1947 der Demokratische Frauenbund Deutschland (DFD) als offiziell anerkannte Frauenorganisation gegeründet mit dem Ziel, die "antifaschistisch-demokratische Umwälzung" zu unterstützen. Im Wesentlichen ging es um dieUmerziehung ehemaliger Nazi-Mitläuferinnen. Darüber hinaus sollten alle Kräfte, die zum Fall des Nationalsozialismus beigetragen hatten, für den demokratischen Wiederaufbau motiviert werden. Die Dominanz der Kommunistinnen im Demokratischen Frauenbund löste bald den Protest der bürgerlichen Frauenbewegung aus; eine Spaltung in bürgerliche und proletarische Frauenverbände konnte jedoch verhindert werden und es blieb in der Gesamtbetrachtung dabei, dass die Schlüsselpositionen durch Funktionärinnen des Kommunismus besetzt wurden. Während der DDR wurde der DFD zu einer Massenorganisation, die eine Ideologie der "Liebe, Treue und Stolz gegenüber dem sozialistischen Staat und eine marxistisch-leninistische Weltsicht zu proagieren hatte. Typische Ziele der Frauenbewegung traten in den Hintergrund und das politische Wirkungsfeld der DFD-Gruppen war begrenzt. Allerdings beeinflusste der DFD durchaus die Ausarbeitung des "Gesetzes über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau" von 1950 und stellte damit die Weichen für das in der DDR-Verfassung verankerte Gleichberechtigungsprinzip.
Achte Welle: Die Friedensbewegung
In den 50er Jahren entwickelte sich zur Zeit des Kalten Krieges zwischen Ost und West eine Friedensbewegung, die sich primär zunächst gegen eine Wiederaufrüstung, Wehrpflicht und Atombewaffnung richtete. Frauen, die sich in der Friedensbewegung engagierten, gründeten eine zonenübergreifende Organisation, deren antimilitaritstische Aktivitäten in Westdeutschland in den Verdacht einer "kommunistischen Tarnorganisation" gerieten und demenstprechend eingeengt wurden. Im Rahmen der internationalen Solidarität gab es trotzdem eine stabile Zusammenarbeit. Nach dem Ende der Entspannungspolitik entstand 1979 erneut eine vielfältige Frauenfriedensbewegung, ausgelöst von einer Diskussion um die Neutronenbombe und dem NATO-Beschluss zur Stationierung von Pershing II und Cruise Missiles. Von Skandinavien initiiert appellierten 1989 insgesamt 500.000 Frauen auf der Kopenhagener UN-Weltfrauenkonferenz für sofortige Abrüstungsverhandlungen und forderten die Verwendung der Rüstungsgelder für soziale Belange. Durch den europäischen Charakter gewannen die Initiativen nach dem Motto "Frauen Macht Europa" eine gewisse Stärke, nicht zuletzt auch auf der Basis internationaler Verbindungen. 1991 wandten sich die Frauenaktionen gegen den Golfkrieg, forderten den sofortigen Waffenstillstand und thematisierten die Gefahr eines dritten Weltkrieges. In heftigen Diskussionen wurden neben den Ursachen von Kriegen auch die Ursachen der weltweiten Frauendiskriminierung besprochen meist mit der Annahme einer angeblich besonderen Friedfertigkeit von Frauen. In der Retrospektive bleibt festzuhalten, dass die meisten Forderungen der Frauenfriedensbewegung nicht verwirklicht worden sind,doch konnte sich in der Frauenfriedenspolititk ein neues Bewußtsein für eine humanitäre Gesellschaftsordnung institutionalisieren.
Neunte Welle: Einst flog die Tomate
Ein Tomatenwurf auf dem SDS-Delegiertenkongress war 1968 die Geburtsstunde für eine neue Frauenbewegung im Westen. Helke Sander, Sprecherin des Aktionsrates zur Befreiuung der Frau warf damals gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen den SDS-Männern vor, die Diskriminierung der Frau zu ignorieren und patriarchal geprägte Gesellschaftsstrukturen zu reproduzieren. Als Zeichen des Protestes flog eine Tomate in Richtung Vorstandstisch. Vorausgegangen war den Aktionen folgende gesellschaftliche Situation: die Gesamtgesellschaft verharrte noch immer in den alten patriarchalen Strukturen, obwohl die Anzahl der berufstätigen Frauen nach 1945 gestiegen war, die Bildungschancen für Mädchen deutlich verbessert wurden und immer mehr Frauen ein Studium aufnahmen. Die Frauen trugen die Hauptverantortung für die Versorgung des Haushaltes und für die Betreuung der Kinder, dennoch waren sie dem "Familienoberhaupt" nicht gleichgestellt, verdienten in der Regel weniger als Männer und hatten kaum Zugang zu Führungspositionen. In den 1960 er Jahren empfanden Frauen eine zunehmende Ambivalenz gegenüber dieser gesellschaftlichen Realität, die bis hin zu einer eindeutigen Ablehnung patriarchal orientierter Gesellschaftsformen gehen konnte. Auf diesem Hintergrund entstand die Geschichte der neuen Frauenbewegung, die zunächst eng mit der Geschichte der Studentenproteste verknüpft war. Da die männlichen Studienkollegen mehrheitlich nicht bereit waren, frauenspezifische Themen zu duiskutieren, entstanden in den Universitätsstädten vermehrt Frauengruppen bzw. Weiberräte, die mit teilweise spektakulären Aktionen die Öffentlichkeit auf die bestehende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern aufmerksam machen wollten. Von der Öffentlichkeit aufmerksam wahrgenommen und diskutiert war in diesem sozialpolitischen Kontext die Kampagne gegen den § 218 mit Alice Schwarzer an der Spitze. Unter anderen wurde eine Sexualaufklärung gefordert, die sich an den Bedürfnissen der Frau orientiert. Zwar wurde eine Reform des § 218 in der BRD bereits seit längerem von Fachleuten diskutiert, neu war nun, dass sich die Betroffenen selbst, also neben den Studentinnen die Frauen aus allen Schichten an der Entwicklung und Umsetzung der Reformideen beteiligten. Als Erfolg kann die Tatsache gewertet werden, dass die Fristenlösung zur Abtreibung 1976 rechtsverbindlich in Kraft trat.
Zehnte Welle: Frauenopposition in der DDR
In den 1980 er Jahren gelang es den verschiedenen Frauengruppen in der DDR - die vor allem unter dem Dach der evangelischen Kirche organisiert waren - ein neu aufkommenden Frauenbild zu diskutieren und konkret umzusetzen.
Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) unter Erich Honnecker (1971-1989) verstand sich als Avanmtgarde der Arbeiterklasse und als Führunbgspartei, die den real existierenden Sozialismus vollstreckte. Parteiunabhängige Organisationsformen waren verboten und konnten somit nicht an den politischen Willens- und Entscheidunbgsprizessen mitwirken. Erich Honnecker leitete die Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik ein mit Preissubventionen im Bereich des Wohnungs- und Bejkleidungssektors, der Grundnahrung und des Transportwesens, so dass die DDR-BürgerInnen sozial weitgehend abgesichert waren. Sozial und politisch kritische Themen wurden am ehesten in der Kunst (Literatur, Theater- und Kabarettaufführungen) angesprochen.
In den 1880er Jahren gab es unter dem Dach der evangelischen Kirche verschiedene Frauengruppen, die sich für den Frieden, die christliche Botschaft und für eine Liberalisierung der Sexualmoral einsetzten. Frauen für den Frieden verstanden sich als Teil der internationalen Frauenfriedensbewegung und gründeten sich 1982 anlässlich der Verabschiedung eines neuen Wehrdienstgesetzes, demzufolge auch Frauen bei der Mobilmachung für die Aufgaben der Armee herangezogen werden konnten. Sie kritisierten insbesondere die atomare Aufrüstung in der DDR und wandten sich gegen eine Militarisierung der Gesellschaft insbesondere auch bei der Erziehung der Kinder. Aktive Christinnen unterstützen sich gegenseitig bei der Gemeindearbeit und bildeten einen überregionalen Arbeitskreis zur "Feministischen Theologie", dessen Ansätze aus den USA und Westdeutschland in die DDR gelangt waren. Lesbische Frauengruppen, die sich 1982 in Berlin, dann in Dresden sowie Jena gründeten, beteiligten sich zunächst an den gemischt-geschlechtlichen Arbeitskreisen zur "Homosexualität". Gemeinsam mit schwulen Männern gehörte es zu ihren Zielen, den pathologisierenden Sichtweisen auf homosexuelle Beziehungen entgegenzutreten und Personen beim coming-out zu untzerstützen. Schon bald kam es zu einer eigenständigen Organisation lesbischer Frauengruppen, primär motiviert durch das Streben nach einem uneingeschränkten Gedanken- und Erfahrungsaustausch. Neben emanzipatorischen Prozessen im Zuge der Demokratieentwicklung akzentuiert die Lesbenbewegung bis heute die sexuelle Selbstbestimmung der Frau. Das Buch In Bewegung bleiben von Dennert, Leidinger und Rauchhut (Herausgeberinnen) dokumentiert kompetent und ausführlich die Geschichte der Lesbenbewegung, speziell bezogen auf die Politik und Kultur in den letzten 100 Jahre.
Mit der Reformpolitik Michael Gorbatschows, der Öffnung der Grenzen nach Ungarn und dem Fall der Mauer beendete eine friedliche Revolution 1989 die Vorherrschaft der SED. Im gleichen Jahr gründete sich der Unabhängige Frauenverband (UFV), der sich als basisdemokratische feministische Vereinigung verstand. Mit dem Motto "Wer sich nicht wehrt, landet am Herd" wandte sich der UVF gegen ein konservatives Frauen- und Familienbild der BRD in der Befürchtung, dass sich die Wiedervereinigung negativ auf die erreichte wirtschaftliche Unabhängigkeit der DDR-Frauen auswirken könnte. Das kollektive Selbstverständnis der Frauen führte in der Folgezeit zu einer Vernetzung aller Frauengruppen durch regional übergreifende Treffen, Zeitschriften, workshops, persönlichen Bekanntschaften und der Initierung neuer Projekte.
Elfte Welle: Die Frauenbewegung nach der Wiedervereinigung
Unter verschiedenen Ausgangsbedingungen sind die Frauenbewegungen aus beiden deutschen Staaten nach der Wiedervereinigung 1989 zusammengewachsen. Während der feministische Diskurs im Westen unter dem Einfluss der US-amerikanischen Frauenbewegung theoretische Reflexionen z.B. von Simone Beauvoir und Kate Millet aufnahm, standen Frauen im Osten in der sozialistischen Tradition einer Rosa Luxemburg und wurden in der Entwicklung feministischer Ideen mehr von einer fiktionalen Literatur z.B. Irmtraud Morgner und Christa Wolf geprägt.
Konkret durchgesetzt wurde die Neufassung des Artikels 3 im Grundgesetz, in dem sich der Staat zu einer aktiven Gleichstellungspolitik verpflichtete. Die aktive Gleichstellungspolitik bezog sich hauptsächlich auf eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt. Sie war zwar in der DDR- Verfassung schon seit langem verankert, dennoch exisiterte auch in der DDR tendenziell eine traditionelle Aufteilung der Hausarbeit zu Lasten der Frau, die eine möglichst optimale ökonomische Selbstständigkeit behinderte. In beiden Staaten waren diejenigen Frauen, die noch immer traditionelle Rollenmodelle verinnerlichten mit einem "schlechten Gewissen" konfrontiert, wenn sie nicht ihre Leistungsenergie neben dem Beruf hauptsächlich für die Hausarbeit in der Familie einsetzten. Die in der DDR praktizierte Fristenregelung beim Schwangerschaftsabbruch ging bei der Einigung zwar verloren, dennoch blieb als Kompromiss eine Gesetzeslage, nach der bei medizinischer oder kriminologischer Indikation ein Schwangerschaftsabbruch straffrei blieb.
In den 1990 er Jahren institutionalisierte sich die Frauenberwegung in zunehmenden Maße. Wenn auch nicht alle Forderungen der Frauenbewegung in der Gesetzgebung berücksichtigt werden konnten, sind dennoch vereinzelt Erfolge festzustellen: so müssen sich seit 1994 Stellenangebote explizit auch an Frauen richten, 1996 wurde das Gesetz zur Gewalt in der Ehe verabschiedet, demzufolge die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe steht. Auch wurde die Frauenquote im öffentlichen Dienst bei kontroverser Diskussion letztendlich als unverzichtbar erachtet, wenn es darum ging, die gleichberechtigte Partiziaption von Frauen zumindest strukturell zu ermöglichen.
Beim Übergang zu zukünftigen Lebensformen zeichnet sich eine differenziertere Rollenzuschreibung zwischen Frauen und Männern ab, die in der Wahrnehmung einer komplexeren Wirklichkeit grob vereinfachende Rollenmodelle überwindet oder wenigstens relativiert. Die von Judith Butler inspirierte queer- Bewegung konnte sich mit den sog. Gender-Studien bereits als wissenschaftliche Disziplin etablieren.
Zwölfte Welle: Die Zukunft der Frauenbewegung - alte Prioritäten und neue Positionen
In der Retrospektive ist festzuhalten, dass eine gewisse Sensibilisierung für die Vielschichtigkeit von Menschenwürde bezogen auf das weibliche Geschlecht in Europa weitgehend erreicht sein dürfte. Die Überwindung von teilweise perfiden Diskriminierungsformen-und strukturen sowie die konsequente Umsetzung des Gleichberechtigungsprinzips in all seinen Facetten bleibt jedoch eine der größten Herausforderungen der Frauenbewegung auf internationaler Ebene. Im Unterschied zur Vergangenheit ist es schwierig, eine klassifizierbare Bewegung zu orten. In den 1990er Jahren bildeten sich vorwiegend in sozialen Brennpunkten Beratungsstellen für hilfesuchende Frauen mit einem hohen Grand an Professionalisierung. Dadurch konnten Klientinnen zwar besser versorgt werden, doch wurden durch dieses Engagement Kräfte verbraucht, die dem Prozess der politischen Vernetzung fehlten. Inzwischen wird dieser Vorgang als "Versozialisierungsarbeit" der Bewegung erkannt. Letzters verhinderte nicht, dass sich heutige Feministinnen einer Vielzahl von Herausforderungen stellen und dabei sowohl die Machtstrukturen von Institutionen nutzen wie auch internationale Verbindungen erweitern und festigen.
Aktuell wird die Arbeitssituation von Frauen in den EU-Gleichstellungsberichten unter die Lupe genommen. Gleicher Lohn für gleichwerige Arbeit umschreibt die Forderung auf der Basis folgender Fakten: Frauen in Europa verdienen durchschnittlich 15 Prozent weniger als Männer für diegleiche Arbeit. Zudem sind Arbeitnerhmerinnen mit 29,6 Prozent im Niedriglohnsektor oftmals unter unwürdigen Arbeitsbedingungen beschäftigt.
Auch wenn noch immer 50 Prozent der Mädchen sogenannte typische Frauenberufe wie Arzthelferin, Friseurin oder Hotelfachfrau - also Berufe mit geringem Lohn und niedriger sozialer Anerkennung - wählen, so zeigt die Initiative "Girls Day" bereits erste Erfolge mit der Zielsetzung, Mädchen vermehrt für besser bezahlte Berufe in Industrie und Handwerk zu interssieren. Derzeit gehen noch die meisten heranwachsenden Frauen davon aus, dass sie im wesentlichen diejenigen sein werden, die den Konflikt der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familie zu lösen haben. Und so bleibt die Realisation einer gleichberechtigen Entwicklungs- und Partiziaptionmöglichkeit in allen wichtigen Lebensbreichen eine Priorität der Frauenbewegung in Deutschland und Europa. Konkret sind Frauen in Europa aufgrund der Benachteiligungen im Erwerbsleben in zunehmenden Maße von Altersarmut betroffen. Es gehört zu den durchaus realisierbaren Visionen feministischer Grundpositionen, Frauen nicht nur aus der Benachteiligung herauszuholen, sondern weit darüber hinaus wirtschaftlich instandzusetzen, eigeninitiativ- und verantwortlich an der Lösung weltweiter Probleme wie Armut, Hunger, Menschenrechtsverletzungen, Seuchen, Terror und organisierter Kriminalität entscheidend mitzuwirken.
Der vorliegende Text bezieht sich hauptsächlich auf die Veröffentlichungen der Historikerinnen Dr. Mechtilde Vahsen, Dr. Kerstin Wolff , Dr. Annika Wilmers, Dr. Anja Schüler, Prof. Dr. Leonie Wagner, Dr. Elke Schüller, Dr. Corinne Bouillot, Dr. Florence Hervé, Dr. Susanne Hertrampf, Dr. Eva Sänger, Melanie Stitz und Dr. Mithu Melanie Sanyal.