Burgruinen
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Christian Truchseß von Wetzhausen
Schloß Bettenburg ist von 1343 bis heute im Besitz der Truchsesse von Wetzhausen. Im Bauernkrieg 1525 zerstört, wurde das Schloss völlig neu wiederaufgebaut. Christian Freiherr Truchseß von Wetzhausen war wohl ihr berühmtester und vielleicht auch liebenswertester Bewohner.
Der “Baron” wurde 1755 im nahen Schloss Bundorf geboren. Aufgrund einer eher nachlässigen Erziehung durch Hauslehrer verfügte er mit knapp 20 Jahren über eine nur lückenhafte Bildung. Doch schon bald führten gelehrte Freunde Wissen und Bildung an den interessierten jungen Mann heran. Im Militärdienst galt er als verwegener Ritter, quittierte den Dienst aber schon nach zwölf Jahren im Rang eines Majors.
Von 1786 an widmete sich Christian von Wetzhausen ganz dem Ausbau seiner Bettenburg. Er ließ den alten Wohnbau zum Schloss umgestalten, benannte Zimmer nach Goethe, Schiller, Lessing oder Wieland und ließ eine Bibliothek einbauen, die jedermann zur Verfügung stand.
1789 ließ er den nahegelegenen Landschaftspark anlegen. Entsprechend dem Zeitgefühl einer Vergangenheitssehnsucht und leichten Mittelaltereuphorie schmückte er den Park mit einer künstlichen Burgruine, einem Minnesängerplatz, Ritterdenkmälern und vielen Steinen mit Sinnsprüchen. Daneben dachte er durchaus praktisch und ließ vorbildlich Gärten und Obstbäume anlegen. In einem 1819 erschienenen Lehrbuch beschreibt er nicht weniger als 441 Kirschsorten, was ihm bei den Bauern den Spitznamen “Kirchenbaron” oder “Kirchentruchseß” einbrachte.
Der “Bettenburger Tafelrunde”, die er um 1800 gründete, gehörten illustre Mitglieder an wie die Dichter Gustav Schwab, Jean Paul, der Homer-Übersetzer Heinrich Voß, der Sagensammler Ludwig Bechstein, der Komponist Louis Spohr und der Freiherr Friedrich de la Motte Fouqué. Die Gastfreundschaft des Christian von Truchseß ist wohl “schrankenlos” gewesen. Heinrich Voß beschreibt ihn mit folgenden Worten: “Ich fand einen der köstlichsten Menschen, die je auf Erden lebten, den Ritter Truchseß von der Bettenburg… Er ist, wie ich mir die hochherzigen Ritter vor dreihundert Jahren denke,- ein wahrer Nachhall aus jener Zeit der Treue und der altdeutschen Herzlichkeit…”
Berühmtester Gast der Tafelrunde war der Dichter Friedrich Rückert. Rückert hatte auf der Bettenburg “Heimatrecht” und bewohnte in jungen Jahren oft wochenlang ein Zimmer mit der stimmungsvollen Aussicht auf die Haßberge.
Schöne Ausblicke dieser Art konnte der Schlossherr selbst nicht mehr geniessen. Mit etwa 50 Jahren befiel ihn ein Augenleiden, das ihn nahezu ganz erblinden ließ. Hinzu kam eine zunehmende Taubheit. Im Jahre 1826 stirbt Christian Freiherr Truchseß von Wetzhausen, Nachkommen hatte er keine. Seine Bauern hatte er früher als andere aus der Hörigkeit freigegeben und stets auf vielfältige Weise für sie gesorgt.
Eine überlieferte Anekdote gibt uns Aufschluß über sein soziales Empfinden und Handeln:
“Der Baron geht täglich im neu angelegten Landschaftspark spazieren. Eines Tages begegnet ihm eine alte Frau in gebeugter Haltung mit Brennhölzern auf dem Rücken. Er fragt sie: warum schleppen sie so viel Holz, wäre es nicht bequemer, wenn sie öfters hierherkommen und immer nur eine kleine Portion Holz mitnehmen. Darauf die alte Frau: Das traue ich mich nicht. Sie müssen wissen, das Holz gehört dem Baron und ich habe Angst davor, dass er mich entdeckt beim Wegschleppen seines Holzes. In diesem Moment kommt ein Bauer mit seinem Wagen vorbei und sagt laut: Guten Tag, Herr Baron!
Darauf der Baron: Würden Sie bitte die ältere Dame nach Hause fahren, sie hat soviel Holz zu schleppen.”
Sebastian von Rotenhan -- der gelehrte Ritter
Die Herren von Rotenhan sind die einzige Adelsfamilie, die seit 1229 ihren Sitz in den Haßbergen hat.
Ihre Stammburg wurde 1324 geschleift zu einem Zeitpunkt, als Wolfram von Rotenhan unter dem Druck des Würzburger Bischofs Urfehde schwören mußte gegen den rebellischen Reichsritter Wilhelm von Grumbach.
Das berühmteste Mitglied der Familie ist Sebastian von Rotenhan. Eine Bronzetafel in der Würzburger Marienkapelle zeigt sein Wappen und sein Brustbild. Nach übereinstimmender Meinung seiner Zeitgenossen war Sebastian von Rotenhan “gleich hervorragend in der Führung der Feder und des Schwertes”.
Geboren ist Sebastian von Rotenhan am 13. Januar in Rentweinsdorf, im Baunachgrund; er wurde hineingeboren in die Umbruchszeit des ausgehenden Mittelalters, des heraufkommenden Humanismus und der Reformation. Der junge Rotenhan studierte in Erfurt, Ingolstadt und Bologna, beherrschte vier Sprachen und erwarb in Siena den Doktorgrad beider Rechte. Er erweiterte seine Studien der Zeit entsprechend durch Reisen, die ihn zwischen 1512 und 1515 in zwölf verschiedene Länder führte bis hin nach Jerusalem. Dort wurde er in den Orden vom Heiligen Grab aufgenommen.
In die Heimat zurückgekehrt, bekleidete Sebastian von Rotenhan nach kurzem Dienst in Mainz ab 1521 am Hochstift Würzburg die Ämter des Hofmeisters und dann auch das des Hofmarschalls. Bereits 1520 veröffentlichte er ein Büchlein mit geografischen Namen, von ihm stammt auch als Kartograf die erste Karte des Frankenlandes, außerdem förderte er die Herausgabe von Chroniken und Geschichtsbüchern anderer Autoren. Sebastian von Rotenhan war für die damalige Zeit umfassend humanistisch gebildet.
Im Bauernaufstand von 1525 aber wurde er zum Mann des Schwertes. Als Fürstbischof Konrad von Thüringen sein Residenzschloß in Würzburg verließ, leitete Sebastian von Rotenhan den Abwehrkampf auf der Marienburg gegen die Belagerer. Nur durch sein strategisches Geschick und seine persönliche Tapferkeit konnte der Abwehrkampf erfolgreich verlaufen. So blieb das Symbol der bischöflichen Macht und Herrschaft erhalten. In Würzburg ist die Rotenhanstraße nach ihm benannt. Gleichzeitig wurde seine eigene Burg in Rentweinsdorf nach längerer Belagerung am 24. April 1525 von den Bauern eingenommen. Für die Schäden, die sie anrichteten, bekam er später aus der bischöflichen Entschädigungskasse 9758 Gulden.
Sebastian von Rotenhan hatte im Verlauf seines Lebens die höchste Stufe der Ritterwürde erlangt und war im Kontakt mit den kulturellen, wissenschaftlichen und politischen Größen seiner Zeit. Am 10. Juli 1532 starb der unverheiratet gebliebene Sebastian von Rotenhan in Rentweinsdorf und wurde in der damaligen Schloßkapelle begraben.
Götz von Berlichingen
Erst der junge Goethe holte den “rauflustigen Ritter mit der eisernen Hand” wieder aus der Vergessenheit, als er ihm nämlich ein Drama widmete. Goethe pries ihn als Muster eines tapferen Ritters, edel in seiner Freiheit, gelassen und treu im Unglück. In Wirklichkeit war Götz von Berlichingen ganz anders: Söldner, Raubritter, Bauernführer, Abenteurer - und häufig Gefängnisinsasse.
Götz war bei seinem ersten Feldzug erst 17 Jahre alt. Er kämpfte im Dienst des Kaisers, doch schon bald hatte der schwäbische Ritter genug vom Kriegsdienst. Gemeinsam mit seinem Bruder schloß er sich einem Raubritter an, der seinen Lebensunterhalt durch Weglagerei, Plünderungen und Geiselnahmen verdiente.
In dieser üblen Gesellschaft hätte man ihn beinahe gefangen genommen. In letzter Sekunde rettete er sich auf die Burg eines Verwandten. Anschließend trat er wieder in den Dienst von Markgrafen und Herzogen. Bei einem der Kämpfe geschah etwas, das Götz von Berlichingen als “Ritter mit der eisernen Hand” in ganz Deutschland bekannt machte. Der Schuss aus einer Feldkanone zerschmetterte seine rechte Hand, die amputiert werden mußte. Von einem Dorfschmied ließ sich Götz eine eiserne Prothese anfertigen, die als technische Meisterleistung gilt. Die Prothese konnte durch ein System von Federn und Zahnrädern so bewegt werden, dass sich die Finger einzeln krümmen ließen. Normalerweise bestanden Armprothesen damals aus einem schlichten Metallhaken zum Greifen von Gegenständen. Götz konnte nun wieder zum Schwert greifen und am Kriegsleben teilnehmen.
Während der folgenden Jahre focht er 15 Fehden in eigener Sache aus und leistete “guten Freunden” Hilfe gegen Beute und Lösegeld. Als er eines Tages 95 Kaufleute überfiel, wurde er durch den Kaiser geächtet. Von dieser Acht losgekauft, nahm Berlichingen einen Grafen in Gefangenschaft, um Lösegeld zu erpressen - wieder verfiel er in Ächtung. Doch mit bemerkenswerter Frechheit setzte er sein Treiben fort, bis er von einer kaiserlichen Truppe überwältigt wurde. Als Strafe für seine Missetaten schmorte er drei Jahre lang im Kerker, bis ihn der befreundete Ritter Franz von Sickingen freikaufte. Götz mußte “Urfehde” schwören, d.h. unter Eid auf jede Fehde verzichten. Er zog sich auf seine Stammburg zurück.
Im Frühjahr 1525 brach der große dt. Bauernkrieg aus. Als ein bedeutendes Bauernheer an seiner Burg vorbeikam, ließ er sich als Hauptmann aufnehmen. Auch wenn er es später anders darstellte - der alte Raufbold übernahm sicher gern die Rolle des Anführers. Allerdings merkte Götz rasch, dass die Bauern wenig Disziplin hatten und recht unerfahren in der Kriegsführung waren. Schon bald hatte er genug von den chaotischen Kämpfen und verließ den Bauernhaufen unter einem Vorwand ausgerechnet in der Nacht vor einer entscheidenden Schlacht. Er begab sich zurück in seine Burg. Nachdem es ihm dort zu langweilig wurde, zog er wieder los und geriet bei kriegerischen Auseinandersetzungen erneut in Gefangenschaft. Zwei weitere Jahre im Kerker folgten, dann entließ man ihn gegen das Versprechen, den Umkreis seiner Burg nicht mehr zu verlassen. Götz, mittlerweile 50 Jahre alt und Vater von zehn Kindern, war etwas ruhiger geworden und blieb zu Hause.
Als aber Kaiser Karl V. gegen die Türken nach Ungarn zog, hielt es den Ritter mit der eisernen Hand nicht länger zu Hause. Er marschierte mit und kämpfte auch im Feldzug gegen die Franzosen. Im Alter von 82 Jahren endete sein abenteuerliches Leben, das keineswegs dem christlichen Ideal eines edlen Ritters entsprach, auch wenn sogar Martin Luther dieses idealisierte Bild von ihm entworfen hatte.
Nach seinem Tod geriet Götz von Berlichingen in Vergessenheit, bis Goethes Drama die Erinnerung an sein Leben weckte. Goethe, damals noch jung und unbekannt, suchte nach aufsehenerregenden Inhalten. Das berühmte Zitat durfte schon bald nicht mehr im Original gedruckt werden, doch wir wollen es hier noch einmal im originalen Wortlaut wiedergegeben: “Sag deinem Hauptmann: vor ihrer kaiserlichen Majestät hab`ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag`s ihm, er kann mich im Arsch lecken”.
Regionales
Der Grumbacher Händel mit Wilhelm von Stein
Vorbemerkung
Als Folge der Hussitenkriege wurden fast alle Burgen der Haßberge zusätzlich verstärkt.
In Altenstein entstand u.a. der Zwinger mit seinen vier Türmen, von denen der nordwestliche später (1567) erneuert wurde. Am 14. Mai 1525 zerstörte und plünderte im Verlauf des Bauernkrieges ein Bauernhaufen, der sog. Weisachhaufen, die Burg.
1567, im gleichen Jahr als sich Wilhelm von Stein während der sog. “Grumbacher Händel” gegen das Hochstift Würzburg stellte und daraufhin enthauptet wurde, ließ Wolf Dietrich von Stein die beschädigten Baulichkeiten der Burg instand setzen.
Die Grumbach sind ein altes Adelsgeschlecht in der Nähe von Würzburg. Die Grumbacher Händel sind mit dem Namen des Reichsritters Wilhelm von Grumbach verbunden. Es war noch immer die Zeit des wilden Fehdewesens im Spätmittelalter, einer Zeit ständiger Kämpfe um Macht und Einfluß zwischen oft und schnell wechselnden Bündnispartnern. Auch und gerade die kirchlichen Würdeträger kümmerten sich keineswegs nur um ihre seelsorgerischen Aufgaben, sondern kämpften höchst weltlich als Fürsten um Erhalt und Vergrößerung ihrer Territorialmacht. Die Fürstbischöfe von Bamberg und Würzburg taten sich dabei besonders hervor.
Wilhelm von Grumbach,
der um Würzburg viele Güter besaß und ein Schwager, des adligen Ritters Florian Geyer war, stand zunächst im Dienst des Würzburger Bischofs Konrad von Bibra. Als dieser starb, verweigerte sein Nachfolger, der Fürstbischof Melchior von Zobel die von Konrad zugesagten Legate. Aus diesem Streit um das Vermächtnis entwickelten sich jahrelange Kleinkriege, die als “Grumbacher Händel” in die Regionalgeschichte eingegangen sind.
Wilhelm beschloss, sich zu rächen und trat in den Dienst des gefürchteten Albrecht Alcibiades, der im Markgrafenkrieg 1553 den Baunachgrund, und hier insbesondere die Würzburger Besitzungen schrecklich verheerte.
Wilhelm wurde Statthalter in Kulmbach und holte seinen Freund Wilhelm von Stein zu sich, betreute ihn mit der Stelle eines Oberamtmannes in Königsberg, dann eines fürstlich-brandenburgischen Rates, schließlich wurde er Kriegsobrist. Nach vielen wechselvollen Kämpfen kam es unter Kaiser Karl V. (1519-1556), der in Deutschland seinen Bruder Ferdinand mit der Regentschaft beauftragt hatte, 1552 zum Frieden von Passau, der 1555 zum Religionsfrieden von Augsburg führte. Im selben Jahr erklärte der Kaiser alle Verträge mit dem Markgrafen Albrecht für nichtig und der Würzburger Fürstbischof Melchior beeilte sich, dem zu entsprechen.
Daraufhin beschloss Wilhelm von Grumbach, den Würzburger endgültig zu liquidieren. Am 15. April 1558 kam es zum Fürstenmord von Würzburg. Man lauerte dem Fürstbischof am Fuße des Marienberges in Würzburg auf, dort wurde er überfallen und ermordet. Wahrscheinlich war Wilhelm von Stein nicht direkt am Mord beteiligt, doch unter den Attentätern soll sich ein Vertrauter von ihm befunden haben, dem er auf seiner Burg Altenstein eine Wohnung gewährt hatte.
Als Fürstbischof Friedrich von Wirsberg, der Nachfolger Melchiors von Zobel eine gründliche Untersuchung der Bluttat einleitete, flüchteten Wilhelm von Grumbach und Wilhelm von Stein zum Herzog von Sachsen, der sie bereitwillig aufnahm. Sie sammelten Truppen und zogen gegen Würzburg, gegen den Fürstbischof; es kam zu Plünderungen und Übergriffen.
Im Reich galten sie nun als Landfriedensbrecher. Aus ihrer Sicht wiederum kämpften sie nur um ihr gutes Recht.
Beide wurden 1563 mit der Reichsacht belegt. Grumbach versuchte in den folgenden Jahren, seine Ziele weiter zu verfolgen. Wilhelm von Stein stand ihm dabei stets zur Seite.
1563 wurden die Kämpfe endlich durch einen Vertrag beendet. Doch der Bischof kündigte den nach seiner Meinung erzwungenen Frieden wieder auf und Kaiser Maximilian (1564-1576) erklärte erneut die Reichsacht, belagerte Gotha und nahm die Geächteten in Gefangenschaft.
Den Reichsverrätern um Grumbach wurde ein viertägiger strenger Prozeß gemacht. Am 18. April 1567 wurden sie auf dem Marktplatz zu Gotha hingerichtet. Der schon 64-jährige Grumbach galt als Haupttäter. Weil er kurz vor seiner öffentlichen Vierteilung bei lebendigem Leib noch erklärt hatte, dass er den Wilhelm von Stein zu all den Taten “verführt” habe, wurde Wilhelm von Stein begnadigt. Seine Begnadigung bestand darin, dass er vor der öffentlichen Vierteilung enthauptet wurde.
Die Grumbach`schen Händel sind ein deutliches Beispiel für die Krise, die der niedere Reichsadel mit der beginnenden Neuzeit durchmachte. Personifiziert in Wilhelm von Grumbach und Wilhelm von Stein hatte sich der niedere Adel noch einmal - wenn auch vergeblich- gegen die entstehende Gesellschaftsordnung aufgebäumt.
Wilhelm von Stein war verheiratet. Einer seiner Söhne, Sebastian, führte das Altensteiner Geschlecht fort. Mit ihm schloss Fürstbischof von Wirsberg 1569 wieder einen Belehnungsvertrag ab.
Markgrafenkrieg
Versuch der Markgrafen, ihren Einfluß in Franken auszuweiten. Neben der Bekämpfung des Katholizismus, der durch die Plünderung der Hochstifte auch lukrativ war, ging es den Markgrafen (z.B. Albrecht Alcibiades) im Wesentlichen um die Vergrößerung ihres Einflußbereiches. Sie brachten damit viele Fürsten gegen sich auf. Schon einmal von Kaiser Karl V. mit der Reichsacht belegt, unterlagen die Markgrafen nach vielen Kämpfen ihren Verteidigern.
Hexenverbrennung und der Zeiler Hexenturm
Ein Tanz wie ein wilder Höllenritt, so stellte man sich früher den Hexensabbat vor, bei dem Menschen einen Pakt mit dem Satan schlossen. Und verdächtige Frauen mussten brennen. In einem der blutigsten Kapitel unserer Geschichte hat der Hexenwahn zwischen 1430 und dem Ende des 18. Jahrhunderts ca. 50.000 bis 60.000 Menschenleben gekostet.
Am grausamsten wütete der Wahn mit rund 25.000 Opfern auf deutschem Boden. Ein weiterer Schwerpunkt lag mit rund 8.000 Opfern in Polen während Spanien, Portugal und Italien weitgehend vom Phänomen der Hexenverfolgung verschont blieben.
Bezüglich der Opfer hat die moderne Hexenforschung allerdings ein Vorurteil widerlegt. Es waren nicht nur alte Kräuterweiblein, die man aus ihrer Hütte auf den Scheiterhaufen schleppte. Es konnte auch eine schöne Patriziertochter kurz vor der Hochzeit mit einem Adligen treffen. Beispielsweise landeten in Bamberg Anfang des 17. Jahrhunderts ganze Familien der Oberschicht auf dem Scheiterhaufen. Arme und Reiche, Frauen, aber auch Männer und Kinder fielen der Brutalität der Hexenjustiz zum Opfer. Machtbesessene Kirchenfürsten und scheinbar pflichtbewusste Beamte bekämpften gnadenlos ein Verbrechen, dessen Existenz schon damals unter Gelehrten umstritten war. Doch gab tief verwurzelter Aberglaube in bestimmten Teilen der Bevölkerung - verbunden mit menschlicher Niedertracht, Bespitzelungen und Denunziationen - den Verfolgern den nötigen Rückhalt.
Wer steckte eigentlich hinter diesem Grauen?
Es war nicht nur die kirchliche Inquisation, auch weltliche Gerichte führten Hexenprozesse. Die Willkür der Menschenverachtung und des Machtmissbrauchs ging nicht selten von kleinen Fürsten und Landesherren aus, die im Flickenteppich deutscher Zwergstaaten unter Einschüchterung der Bevölkerung nach Macht strebten.
In seinem Roman “Die Hexe von Zeil” erzählt Harald Parigger auf der Basis gründlicher Recherchen anschaulich die Dramatik der damaligen Ereignisse um 1627:
Bamberg. In den süddeutschen Bistümern hat die Hexenverfolgung unvorstellbare Ausmaße angenommen. Eines Tages muss die Tochter des Bürgermeisters von Zeil am Main miterleben, wie nach ihrer Mutter auch der Vater der Hexerei angeklagt, eingekerkert, gefoltert und getötet wird. In ihrer grenzenlosen Verzweiflung kämpft die Tochter um das Leben ihres Vaters - wenn auch vergeblich- und wird schließlich selbst der Hexerei angeklagt und ins Gefängnis nach Zeil gebracht…
Dokumentationszentrum Zeiler Hexenturm
Das althistorische Städtchen Zeil am Main war im Verlauf des 17. Jahrhunderts im Auftrag des Hochstifts Bamberg Richtstätte großer Hexenverbrennungen. Eine Dokumentation im Originalschauplatz Stadtturm sensibilisiert die Besucher für dieses komplexe Thema.
2011 eröffnete die Stadt Zeil am Main in einem sanierten Stadtturm das Dokumentationszentrum Zeiler Hexenturm, in dem die Geschichte der Hexenverfolgung anschaulich dargestellt wird. Im ersten Obergeschoss des Zeiler Hexenturms ist eine Dauerausstellung eingerichtet, die dem Besucher allein schon durch die räumliche Inszenierung wie auch durch den Einsatz audiovisueller Mittel emotionale Impulse gibt für ein besseres Verständnis der damaligen Hexenverfolgung. Die Überreste eines Kerkers aus der Zeit der Hexenverfolgung sind ebenfalls zu besichtigen.
Die Dokumentation im Originalschauplatz basiert auf der wissenschaftlich fundierten Aufarbeitung zahlreicher Dokumente, zu denen das Tagebuch des Johann Langhans gehört. "Und die Sonne war dunkel und hat traurig geschienen...in diesem Jahr 1617 am 6. Martii hat man den Brand an den anderen Unholden getan, die Namen sind ...(Tagebuch des Johann Langhans). Namentlich dokumentierte Anklagen, Geständnisse und Urteile aus dem Tagebuch lassen Einzelschicksale für den heutigen Besucher lebendig werden. Am 26 November 1616 brannte der Scheiterhaufen in Zeil zum ersten Mal für die Hinrichtung von neun Frauen, die zuvor geköpft wurden. Wenig später berichtete der spätere Zeiler Bürgermeister Johann Langhans ausführlich von weiteren Bränden, bis er 1628 selbst der Hexerei angeklagt, mit Daumenstock und Spanischem Stiefel gefoltert und anschließend hingerichtet wird. Erst als die schwedische Armee 1631 vor Zeil stand, fanden die Hexenprozesse endgültig ein Ende.
Zeiler Hexenturm
Obere Torstraße 14
97475 Zeil am Main
Tel.: 09524 949-861 E-Mail: hexenturm@zeil-am-main
D i e H u s s i t e n k r i e g e -
D e r D e u t s c h e B a u e r n k r i e g -
D e r D r e i ß i g j ä h r i g e K r i e g
Die Hussitenkriege
Die Hussitenkriege tobten von 1419-1436 vor allem in Böhmen und Süddeutschland, ausgelöst durch die Verurteilung des böhmischen Theologen und Reformators Jan Hus auf dem Konstanzer Konzil und seine dort 1415 unmittelbar erfolgende Verbrennung als Ketzer.
Nach seinem Tod entwickelte sich in Böhmen eine Stimmung religiöser, antikleraler und nationaler Erregung - die Hussitenbewegung - die sowohl von Teilen des böhmischen Adels wie auch von der Mehrheit der Bevölkerung Böhmens mitgetragen wurde. Bei den nachfolgenden kriegerischen Auseinandersetzungen handelte es sich aber nicht um eine blutige Deutschlandverfolgung; die Hussitenkriege begründeten sich vielmehr in den sozialen Misständen sowie in dem Verlangen nach einer durchgreifenden Kirchenreform.
Die Hussiten formierten sich zu einem schlagkräftigen Heer und plünderten in den 1420er und 1430er Jahren bevorzugt kirchliche Plätze in Sachsen, Thüringen, Franken, Oberpfalz und Niederbayern. Das Kerngebiet der Hussitenbewegung lag im Landesinneren von Böhmen mit der stark befestigten Stadt Tobor als Zentrum.
Die besorgten und beunruhigten Bischöfe von Bamberg, Würzburg und Eichstätt reagierten, indem sie ihre Burgen, Städte, Märkte und Kirchen stärker befestigen ließen.
In den Haßbergen blieben bei Altenstein (Frontzwinger mit Doppelturmtor), Raueneck, Lichtenstein, Königsberg und mit der Stadtmauer Zeil am Main anschauliche Beispiele hussitenzeitlicher Neubefestigungen erhalten, übertroffen nur von dem Zwinger der Veste Coburg. Spezielle Schießscharten für Hakenbüchsen wurden entworfen und der Hakenbüchsenturm von Lichtenstein entstammt exakt aus jener Zeit.
Anmerkungen zum Feudalismus und dem Fehdewesen
Feudalismus
Die feudale Gesellschaft entstand im Frühmittelalter. Sie entwickelte sich im Reich der Franken, als eine vormals freie Bauernschaft durch ständige Kriege und Invasionen ökonomisch so stark beeinträchtigt wurde, dass sie teilweise freiwillig in die Abhängigkeit des Landesherren bzw. Grundbesitzers ging.
Dies bedeutete im Lauf der Zeit, dass die Bauern an die Scholle - das zu bestellende Land - gebunden waren und es nicht verlassen durften. Sie waren der Rechtssprechung ihrer Herren unterworfen und schuldeten dem Grundherren Abgaben in Form von Arbeitsleistungen (Frondienst) wie auch in Form von Naturalabgaben. Im Gegenzug schuldete der Grundherr dem Bauern Schutz vor Angreifern, was angesichts des Fehdewesens für die Bauern von großer Bedeutung war.
Fehdewesen
Im Frühmittelalter hatten die Familienangehörigen die Pflicht, den Totschlag oder die Beleidigung eines Angehörigen ihrer Sippe mit Waffen zu rächen. Der Totschläger oder dessen Verwandte konnten den drohenden Fehdekrieg verhindern, indem sie einen Teil ihres Viehbestandes anboten oder Geldbuße leisteten.
In einem Schriftstück von etwa 802 n Chr. wurde festgehalten, wie die Höhe des Bußgeldes von der begangenen Tat abhängig war: so steht es z.B. geschrieben: “Wenn jemand einem anderen ein Ohr abschlägt, büße er 12 Schillinge”. Für einen Schilling konnte man sich zu Beginn des 9. Jahrhunderts ein einjähriges Rind kaufen.
Oftmals waren die Verwandten des Ermordeten zu stolz, um sich ihr Racherecht mit Geld abkaufen zu lassen. Und so konnte ein Totschlag zu einer langjährigen Fehde zwischen zwei Familien führen, die vielen Menschen das Leben kostete. Hauptleidtragende dieser Auseinandersetzungen waren nicht nur die streitenden Familien, sondern immer wieder auch unbeteiligte Bauern und ihre Familien, denen man die Felder verwüstete, das Vieh raubte oder tötete und deren Häuser, Scheunen und Ställe anzündete.
Die Könige verloren durch das Fehdewesen nicht nur ihre Kämpfer, sondern mussten mit ansehen, wie ganze Landstriche zerstört wurden. So ist es verständlich, dass schon bald ein völliges Fehdeverbot ausgesprochen wurde, doch es dauerte lange, bis die kriegerische Selbstjustiz aufhörte.
Der große dt. Bauernkrieg 1525/26
Der Aufstand der Bauern gegen ihre jeweiligen Herrschaften ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen .
Im 13./14. Jahrhundert konnte die Landbevölkerung eine verhältnismäßig gute wirtschaftliche Situation erreichen. Doch im 15./16. Jahrhundert wuchs der Druck auf die Bauern durch zunehmenden Einforderungen an Frondiensten wie auch an Naturalabgaben. Die Hauptlast zur Aufrechterhaltung der Feudalgesellschaft trugen also die Bauern. Nun verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der Bauern rasch ebenso wie die der Handwerker.
Die Kämpfe zwischen Bauern und Fürsten fanden vor allem in Regionen mit zersplitterten Machtstrukturen statt, z.B. in Franken und im Schwabenland. Das Streben der weltlichen wie auch der kirchlichen Fürsten nach eigenen kleinen Territorialstaaten nahm zu und in diesem Zusammenhang forderten sie die vollständige Untertänigkeit nicht nur der Bauern und der städtischen Bürger, sondern auch die des niederen Adels. Die Ursache für die Bauernaufstände war im wesentlichen die regional unterschiedlich ausgeprägte Unterdrückungsstruktur einerseits und andererseits das Verlangen der betroffenen Schichten nach mehr Selbstbestimmung.
In der Abwehr der fürstlichen Machtansprüche kam es immer wieder zu Koalitionen zwischen den Städten, den Bauern und vereinzelt wirkte auch der niedere Adel bei den Kämpfen mit. Insgesamt waren 80-90% der Gesamtbevölkerung von den Repressalien betroffen. So kam es zu einer regelrechten Massenbewegung, die aber immer wieder von den Machtinhabern niedergeschlagen werden konnte, weil den Bauern eine gut organisierte überregionale Führung fehlte.
Verlauf des Bauernkrieges
1524 verdichteten sich die Konflikte und eine Entladung der angestauten Wut rückte in greifbarer Nähe. Es bildeten sich regional begrenzt agierende Bauernhaufen. Luther ermahnte die Bauern zur Ruhe während der Prediger und Bauernführer Thomas Müntzer die Bauernaufstände verteidigte. Weitere bekannte Bauernführer waren der Adlige Florian Geyer und Götz von Berlichingen.
Im Jahre 1525 überschlugen sich dann die Ereignisse. Vor allem in Süddeutschland und Thüringen tobte der große dt. Bauernkrieg. Die Bauern plünderten und zerstörten Schlösser, Burgen und Klöster. Diese Kampfhandlungen dauerten nur wenige Wochen. Wie im Weisach-Baunachgrund der fränkischen Haßberge werden die Bauernhaufen fast überall von der besser bewaffneten staatlichen Armee geschlagen. Die Aufstände brechen zusammen und ein Blutgericht folgt dem nächsten.
Die Folgen für die Aufständigen sind hart: die Überlebenden fallen automatisch in die Reichsacht, d.h. sie verlieren ihre staatsbürgerlichen Rechte. Die Anführer werden mit dem Tode bestraft. Ganzen Gemeinden werden Rechte aberkannt, weil sie die Bauern unterstützt haben. Feste werden verboten, Stadtbefestigungen geschleift, alle Waffen sind abzuliefern und abends dürfen keine Dorfschenken mehr besucht werden.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen durch den Verlust von mindestens 100.000 Bauern (manche Quellen sprechen von 130.000) sind enorm und sorgen dafür, dass in Deutschland auch politisch Vieles still steht und im Dreißigjährigen Krieg zum Spielball verschiedener Mächte wird.
Der Dreißigjährige Krieg (1618 - 1648)
Im 30-jährigen Krieg wurde Deutschland zum Spielball europäischer Staaten, die um ihre Unabhängigkeit und Machterweiterung kämpften.
Im Vorfeld des Krieges hatte sich in Europa ein vielfältiges Spannungsfeld aus politischen, dynastischen und konfessionellen Gegensätzen aufgebaut. Im Wesentlichen gab es drei Konflikträume: Westeuropa, Oberitalien und der Ostseeraum. In Westeuropa und Oberitalien wurden die dynastischen Konflikte zwischen Habsburg und dem französischen König ausgetragen während im Ostseeraum zwei Reiche mit Großmachtambitionen - Dänemark und Schweden - um die Vorherrschaft kämpften.
Kriegsverlauf
Eigentlicher Auslöser des Krieges war der Ständeaufstand in Böhmen von 1618. Er hatte seine Wurzeln im Streit um den Majestätsbrief, der 1609 von Kaiser Rudolf II. ausgestellt wurde und den böhmischen Ständen Religionsfreiheit zusicherte. Sein nachfolgend regierender Bruder erkannte den Majestätsbrief bei Regierungsantritt zwar an, versuchte aber, die Zugeständnisse an die böhmischen Stände wieder rückgängig zu machen.
Als der nachfolgende Kaiser die Schließung einer evangelischen Kirche anordnete und obendrein die Ausübung der evangelischen Religion verbot, stürmten am 23. Mai mit Degen und Pistolen bewaffnete Adelige die Prager Burg. Am Ende der hitzigen Diskussion mit den kaiserlichen Stellvertretern wurden diese aus dem Fenster geworfen (Zweiter Prager Fenstersturz).
Im Zuge der Gegenreformation verschärfte sich dann der Religionsstreit. Aus den konfessionellen Gegensätzen und dem politischem Konflikt zwischen der Habsburgermonarchie und den Ständen entwickelte sich ein europäischer Religions- und Staatenkonflikt, der auf deutschem Boden ausgetragen wurde und an dem Frankreich, Spanien, Dänemark und besonders Schweden beteiligt waren.
Beunruhigt durch die kaiserliche Machtstellung an der Ostsee griff Gustav II. Adolf von Schweden in den Krieg ein. Sein Vorstoß nach Süden führte zu Wallensteins erneuter Berufung. In der Schlacht bei Lützen fiel der Schwedenkönig 1632. Wallenstein wurde wiederum abgesetzt und 1634 in kaiserlichem Auftrag ermordet.
Frankreich, schon seit langem Geldgeber Schwedens, griff nun in den Krieg ein, um die Übermacht des Hauses Habsburg zu begrenzen. In Richelieus Auftrag wurde ein Heer aufgestellt. Doch keiner Seite gelang es, die Kämpfe militärisch zu entscheiden. So führte die allgemeine Erschöpfung schließlich 1648 zum “Westfälischen Frieden”.
Der Dreißigjährige Krieg in der Rezeptionsgeschichte
Die Kriegshandlungen selbst - aber auch die durch sie verursachten Hungersnöte und Seuchen - verheerten und entvölkerten ganze Landstriche. In Teilen Süddeutschlands etwa überlebte nur ein Drittel der Bevölkerung. Nach den wirtschaftlichen und sozialen Verheerungen benötigten viele Territorien mehr als ein Jahrhundert, um sich von den Auswirkungen des Krieges zu erholen.
“Warum eigentlich wurde der Krieg geführt?” fragt Golo Mann in seiner Biographie “Wallenstein” und stellt zusammenfassend fest, dass in diesem Krieg egoistische Machtinteressen führend waren und das Wohlergehen der Untertanen nachrangig geworden war.
In der Folgezeit war nach Meinung reflektierender Historiker ein langer Nachreifungsprozess erforderlich, um den betroffenen Menschen das ursprüngliche Gefühl für die “liberalitas”, für die Freiheit des von innen heraus souveränen Menschen wiederzugeben und für seine Würde! (dignitas).
Später wurde der Begriff des “Dreißigjährigen Krieges” von Historikern grundsätzlich infrage gestellt. Beim Dreißigjährigen Krieg habe es sich in Wirklichkeit um eine Vielzahl paralleler und aufeinander folgender Kriege gehandelt. Die “Kriegsverdichtung” habe damals solche Ausmaße angenommen, dass es für die Zeitgenossen fast unmöglich war, zwischen den einzelnen Konflikten zu unterscheiden.
Hauptmotiv der Kriege war nicht der Kampf um Gerechtigkeit, sondern die menschenverachtende Vernichtung ganzer Völker zugunsten von Machtbehauptung und Ausbeutung. Auch wenn sich die Waffen im Verlauf der Jahrhunderte geändert haben, die Ursachen der Vernichtungsstrategien sind dieselben geblieben.
"Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt."
Mahatma Gandhi
Kaiser und Könige
Nach den Wirrungen der Völkerwanderung gründen die Völker Europas neue Reiche, von denen die meisten untergehen.
Das Volk der Franken, ursprünglich am Rhein siedelnd, breitet sich vom 4. bis 6. Jahrhundert über Gallien (heutiges Frankreich) bis hin zur Nordsee aus.
Herrscher des fränkischen Volkes sind im 5. Jahrhundert die Merowinger. Mit der Zeit geben die Merowinger immer mehr Macht an ihre Verwalter ab, bis sie nur noch zu “Schattenkönigen” werden.
Ein Nachkomme eines der Verwalter ist Philip III., einer seiner Nachkommen heißt Karl der Große. Der Begriff der “Karolinger” entstammt aus der Nachkommenschaft Karls des Großen.
Ein Auszug aus der Geschichte
Kaiser Heinrich II.
geb.: ca. 973 n. Chr.
gest.: 1024 in der Nähe vom heutigen Göttingen
Von 1014 - 1024 römisch - deutscher Kaiser
Heinrich II. war mit Kunigunde von Luxemburg verheiratet, seine Ehe blieb kinderlos. Damit war Heinrich II. der letzte Kaiser aus dem Geschlecht der Ottonen.
1007 gründete Heinrich das Bistum Bamberg.
Zur Gründung des Bistums Bamberg
Heinrich soll die Burg Bamberg seit seiner Kindheit so geliebt haben, dass er sie seiner Gemahlin Kunigunde schenkte. Bei der Bistumsgründung Bamberg waren beträchtliche Widerstände des Bistums Würzburg zu überwinden, weil die neue Diözese große Besitzanteile des Bistums Würzburg in Anspruch nahm.
Heinrich befand sich auf Reisen, nachdem er monatelang in Bamberg krank darniederlag. Er starb 1024 in der Nähe von Göttingen an einem chronisch schmerzhaftem Leiden. Sein Grab befindet sich im Bamberger Dom mit einem Grabdenkmal von Tilman Riemenschneider.
Kaiser Friedrich Barbarossa
geb.: 1122
gest.: 1190 beim Baden im Fluss Salepa Anatolien unter nicht genau
geklärten Umständen.
Den Beinamen Barbarossa, auf deutsch “Rotbart”, hat ihm das Volk in Liebe und Respekt bis heute gegeben.
1155 Krönung zum Kaiser
Das Hauptwerk seines Lebens war die Wiederherstellung der kaiserlichen Macht in Italien zu einer Zeit, als die größten Städte Oberitaliens - reich geworden durch den Handel mit dem Morgenland - nach Unabhängigkeit strebten.
Eine weitere wichtige Amtshandlung Barbarossas war die Ernennung der Städte Lübeck und Regensburg zu Reichsstädten, d.h. sie waren niemand anderem als dem Kaiser und dem Reich unterstellt. Dadurch bildete sich ein Mittelstand heraus zwischen dem Kaiser und den Fürsten und der Bürgerstand gewann an Bedeutung.
Das Grab Barbarossas ist unbekannt. Sein Volk wollte den plötzlichen Tod nicht wahrhaben. Einer Volkssage zu folge schläft Barbarossa in einem unterirdischem Schloss bei Kyffhäuser und wird einst wiederkommen.
Nachfolger Friedrich Barbarossa wurde sein Sohn Heinrich VI.
"Geschichte ist eine Fabel, auf die man sich geeinigt hat."
Napoleon Bonaparte
Geschichte der Region Franken
Frühgeschichte und Antike
In der frühen Bronzezeit (1200 - 800 v. Chr.) war die Region vermutlich relativ dünn besiedelt. Allerdings begann eine Kriegerelite der sog. Urnenfelderkultur sich auf Bergkuppen, z.B. dem Marienberg über Würzburg niederzulassen. Kriegerhelme gehören zu den Funden aus dieser Zeit.
Im Verlauf der folgenden Eisenzeit etwa ab 800 v. Chr. wird das erste Volk der Region, nämlich die Kelten greifbar. Sie errichteten teilweise mächtige Siedlungen. Jedoch wurde der Niedergang der keltischen Kultur schon bald eingeleitet mit der verstärkten Expansion Roms und mit dem gleichzeitigen Vorstoßen elbgermanischer Stämme von Norden her.
Frühmittelalter
Im 6. Jahrhundert nach Chr. läßt sich eine Besiedlung der Region durch die Franken feststellen. Der Großteil der Bevölkerung war bis weit ins Frühmittelalter hindurch heidnischen Glaubens. Zur Verbreitung des christlichen Glaubens kam es durch die irisch-angelsächsischen Wandermönche. Einer der ersten Wandermönche, Kilian, wurde zum Apostel der Franken. Nach seiner Ermordung wurden er und seine Begleiter zu Märtyrern.
Die Franken - das Volk
Die Franken gehörten zu den germanischen Großstämmen, die sich im 3. Jahrhundert nach Chr. aus einigen kleinen westgermanischen Stämmen zu einem großen Stammesverband zusammenschliessen. Sie nennen sich selbst die Franken (“die Mutigen, Kühnen”, später auch “die Freien”). Sie werden erstmals im 3. Jahrhundert nach Chr. in römischen Quellen als “Franken” erwähnt, und zwar anlässlich eines ihrer vielen Raubzüge über die Grenze in die römische Provinz Galliens hinein. Sie bedrängten in der Spätantike wiederholt römisches Gebiet und unternahmen sogar Seeräuberfahrten.
Während der Völkerwanderung und der Eroberung durch die Merowinger drangen diese Stämme in Gebiete ein, die heute dem fränkischen Sprachraum zugeordnet werden, z.B. die Region Franken in Nordbayern, Nord-Württemberg und Süd-Thüringen, früher aber auch das Rheinland, Luxemburg, Holland sowie Flandern.
Zu Beginn des 5. Jahrhunderts nach Chr. befand sich das Zentrum der Frankensiedlungen in und um Köln. Schon bald danach erfolgte der Zug der Franken nach Südwesten, vermutlich ausgelöst durch die Wanderung der Sachsen nach England, die damals Konflikte mit den fränkischen Bewohnern ausgelöst haben dürfte.
Zur Großmacht wurden die Franken im Frühmittelalter durch die Eroberungen des Merowingers Clodwig I. (ca. 500 n. Chr.). Später ließ der Einfluss der Merowinger nach, 751 erfolgte die Übernahme der Königsherrschaft durch die Karolinger.
Franken heute
In großen Teilen Frankreichs und in Süd-Belgien ging die fränkische Sprache verloren, ebenso die fränkische Kultur. Als Franken bezeichnen sich heute nur noch die Bewohner der Regionen Südthüringen, Nordbayern und Teile Baden-Württenbergs.
741 Gründung des Bistums Würzburg durch Bonifatius; wenig später, 742 wurde das Bistum Eichstätt gegründet.
Hochmittelalter
Im Hochmittelalter kam es zu ständigen Machtkämpfen zwischen den Babenbergern (Bamberg) und den Konradinern (Würzburg).
1007 Im Jahre 1007 gründete Heinrich II. das Bistum Bamberg und
stattete es mit reichen Gütern aus, letztlich auch in der Absicht,
die Macht des Bistums Würzburg und Eichstätt zu begrenzen.
1010 schenkt Heinrich II. das Königsgut Theres dem neu gegründeten
Bistum Bamberg. Bamberger Besitztümer liegen damit im Hoh-
heitsgebiet des Fürstbistums Würzburg und geben Anlass zu
jahrhundertelangen, mit List und Tücke geführten Kämpfen um
Macht und Territorien.
Nürnberg, 1050 erstmals erwähnt, wurde in der Folgezeit unter den Stauferkönigen Konrad III. und Friedrich Barbarossa zum neuen Machtzentrum für die königliche Gewalt ausgebaut. Ursprünglich stützte sich die Königsherrschaft fast ausschließlich auf Bischöfe, doch bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts war es einigen mächtigen Adelsgeschlechtern gelungen, in Franken eine stärkere Stellung einzunehmen. Die wichtigsten darunter waren u.a. die Grafen von Henneberg.
Spätmittelalter
In der kaiserlosen Zeit, dem Interregnum (1254-1273) wurden einzelne Fürsten immer mächtiger. Auch nach dem Ende des Interregnums gelang es den Königen nicht mehr, in Franken eine einheitliche Herrschaft zu etablieren. Daraus resultierte die zersplitterte Staatlichkeit Frankens mit zahlreichen kleinen und kleinsten Gebieten. Neben den Hochstiften Würzburg und Bamberg sowie den größeren Adelsgeschlechtern gab es zahlreiche Ritterschaften von niederem Adel. Mit Ausnahme der freien Reichstädte war der Einfluss des Kaisers in allen weltlichen und geistlichen Besitzungen stark zurückgedrängt.
12.-14. Jh.: wichtige Städtegründungen im Landkreis Hassberge
1230 erste Erwähnung Haßfurts
1335 Stadterhebung Eberns und Eltmanns
1358 Stadterhebung Königsbergs
1379 Stadtmauerbau in Zeil am Main
Viele Burgen im Landkreis wurden von den Fürstbischöfen von
Würzburg geschliffen, um den Ostrand ihres Bistums gegen das
vordringende Bistum Bamberg oder aufsässige Adlige zu
sichern. So trifft es 1168 die Bramburg, 1231 die Burg Raueneck,
1254 die Burg Altenstein und 1323 die Burg Rotenhan.
1420 - 1436 Einfall der Hussiten in den Landkreis. Aus Angst vor
plündernden Haufen werden Burgen und Kirchenburgen
verstärkt, so z.B. das Torwerk an der Südburg Lichtenstein.
Klebs bei Kreuzthal und Milz bei Westheim fallen wüst.
Reformation
Franken spielte eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung der Reformationsbewegung Martin Luthers. Wichtige Nürnberger Persönlichkeiten wie z.B. Albrecht Dürer standen in enger Verbindung mit den Wittenberger Kreisen. Die Bibelübersetzung wurde in Nürnberg gedruckt und trat von hier aus ihren Siegeszug an.
Das Coburger Land war damals eines der wichtigsten Zentren der Reformationsbewegung. Wichtige Impulse der Reformation gingen vor allem von dem Coburger Reformator und Lutherfreund Balthasar Düring in die ganze Region aus. Düring wurde 1466 auf der Königsberger Burg geboren. Neben dem Luthertum hatte sich auch die radikal-reformatorische Täuferbewegung bereits früh im fränkischen Raum verbreitet; wichtige Zentren der Täufer waren Königsberg und Nürnberg.
Auch die fränkischen Reichsritter bekannten sich vielfach zum neuen Glauben, weil sie sich dadurch eine vermehrte Unabhängigkeit von der Fürstenmacht erhofften. Selbst in den Hochstiften Bamberg und Würzburg gab es zahlreiche Anhänger der Reformationsbewegung, obwohl diese Gebiete im Kern freilich katholisch blieben.
Bauernkrieg
Vor allem drückende Steuerlasten und Frondienste in Verbindung mit den neuen freiheitlichen Ideen der Reformation entfesselten im Jahr 1525 den Deutschen Bauernkrieg. Die Bauern forderten die freie Wahl des Pfarrers, die Wiederherstellung traditioneller Rechte wie z.B. Jagd- und Fischfang, die Eindämmung der Frondienste und gerechtere Steuern.
Im März sammelte sich um Rothenburg eine radikale Bauerngruppe von etwa 4000 Mann, der sog. Tauberhaufen, angeführt von dem Adligen Florian Geyer. Sie postulierten die Gleichheit der Menschen und lehnten Leibeigenschaft als ungerecht ab. In weiten Teilen Frankens trafen die Forderungen der Bauern auf breite Zustimmung. Die auf-
ständigen Bauern bewegten jedoch keinen der wichtigen Fürsten zu entscheidenden Zugeständnissen und so begannen sie, Amtshäuser, Adelssitze und Klöster zu überfallen.
Der Adel lenkte zunächst ein und selbst der Graf von Henneberg lieferte den Bauern Waffen und Nahrungsmittel. Gleichzeitig rekrutierten sie jedoch kriegserfahrene Landsknechte in Italien, die Truchseß von Waldburg (auch Bauernjörg genannt) anführte. Ende April rückten fast 20.000 Bauern vor Würzburg. Die Würzburger, unter denen Tilman Riemenschneider eine wichtige Rolle spielte, verbündeten sich überraschend mit den Bauern.
Den Bauern gelang jedoch die Einnahme der Marienburg bei Würzburg nicht. Als das fürstliche Söldnerheer mit 3000 Reitern und 9000 Landsknechten anrückte, stellten sich die Bauern unter Götz von Berlichingen zur Schlacht, waren den gut ausgerüsteten Truppen jedoch hoffnungslos unterlegen. Auf ausdrücklichem Befehl wurden keine Gefangenen gemacht und am Abend des 4. Juni lagen 5000 Bauern tot auf dem Schlachtfeld.
Die Sieger führten nach dem niedergeschlagenen Aufstand einen grausamen Rachefeldzug durch. Die Bauern hatten unter großen Menschenverlusten und Ernteausfällen zu leiden und verloren fast alle im Verlauf der Aufstände zugesagten Erleichterungen. Für Jahrhunderte blieben die einfachen Volksschichten von fast allen politischen Vorgängen ausgeschlossen.
Gegenreformation
Provoziert von der Reformation gehen in Würzburg Julius Echter und in Bamberg Neidhardt von Thüngen rücksichtslos gegen die evangelischen Kreise der beiden Hochstifte vor. Lutherische Pfarrer werden vertrieben und Untertanen vor die Wahl gestellt, auszuwandern oder zu konvertieren. Die Macht der evangelischen Reichsritterschaft wird vielfach gebrochen.
Im Zuge der Gegenreformation kam es besonders in Franken zu Hexenverfolgungen von beispiellosem Ausmaß. In den Fürstbistümern Würzburg und Bamberg fanden die schlimmsten Hexenverfolgungen ganz Europas statt.
1616-1632 fordern in Zeil am Main zwei Wellen von Hexenverfolgungen insgesamt mehr als 250 Opfer. Der Stadtrat Johann Langhans hält in seinem Tagebuch den Ablauf der Hexenverfolgungen fest und wird 1628 selbst zum Opfer des Hexenwahns.
All dies, die Verwüstung des Landes, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Bauernkrieges und die Unterdrückung ganzer Bevölkerungsschichten bildeten den Nährboden für den nachfolgenden Dreißigjährigen Krieg.
Neuzeit
Katholische und protestantische Gegenden existieren nun friedlich nebeneinander.
Vor der Zeit des Nationalsozialismus galt Franken als eine Region mit bedeutenden jüdischen Gemeinden. In der Reichsprogromnacht verwüsten Nationalsozialisten die neun Synagogen im heutigen Landkreis. 1942/43 werden die noch im Landkreis lebenden Juden deportiert und ermordet.
Nach dem gescheiterten Attentat des Bamberger Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg auf Adolf Hitler finden Mitglieder des Widerstandes 1944 Unterschlupf in Schlössern wie Eyrichshof. Nach Kriegsende lebt die Witwe Graf von Stauffenbergs mit ihren Kindern in Schloss Kirchlauter.
Von 1961-1989 liegt der Landkreis im sog. Zonenrandgebiet zwischen der BRD und der ehemaligen DDR. Mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten seit 1989 findet der Landkreis Haßberge aus seiner Randlage wieder zurück in die Mitte Deutschlands.
Berühmte Franken
Georg Simon Ohm (Ohmesches Gesetz über die elektrische Leitfähigkeit von Metallen), Wolfram von Eschenbach, Albrecht Dürer, Lucas Cranach der Ältere, Meistersänger Hans Sachs, der lutherische Theologe und Kirchenliedkomponist Konrad Feuerlein, das Rechengenie Adam Ries, der Schriftsteller Jean Paul, der Gelehrte und Dichter Friedrich Rückert, Levi Strauss (Erfinder der Jeans), Ludwig Erhard (ehem. Bundeskanzler), der amerikanische Außenminister Henry Kissinger, der Physiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg, Max Grundig (Unterhaltungselektronik), Gustav Abraham Schickedanz (Gründer des Versandhauses Quelle), der Moderator Thomas Gottschalk sowie der Sportler Lothar Matthäus.
Königsberger Persönlichkeiten
Johannes Müller - Regiomontanus (1436-1476)
bedeutender Astronom und Mathematiker
Die Geburtsstadt
Die Stadt, im 12. Jahrhundert unterhalb der frühstaufischen Reichsburg angelegt, entwickelte sich schnell zu einer blühenden Handelsstadt. Ein vielseitiges Handwerksleben ermöglichte den Bürgern einen gewissen Wohlstand. Wie sonst hätte man 1397 mit dem Bau der prächtigen Marienkirche beginnen können.
Die häuslichen Verhältnisse erlaubten es, dass der hochbegabte Johannes über das Königsberger Schulangebot hinaus eine weiterführende Ausbildung an einer Universität wahrnehmen konnte. Heute wissen wir, dass der Vater eine Mühle betrieb, die in Verbindung mit dem florierenden Getreidemarkt der Familie ein gutes Einkommen sicherte. Und da der Vater angesehen war, gehörte er zum Rat der Stadt und wurde u.a. mit dem Bau der Kirche St. Burkard betraut.
Die Eltern besaßen im vornehmen Viertel der Stadt, am Salzmarkt, ein Anwesen. Das Haus brannte im Dreißigjährigen Krieg ab. Wenn auch alle Grundakten beim zweiten Stadtbrand 1640 vernichtet wurden, bewahrten die Einwohner, die den schrecklichen Krieg überlebt hatten, das Gedächtnis an die Geburtsstätte des weltberühmten Königsbergers und gaben ihr Wissen an die Nachkommen weiter. 1881 erhielt das Geburtshaus, in dem der Gelehrte seine ersten Lebensjahre verbrachte, die heutige, originalgetreue Gestaltung.
Der Weg beginnt
Mit elf Jahren wurde der überdurchschnittlich begabte Johannes in die Matrikel der Universität Leipzig eingetragen. Er belegte die artistische Fakultät (Astronomie und Mathematik) und machte sich bald daran, den von Gutenberg gedruckten Kalender nachzuprüfen.
Mit Hilfe der Alfonsischen Tafeln berechnete Regiomonatanus die Bewegungen aller Planeten für jeden einzelnen Tag des Jahres 1448.In kindlicher Handschrift verfasste er ein Jahrbuch, das in seiner Genauigkeit die bisherigen Berechnungen übertraf und auch spätere Berechnungen reichten an diese Arbeit des Zwölfjährigen nicht heran. Das war die erste erstaunliche Leistung des jungen Regiomontanus.
Johannes Müller merkte bald, dass ihm die Leipzier Universität auf dem Gebiet der Astronomie und Mathematik weiter nicht viel bieten konnte und folgte im Frühjahr 1450, nunmehr dreizehn Jahre alt, dem guten Ruf der Universität Wien.
Die Anforderungen an der Universität Wien waren hoch und bahnbrechend für das Aufleben der beobachtenden und rechnenden Astronomie und ihrer geographischen Anwendung. Einer der bedeutendsten Gelehrten war Georg von Peuerbach. Regiomontanus fand in Wien genau das, was sein vorwärtsstrebender Geist suchte. Er wurde eifriger Schüler von Georg von Peuerbach und später sein Mitarbeiter und Freund. Gemeinsam setzten sie die Arbeiten Peuerbachs fort. Bei Kometenbeobachtungen wurde erstmals der Versuch unternommen, die Entfernung und die Größe des Kometen zu bestimmen. Peuerbachs Verdienste um die Bearbeitung der Trigonometrie und seine Planetentheorie brachten ihm im In- und Ausland ein hohes Ansehen.
Mit 21 Jahren war Johannes Müller selbst Magister und lehrte an der Wiener Universität nicht nur Astronomie und Mathematik, sondern auch die damalige Philologie, die im Sinne der griechischen Lehre zum ursprünglichen Verhältnis zwischen Natur, Erfahrung und Vernunft zurückfinden wollte. Mit dem humanistisch orientierten Peuerbach und Regiomontanus begann die Erneuerung der Naturwissenschaften in Europa.
1460 hielt sich Kardinal Bessarion als päpstlicher Gesandter in Wien auf. Er lernte Peuerbach kennen und regte an, das Lehrbuch des Ptolemaios, die Araber nannten es Das große Werk verständlich zu erläutern. Diese Arbeit konnte Peuerbach nur beginnen. Er starb 1461 und beschwor auf dem Sterbelager seinen Freund Johannes Müller, den Auftrag Bessarions zu vollenden.
Italienische Renaissance
Ende 1461 ging Regiomontanus mit Kardinal Bessarion nach Rom. Regiomontanus folgte dem Kardinal auf seinen Reisen, so nach Venedig und wieder zurück nach Rom, ohne seine wissenschaftlichen Arbeiten zu vernachlässigen. Er schuf in dieser Zeit ein neues Handbuch der Sternkunde, das später Copernicus und Galilei als Lehrbuch diente.
Anschließend verfasste er das berühmt gewordene Werk über die Dreieckslehre. Seine zusammenfassende Dreieckslehre wurde wichtig für die europäische Mathematik, insbesondere für die Entwicklung der modernen, sphärischen Trigonometrie.
Regiomontanus wagte es, die Berechnungen des Ptolemaios anzuzweifeln, dessen Auffassung, die Erde sei ruhender Mittelpunkt der Welt, bis dahin unantastbar war. Er wies auf die Differenzen zwischen der Ptolemäischen Lehre und seinen eigenen Planetenbeobachtungen hin. Diese Kritik an der herrschenden Lehre machte später auf Copernicus einen großen Eindruck, denn bis dahin wurde alles bisher Geschriebene unhinterfragt übernommen.
In Rom fehlte Regiomontanus schon bald ein ebenbürtiger Partner zum Gedankenaustausch. Der Humanistenkreis in Rom war zwar eifrig bemüht, möglichst fehlerfreie Ausgaben der besten Werke des Altertums zu sammeln, dem vorwärtsdrängenden Regiomontanus konnte diese Haltung nicht mehr genügen. Er trennte sich von Bessarion und ging 1467 nach Ungarn.
Das ungarische Spiel
Zu den wichtigsten ungarischen Arbeiten zählte die Erstellung einer modernen Art von Tangententafeln. Für Regiomontanus war diese schwierige Arbedit, die mühsame Berechnungen voraussetzte, eine “Erholung”. Er nannte sie das “das ungarische Spiel”. Die Erklärungen zu diesen Tafeln wurden übrigens ins Deutsche, Englische und Französische übersetzt.
Anfang 1471 erklärte Regiomontanus dem König von Ungarn, mit dem er sich gut verstand, dass er, um in seinen Beobachtungen weiterzukommen, zusätzliche Helfer brauche, die er in Nürnberg zu finden hoffte. Der König ließ ihn unter Fortzahlung der Bezüge nach Deutschland reisen. Mit einem bereits berühmten Namen ging Johannes Müller nach Nürnberg.
Nürnberg - Die Reichstadt
1471 ließ sich Regiomontanus in Nürnberg nieder und gründete dort die erste Sternwarte.
Der Ruhm der Welt
Im Herbst 1474 erschienen seine Jahrbücher. Diese Ephemeriden gaben für jeden Tag der Jahre 1475 bis 1506 den Stand der Sonne, des Mondes und der Planeten in ihren wechselseitigen Aspekten an. Wichtig wurden die Ephemerides astronomicae für die Lehre an den Universitäten, wo sie auch von Copernicus studiert wurden. Die Jahrbücher erschienen immer wieder in Neuausgabe und waren für die nächsten drei Jahrhunderte verbindlich. Das war der Ruhm der Welt.
Die geistige Wirkung Regiomontanus kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, insbesondere seine Haltung, überlieferte Dogmen zu überprüfen und eine exakte, wissenschaftlich- experimentelle Untersuchungsmethodik radikal durchzusetzen.
Zu den frühen Äußerungen des jungen Johannes Müller in Wien kommt später ein Brief von ihm hinzu und darin ist folgendes vermerkt: Es sei notwendig, die Bewegung der Sterne zu ändern wegen der Erdbewegung! Regiomontanus hatte es demnach für notwendig gehalten, die Erde als bewegt und nicht mehr als ruhend zu betrachten. Das war der Vorstoß zur wissenschaftlich fundierten Wahrheit, die er zeitlebens gesucht hat; das war der gedankliche Durchbruch, an dessen Ende der Widerruf eines Galileo stand mit seinem Unerschütterlichem: “Und sie bewegt sich doch!”
Ein Komet am Himmel
Im weiteren Verlauf intensivierte Regiomontanus seine Beobachtungen und Berechnungen. Es kam zur ersten gültigen Kometenberechnung überhaupt. Die nachweisliche Messung einer kleinen Parallaxe sicherte den Kometen erstmals die kosmische Stellung.
Aus den Arbeiten und Äußerungen Regiomontanus war zu entnehmen, dass er in einer entscheidenden Phase stand, als er seine Forschungen unterbrechen musste, um 1475 nach Rom zu reisen.
Rom - das Ende
Papst Sixtus IV. rief ihn, den berühmtesten Astronom dieser Zeit, zur Kalenderreform nach Italien.
Die Fehler in der bisherigen Osterrechnung waren der römischen Kirche nicht entgangen. Da die christlichen Kirchen unterschiedliche Berechnungen hatten, war es peinlich, dass die einen schon Ostern feierten während die anderen noch fasteten. Für Papst Sixtus IV. Grund genug, den berühmtesten Astronom für die Kalenderreform nach Rom zu rufen. Regiomontanus nahm alle wichtigen Unterlagen mit. Sie sind zum großen Teil verschollen. Die Todesnachricht dagegen erschien mehrfach. Mitgeteilt wurde, dass der hervorragende Sternforscher Magister Johann von Königsberg in Rom verstorben sei und auf dem Gottesacker beerdigt wurde.
Über die Todesursache gab es - wie so oft bei berühmten, plötzlich verstorbenen Menschen - viele Gerüchte. Die Forschung konnte nur feststellen, dass im Januar 1476 infolge einer Überschwemmung in Rom eine pestartige Seuche herrschte. Sie forderte zahlreiche Todesopfer, darunter vermutlich auch Regiomontanus.
Er starb im Alter von 40 Jahren. Der Wissenschaft war er weltbekannt, von dem Menschen Johannes Müller wissen wir wenig, nur folgendes:
Seine vielschichtige Begabung, sein ungeheurer Fleiß, sein Wandern durch Europa erlaubten keine familiären Bindungen. Es gibt keine Nachricht, dass er jemals geheiratet hätte.
Die Eltern lebten in Königsberg. Thomas Klingg erzählt in seinem Regiomontanus-Roman “Ein Weltbild zerbricht”, wie Johannes Müller das mittelalterliche Königsberg besuchte, wie er wie ein Fremder durch die engen Gassen wanderte, an die Tür seines Elternhauses am Salzmarkt klopfte… und weiterging. Nachgewiesen sind die Besuche des Regiomontanus in Königsberg nicht; sie sind aber auch nicht unwahrscheinlich.
In seinen streng wissenschaftlich gehaltenen Briefen war einmal eine persönliche Anmerkung zu finden: “Wenn ich selbst auch niemals öffentlich bade, so ergötzen doch die grünen Saaten und Wiesen und die übrigen lieblichen Anblicke meine Augen und halten den Geist von seinen gewohnten Überlegungen ab”. So geschrieben im Jahr 1465 von dem Magister Johannes von Königsberg, der zu den lieblichen Anblicken keine näheren Erläuterungen gab.