Panoramaweg rund um Königsberg, Stadtbesichtigung mit Führung des Schlossberges

Burg und Stadt blicken auf eine bewegte Geschichte zurück.

Königsberg entwickelte sich nicht aus einem Dorf heraus, die Stadt entstand damals unterhalb der Burg, die der Stauferkaiser Friedrich Barbarossa nach der Zerstörung der Burg Bramberg 1168 auf dem Königsberg bauen ließ.

Die Reichsburg wird erstmals 1234 urkundlich erwähnt. Burg und Stadt kommen 1248 an den Bischof von Bamberg, der schon ein Jahr später diesen Besitz an die Grafen von Henneberg verkaufte. Unter der Herrschaft der Henneberger erlebte die Stadt im 14. Jahrhundert einen wirtschaftlichen Aufschwung, wie er sich nicht mehr wiederholen sollte. Seit 1343 ist eine Stadtbefestigung mit Mauern, Toren und Wassergraben belegt.

Im dt. Bauernkrieg blieb die Burg verschont. Als dann im Spätmittelalter Feuerwaffen aufkommen, wird der Burg ein zweiter, mit Türmen verstärkter Mauerring vorgelagert und der mächtige Graben ausgehoben.

Unter der Herrschaft der Kurfürsten von Sachsen wurde Königsberg 1523 reformiert. Während sich die Ritterschaft aus Königsberg zurückzog, verursachte der Zustrom vertriebener Protestanten einen Bevölkerungszuwachs in der mittelalterlichen Stadt, der auch die 1585/86 grassierende Pest relativ gut überstehen konnte.

Im Dreißigjährigen Krieg besetzten Kaiserliche Truppen 1632 das protestantische Königsberg, plünderten die Stadt und verursachten die großen Stadtbrände von 1632 und 1640. Die Pfarrkirche, in der 1640 Feuer gelegt worden war, und die meisten Häuser waren kaum zu retten. Hunger, Pest und Seuchen folgten, so dass 1648 von den etwa 2000 Einwohnern nur noch ein Bruchteil überleben konnte. Es dauerte lange, bis sich Königsberg von den Folgen des Dreißigjährigen Krieges erholt hatte.

Königsberg blieb im Zweiten Weltkrieg unzerstört und konnte auch in der nachfolgenden Zeit seine historische Bausubstanz erhalten. Dies ist u.a. auch das Verdienst des Bürgermeisters Dr. Rudolf Mett (1926-2005), der dreißig Jahre lang von 1960 bis 1990 die Geschicke der Stadt lenkte. Er erkannte die Qualitäten dieser traditionsreichen Stadt und machte Königsberg noch vor Inkrafttreten des Bayrischen Denkmalschutzgesetzes zur “Musterstadt” der Städtebauförderung. In der gesamten Altstadt ist heute ein bewusster und verantwortungsvoller Umgang der Bürger mit ihrem Städtchen und seiner Geschichte zu spüren.

Der gute bauliche Zustand, in dem sich die Ruine heute befindet, ist im Wesentlichen auch der Schloßberggemeinde Königsberg e.V. zu verdanken. Der Verein wurde 1921 gegründet und hat allein von 1971 bis 2005 über 60.000 freiwillige Arbeitsstunden geleistet. Ohne das ehrenamtliche Engagement dieser Helfer wären die Mauerreste heute noch von Schutt bedeckt und mit Pflanzen überwachsen.

Wir beginnen unsere Wanderung am heutigen Brückenzugang, den es damals noch nicht gab. Diese schöne Steinbrücke wurde erst 1642 errichtet. Der ursprüngliche Zugang zur Burg befand sich weiter unten, zwischen dem Amts- und Seckendorffturm.

Der Panoramarundweg führt uns hinein in eine idyllische Landschaft. Stets haben wir den Schloßberg in Blicknähe und kehren nach ca. einer Stunde wieder zurück in das althistorische Städtchen. Hier erwartet uns nun eine fachkundige Stadtführung.

Spaziergang durch die Stadt

Wir beginnen den Spaziergang am alten Rathaus. Es wurde 1456 erbaut mit einem zweigeschossigen massiven Steinsockel, die oberen Stockwerke sind aus Fachwerk und brannten 1632 während des Dreißigjährigen Krieges ab. Der Wiederaufbau wurde 1668 vollendet. An der nordöstlichen Ecke des Rathauses steht seit 1955 die Figur eines steinernen Ritters mit erhobenen Schwert in der rechten Hand. Es ist der jüngste und südlichste Roland Deutschlands. Er soll die Nachwelt an die im Mittelalter errungenen Stadtrechte erinnern und an den kaiserlichen Ursprung der Stadt. Auf dem Schild sieht man daher den Reichsadler, dann den Königsberger Löwen und als Herzschild das Wappen der sächsischen Landesherren.

Das Glockenspiel auf dem Rathausdach, 1980 zur 800-Jahrfeier der Stadt gestiftet, ist täglich um 11.30 Uhr und um 15.30 Uhr zu hören. Zu passenden Melodien treten vier Figuren der Königsberger Geschichte heraus: Regiomontanus, General Tilly, Reichgraf von Seckendorff und der Roland.

Die evang.-luth. Marienkirche

Über den Fundamdenten eines Vorgängerbaus begannen 1397 die Bauarbeiten, und zwar in der Regierungszeit des Würzburger Fürstbischofs Gerhard von Schwarzburg. Dies mag die Ähnlichkeit mit der Pfarrkirche in Haßfurt erklären, die vom gleichen Bauherrn initiiert wurde.

Mit dem Einzug der Reformation in Königsberg wurde auch die Marienkirche der neuen Religion angepaßt und 1578 im Sinne Luthers aufwendig renoviert. 1640 verwüstete der Stadtbrand das Gotteshaus: Dachstuhl, Pfeiler, Gewölbe und die protestantische Ausstattung gingen verloren. Später erfolgte eine vorbildliche Instandsetzung und Renovierung im Sinne der wiederherstellenden Denkmalpflege. Der Dachstuhl über dem Chor ist als einer der wenigen aus Eisen gefertigt.

Spätestens beim Stadtbrand 1640 ging die spätgotische Ausstattung verloren. An den Fassaden blieben einige Kostbarkeiten erhalten, darunter eine steinerne Madonna am Chor von 1420. Was wir heute sehen, ist allerdings nur eine Kopie, das Original befindet sich in den Kunstsammlungen der Veste Coburg.

Im Inneren der Kirche befinden sich seit 1900 viele wertvolle Epitaphien, darunter der Grabstein des fürstlichen Rates Heinrich Gottlob von Seckendorff, der vor seinem Tode 1675 sächsicher Amtmann auf der Burg war.

Der Marktplatz

Der relativ große Marktplatz entstand im 15. Jahrhundert in Verlängerung des älteren Salzmarktes, nachdem die Marienkirche und das Rathaus Mittelpunkt der aufblühenden Handelsstadt wurden.

Das Standbild des Regiomontanus wurde vom Haßfurter Bildhauer Johann Mayer angefertigt und 1871 eingeweiht. Der berühmte Astronom, dessen Geburtshaus am Salzmarkt steht, ist in der Gelehrtentracht seiner Zeit dargestellt.

Östlich des Unfinder Tors steht am Marktplatz das Geburtshaus des Komponisten Wolfgang Carl Briegel (1626.1712). Unmittelbar nach dem ersten Stadtbrand überbaute der wohlhabende Apotheker Elias Zinck das historische Anwesen. Seine Apotheke übernahm der Geselle Carl Briegel 1621, als er Zinck`s Tochter heiratete. Aus dieser Ehe ist der Komponist Wolfgang Carl Briegel hervorgegangen.

Der Salzmarkt

Dieser Straßenplatz ist für mittelalterliche Verhältnisse breit angelegt gewesen. Er war nicht nur Aufgang zur Burg und der Zugang zum Rennweg, der uralten überregionalen Fernstraße des Mittelalters, sondern diente vor allem dem Handel. Hier standen die Salzhändler mit ihrer Ware aus Thüringen. Die Viehmärkte wurden am Rande der Stadt abgehalten. Das Marktrecht wurde der Stadt 1333 verliehen.

Tilly-Haus

Am 5. März 1632 besetzte der kaiserliche General Tilly mit 8000 Mann das protestantische Königsberg. Im Haus der Bürgermeisterwitwe Graser quartierte er sich am nächsten Tag ein. Kurz vor Mitternacht brach in den Stallungen des Anwesens ein verheerendes Feuer aus. 130 stolze Bürgerhäuser brannten in dieser Nacht nieder. Schon am 8. März zog sich die kaiserliche Armee fluchtartig zurück, weil der Schwedenkönig Gustav Adolf (1594-1632) von Schweinfurt aus eine Truppenverstärkung in Marsch setzte. Tilly starb wenig später im April 1632, nach ihm ist das Haus benannt.

Regiomontanus-Haus

Auf der anderen Seite des Salzmarktes steht das “Regiomontanus-Haus”. Auf der Marmorplatte am Haus lesen wir, dass hier Johannes Müller (gest. 1476) geboren wurde. Er war der berühmteste Astronom des 15. Jahrhunderts und leitete die sog. Kopernikanische Wende ein.

Er war der Wegbereiter eines neuen Weltbildes.

Die privaten Eigentümer erhalten das malerische Haus im Stil des 19. Jahrhunderts und ließen es 2005 umfassend sanieren. Heute kann man hier zwischen historischen Möbeln urgemütlich als Feriengast logieren.

Salzmarkt 16, heute kath. Pfarrhaus

Am Ende des Salzmarktes baute Adam von Selbitz das wohl älteste erhaltene Bürgerhaus der Stadt. Adam von Selbitz war der Vater jenes “Hanns”, dem Johann Wolfgang Goethe im “Götz von Berlichingen” ein literarisches Denkmal setzte. Die Erben verkauften das Haus, es folgten wechselnde Besitzer und das alte Haus blieb erfreulicherweise von den Stadtbränden verschont.

Ab 1888 lebte in dem Haus der preußische Major Paul Graf Waldersee (1831-1906), der sich als Schriftsteller und Bearbeiter der Werke von Wolfgang Amadeus Mozart in der Musikgeschichte einen Namen gemacht hatte. Der Junggeselle übertrug den Grundbesitz noch zu Lebzeiten an seinen Hausverwalter. 1936 kaufte die Diözese Würzburg das Anwesen und brachte hier das Pfarrhaus unter.

Altes Brauhaus, Kunsthandwerkerhof

1588 erhielt Königsberg das Braurecht und errichtete im Jahr darauf ein erstes öffentliches Kommunalbrauhaus. Wegen der permanenten Feuersgefahr suchte man dafür einen Platz am Rande der Innenstadt und direkt an der Stadtmauer. Das heutige Brauhaus entstand 1810. Die Stadt richtete in der malerischen Braugasse, in der das Kommunalbrauhaus lag, 1995/97 einen restaurierten Handwerkerhof ein; hier können Künstler und Kunsthandwerker ihre Arbeiten vorstellen.

Stil-Epochen der Malerei ab dem Mittelalter

Romanik (um 950 -1250)

In dieser Zeit stellen die Wand- und Buchgemälde überwiegend Bibelszenen mit symbolischer Bedeutung dar. Die Namen der Maler sind kaum überliefert, weil sie sich damals als "Auftrags-Handwerker" von übergeordneten Mächten verstanden.

Gotik (um 1140 - 1500)

In der Epoche der Gotik begann die sog. Realitätsmalerei mit biblischen Szenefolgen zur Übermittlung religiöser Botschaften an die noch nicht lesefähigen Gläubigen. Oftmals enthalten die Gemälde leuchtende Symbolfarben und liebevoll angefertigte Detailschilderungen, allerdings noch ohne individuelle Züge der Dargestellten.

Erst Giotto ist es gelungen, die lebendige Individualität dargestellter Personen hervorzuheben.

Renaissance (um 1420 - 1600)

In der Epoche der Renaissance begann die - weiterhin von religiösen Themen dominierte - Malerei mit Ölfarben und Dreidimensionalität, entstanden durch die Einführung der Perspektive und der Proportionen. Die Gemälde enthalten vorwiegend naturalistische Darstellungen der sichtbaren Welt - Räume, Landschaften und Körper. Die Renaissance gilt als Wiederbelebung der antiken Kunst.

Barock (um 1600 - 1720)

Merkmale des Barock sind prunkvolle Darstellungen mit reichhaltigen satten Farben, oftmals üppigen Figuren und vielen Details.

Klassizismus (um 1770 -1840)

Typisch für den Klassizismus sind kühle Darstellungen zumeist ernster Themen mit klarer Gliederung und einfachen Formen. Religiöse Motive gibt es kaum noch und die realitätsnahen Bilder ähneln Fotos.

Romantik (um 1800 - 1840)

In der Romantik sind die Gefühle, Einbildungskraft und Phantasie des Künstlers bestimmend. In dieser Epoche kam es z.B. mit Caspar David Friedrich zum Durchbruch der Freilichtmalerei und des natürlichen  Lichts.

Impressionismus (um 1860 - 1910)

Die sinnlichen Eindrücke des Künstlers, seine subjektiv empfundene Realität stehen im Mittelpunkt der oftmals atmosphärisch komplexen Darstellungen. Monet gehört zu den Begründern des Impressionismus.

Symbolismus (um 1880 - 1910)

 Motive des Symbolismus sind insbesondere Trauminhalte, aufgewühlte Gefühle und Visionen. Aufgrund der Beschäftigung mit Unerklärlichem und Geheimnisvollem ist der Symbolismus ein Vorläufer des Surrealismus.

Surrealismus (ab 1917)

Im Surrealismus wird das Unbewusste, Unwirkliche und Traumhafte kreativ dargestellt. Bekannte Maler dieser Epoche sind z.B. Paul Klee und Salvador Dali.

Neue Sachlichkeit

Typisch für die neue Sachlichkeit ist die realistische Darstellung der sozialen und ökonomischen Wirklichkeit - teils in karikierender Form oder in geschärften Darstellungen, so zu sehen bei Otto Dix oder Edward Hopper.

Malerei der Gegenwart

In der Epoche nach 1945 wird die Malerei ausgeweitet auf Aktionen mit dem Ziel, psychische Prozesse beim Betrachter auszulösen. Zu den bekanntesten Malern dieser Zeit gehören Roy Lichtenstein und Andy Warhol.

Ab 1955: bei der Pop-Art werden die Metropolen der Welt mit ihrer Alltagskultur zumeist in großen Formaten dargestellt. Anschließend verschwimmt die Grenze zwischen Kunst und Alltag in der Malerei.

 

Malerei im Mittelalter

Im Mittelalter war die Kirche Hauptauftraggeber aller Kunsthandwerker. Mit seinen Klöstern als Orte des Glaubens, der Kunst und der Bildung nahm der Klerus Einfluss auf die Architektur, Malerei und Musik.

Da viele Menschen nicht lesen konnten, diente die Malerei auch der Informationsvermittlung. Häufig schufen Maler mittels einer komplexen Symbolik ganze biblische Szenen in Form von Bildgeschichten.

Exemplarisch sei hier das Lebenswerk des italienischen Malers Giotto erwähnt. Giotto gilt als Erneuerer der Malerei um 1300. Eine Betrachtung seiner Gemälde lohnt sich, da wir hier erstmals Menschen sehen, die zu leben und zu atmen scheinen. Giotto schenkte dem Betrachter den Himmel, die Berge, das Licht und den Schatten, überhaupt die ganze Naturlandschaft, vor allem auf seinen berühmten Fresken an den Kirchenwänden.

www.giottodibondone.org

 

Zur Person

Schon zu Lebzeiten erwarb Giotto, Sohn eines Schmiedes aus Florenz, erheblichen Ruhm. Um 1300 hat er stilistisch Kühneres gewagt als alle Maler vor und neben ihm - er löste sich von der Tradition, Heilige statisch und zweidimensional zu malen. Giottos Gestalten sind so moduliert, dass sie zur Bewegung fähig scheinen und durch ihre Gestik sowie Mimik eine glaubwürdige Emotionalität erhalten.

Auf seinen  Fresken an Kirchenwänden sind biblische Motive offen in die Naturlandschaft eingebettet, so dass der Betrachter das Gefühl bekommt, in die dargestellte Szene hineinblicken zu können, ja sogar ein Teil der Szene zu sein. Immer wieder rühmte man seine ausgeprägte Naturnähe, die seinen gemalten Erzählungen eine bis dahin nicht dagewesene realistische Nähe verlieh.

Giotto gründete zu Lebzeiten eine große Familie und starb wohl als älterer, wohlhabender Mann im Jahre 1337.

Eine kleine Anekdote gibt vielleicht mehr Aufschluß über den Maler als alles Lob. So soll Giotto bei einem Sonntagsspaziergang von einem Schwein umgerannt worden sein. Mit Hilfe von Freunden erhebt er sich aus dem Dreck und anstatt zu schimpfen ruft er nur aus: “Haben sie nicht recht? Habe ich nicht mit ihren Borsten Tausende von Lire verdient und ihnen nicht mal eine Kelle Brühe gegeben?”

Schweineborsten werden tatsächlich verwendet für gröbere Pinsel und die Anekdote bringt uns einen Menschen näher, der die Malerei revolutionierte, der von einem Schwein umgerannt wurde, hinfiel und voller Humor darüber lachte.

 

Berühmte Frauen

Über das Leben im Mittelalter gibt es viele Vorurteile, insbesondere auch die damalige Situation von Frauen wird oftmals assoziiert mit Armut, Unterdrückung und mangelnder Selbstbestimmung. Sicherlich entspricht einiges von diesen Vorstellungen der traurigen Realität von einst - und dennoch gibt es mehr als nur wenige Ausnahmen!

Berühmte Frauen haben ihr Leben schon immer eigenverantwortlich zur Erfolgsstory gemacht - weil sie eben in jeder Situation couragiert, intelligent und nicht selten auch machtbewusst gehandelt haben.

Christine de Pizan, Schriftstellerin und Chronistin, ist nicht die einzige Ausnahme. Ihr Leben soll im Folgenden kurz skizziert werden, bevor Sie bei gewecktem Interesse über entsprechende Links weiterführende Informationen erhalten.

 

Christine de Pizan     Schriftstellerin und Chronistin

Am 29. Oktober 1390 verabschiedete sich Christine de Pizan von ihrem Mann, der Notar und königlicher Sekretär war. Er sollte den franzöischen König auf einer Dienstreise begleiten. Christine war 25 Jahre alt, Mutter von drei Kindern und ließ ihren Mann wahrscheinlich nur ungern ziehen, denn die Zeiten waren unsicher. Sie sollte ihren Mann nicht mehr wiedersehen. Eine Seuche infizierte die königliche Reisegesellschaft und raffte auch ihren Mann hinweg.

Tatsächlich war es nur der erste Schicksalsschlag für die junge Dame. Lange Zeit hatte Christine ein angenehmes Leben geführt als Tochter des venezianischen Gelehrten Tommaso da Pizzano. Der Vater wurde als Leibarzt und Astrologe an den französischen Hof gerufen und die Familie lebte in einem Schloss am Ufer der Seine unweit der königlichen Paläste. Christine hatte mit ihrem Vater, dem erfolgreichen Naturwissenchaftler und Philosophen die "süße Lust des Wissens und Lernens" gemeinsam und wurde von ihrem Vater unterrichtet.

Als 15-jährige wurde die hübsche, gebildete Jugendliche an den zehn Jahre älteren Hofbeamten verheiratet, eine vielversprechende Partie. Die Ehe war glücklich. Doch dann beschwerten Schicksalsschläge das Leben der Familie. Nach dem frühen Tod seines Gönners, König Karl V. verlor der Vater seine privilegierte Stellung. Die Familie stürzte in wirtschaftliche Nöte; über all den Sorgen starb der Vater. Als dann auch noch Christines Ehemann nich mehr nach Hause zurückkehrte, stand die junge Witwe mit ihren Kindern, ihrer Mutter und einer mittellosen Nichte vor dem Nichts. Einer alleinstehenden Frau drohte ein trübes Schicksal zwischen Armenhaus, Kloster oder gar Prostitution. Doch die verwöhnte Tochter ließ sich nicht einschüchtern und nahm ihre neue Rolle als Haushaltsvorstand erfolgreich an. Sie forderte die Gelder, die man ihrem Mann schuldete über viele Jahre hinweg konsequent ein.

Christine konnte sich auf eine besondere Begabung berufen: das Schreiben. Anfangs verdiente sie mit Kopierarbeiten, dem Abschreiben fremder Werke etwas Geld. Noch in dem Jahr, in dem ihr geliebter Etienne starb, nahm sie an einem Dichterwettbewerb teil und ihre Poesie hatte Erfolg. Christine de Pizan beherrschte alle Formen höfischer Dichtkunst und befasste sich mit allen Spielarten der Liebe, wobei sie mal die Rolle der Dame, mal die des werbenden Galans übernahm. Sie selbst hielt sich von Freiern fern und wollte nicht noch einmal heiraten. Die Dichtung tröstete nicht nur ihre Seele, sie stellte auch den Brotwerwerb sicher. Die Künstlerin passte ihr unterhaltsames Angebot prafmatisch der wechselnden Nachffrage an und gewann bald einen Kreis bedeutender adliger Leser.

Ihren Platz in der modernen Literaturgeschichte eroberte sich Christine de Pizan jedoch nicht durch eingängige Verse, sondern durch eine wirkliche Pioniertat: sie begann selbstständig zu denken- vielleicht etwas Ungewöhnliches für eine Frau der damaligen Zeit. Je sicherer sie das Schreiben beherrschte, desto mehr fielen ihr die Misstände der damaligen Epoche auf und sie setzte sich nunmehr mit der Politik auseinander. Schon bald erhielt sie den Auftrag, eine umfassende Chronik über die Herrschaft Karl V. zu verfassen - eine große Auszeichnung für eine Frau in einer Zeit, in der die offizielle Geschichtsschreibung den Mönchen vorbehalten war.

Auf einem anderen Feld gelang es der Dichterin, nicht nur die Gunst der bayrisch-französischen Regentin Isabeau zu gewinnen. Sie erreichte endgültig jenen Ruhm der historischen Unsterblichkeit, den wohl jeder Auto ersehnt, indem sie um die Wende zum 15. Jahrhundert ihr Lebensthema gefunden hatte: nämlich die Frauen oder genauer gesagt, den nach ihrer Meinung unerträglichen Blick männlicher Gelehrter auf das weibliche Geschlecht.

Die selbstbewusste Intellektuelle fühlte sich provoziert durch die abwertenden Meinungen vieler Gelehrter über die Rolle und das Wesen der Frau. "Die Frau hat kein Gewíssen" behauptete z.B. der Pariser Theologe und Professor Jean de Meung - und meinte damit alle Frauen. In nahezu unflätigem Ton postulierte der brave Gottesmann, das ganze weibliche Geschlecht sei nur auf "Spitzfindigkeiten und Bosheiten" hinaus. Sein zynischer Rat: Männer sollten sich Frauen gegenüber auf ihre Triebhaftigkeit beschränken; wer an die Liebe glaubt, der sei ein Narr.

Christine war empört und wagte es, den allseits anerkannten Professor öffentlich zu kritisieren. "Zügellosigkeit und Laster" steckten hinter diesen frauenfeindlichen Ausfällen- konterte sie. Schritt für Schritt entlarvte sie das falsche Frauenbild des Klerikers, der es aus ihrer Sicht gewagt hat, ein ganzes Geschlecht ausnahmslos zu verleumden und zu tadeln. Mit solcher Courage hatten die Verfechter der konventionellen Rollenmuster nicht gerechnet.

Und schon bald wendete sich das Blatt, als nämlich Jean Gerson, Kanzler der Universität Paris und der Kirche Notre-Dame, die Partei der Autorin ergriff. Kurz darauf lud der Herzog von Orléans Christine in seinen Palas ein und ehrte sie. Christine de Pizan hatte gewonnen und galt von nun an offiziell als Vorkämpferin der Frauenrechte. In ihrem berühmtesten Werk "Das Buch von der Stadt der Frauen" begegnete sie den männlichen Vorurteilen mit einer Galerie berühmter Frauen aus der Antike, Bibel, aus Legenden und aus dem Mittelalter. Ihr Fazit: Frauen sind mindestens so klug und stark, mindestens so lernfähig, originell, machtbegabt, redegwandt, vernünftig, kunstsinnig, kühn und liebesfähig wie Männer.

Historiker meinen, dass es vielleicht gar nicht so sehr die feministische oder literarische Qualität ihrer Schriften war, die Christine de Pizan zur "Vorzeigefrau" machten, vielmehr sei es ihr Charakter gewesen: unbeugsam, eigenständig, unbequem und klug verweigerte sich Christine schon zu Lebzeiten einer jeden Art von Vereinnahmung. Überlebt hat die zierliche Person durch die subversive Kraft eigenen Denkens.

 

Der vorliegende Text bezieht sich im Wesentlichen auf einen Artikel über Christine de Pizan im Spiegel-Special "Geschichte", Heft Nr.4/2013.

 

Das Leben berühmter Frauen im Mittelalter füllt mittlerweile international Bibliotheken. Und so begibt sich eine wachsende Zahl interessierter Frauen auf Spurensuche.

D a s  R i t t e r t u m

Von Anfang an übernahm der Ritterstand primär militärische Funktionen im Dienste der geistlichen und weltlichen Macht, also angesiedelt zwischen dem Papsttum einerseits und dem Kaisertum andererseits.

Die Ritter mit ihrem Gefolge von Frauen, Knechten und Mägden machten nur knapp 5 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Im Hochmittelalter zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert stellten nach wie vor die Bauern mit ca. 80 bis 85 Prozent die größte Bevölkerungsgruppe, gute 10 Prozent gehörten dem Klerus oder dem Adel an beziehungsweise wohnte in Städten.

Die Hauptgruppe der Ritter entstammt auch in Deutschland der Ministerialität. Ministeriale waren abhängige Gefolgsleute, die sich das Vertrauen des Königs erworben hatten und sowohl militärische Aufgaben wie auch Hofämter versahen. Gegen Ende des 11. Jahrhunderts wurden sie vermehrt zum Kriegsdienst herangezogen. Stellte ein Ministeriale besondere Tüchtigkeit unter Beweis, wurde ihm u.U. der Aufstieg zum ritterlichen Adel möglich.

Ritter zu werden war eine teure Angelegenheit: Rüstung und Waffen, der Unterhalt mehrerer Pferde und der Besuch von Turnieren verschlangen hohe Summen. Viele Knappen - auch aus besseren Häusern - mußten sich daher oft zähneknirschend entscheiden, den Ritterschlag abzulehnen, und dienten fortan als Edelknechte.

Ritterliche Ideale und der Alltag

Im Mittelalter, insbesondere in seiner frühen Phase, konnten sich die Menschen nicht auf nennenswerte Erfahrungen mit staatlichen Regierungsformen stützen, die etwa die Ausübung von Macht klar regelten. Am Ende des Tages galt, nüchtern betrachtet, fast immer das Recht des Stärkeren.

Während im 10. und 11. Jahrhundert das Leben nebst dem mühsamen “Broterwerb” von Gewalt, Territorialkämpfen und instabiler Bündnispolitik unter den Adelshöfen geprägt war, setzte sich im 12. Jahrhundert ein neues Pflichtbewußtsein des Ritterstandes durch, bestehend aus ehrenhaftem Handeln, Verlässlichkeit und Rechtschaffenheit. Schritt für Schritt eroberte das idealisierte Bild des Ritters die Geisteshaltung einer ganzen Epoche.

In Kriegszeiten galten allerdings auch im Mittelalter andere Regeln. Zwar gelobten die Ritter, gegenüber Besiegten Gnade walten zu lassen. Bis die Feinde allerdings besiegt waren, kämpften die Ritter mit voller Härte.

Vom Sturm der Kreuzritter auf Byzanz (dem heutigen Istanbul) sind beispielsweise heftigste Plünderungen und Verwüstungen durch die zu Hause meist Noblen überliefert.

Zeittafel zum Rittertum

Teil 1: 800 - 1226

800 Kaiserkrönung Karls des Großen

Ab 800 Entwicklung des Lehnswesens; Bau der ersten Burgen in

            Deutschland

1088 Aufstieg Bolognas zum Zentrum der Juristerei

1095 Aufruf Papst Urbans zum Kreuzzug auf dem Konzil von Clermont

1099 Erste Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer

Ende des 11. Jahrhunderts  Aufkommen der Ritterturniere in Frankreich

1118 Bernhard von Clairvaux wird Abtprimas der Zisterzienser

1119 Gründung des Templerordens

1138 - 1524 Kaisertum der Staufer

1143 Gründung der Stadt Lübeck als deutsches Handelszentrum

1152 - 1190 Kaisertum Friedrich I. Barbarossa

1189 der dritte Kreuzzug unter Friedrich I. Barbarossa

1189 - 1199 Regierungszeit von Richard Löwenherz in England

1190 Tod Friedrich I. Barbarossa

Ab dem 13. Jahrhundert  Aufkommen von Schießpulver in Spanien

1202 der vierte Kreuzzug gegen Konstantinopel

1204 Eroberung und Brandschatzung Konstantinopels (Byzanz) durch

         die Kreuzfahrer

Ca. 1210 Wolfram von Eschenbach schreibt den Ritterroman Parzival

1220-1230 Entstehung des Sachsenspiegels

Das Rittertum erfuhr im Lauf der Zeit vielfältige Verfeinerungen. Trotz der wechselvollen Geschichte konnte es mehr als sechs Jahrhunderte bestehen im Einklang mit anderen Gesellschaftsgruppen seiner Zeit, den einfachen Leuten und Bauern, dem Klerus, der Damenwelt und den Königen.

Die historischen Rahmenbedingungen im Mittelalter

Wie Mosaiksteine reihte sich in der Zeit um 800 ein kleines Königreich an das andere, was auf Dauer jedoch nur Konkurrenz und Unruhen schuf. Letztlich gewannen die starken Franken die Oberhand und einten unter den Merowingern und Karolingern das zersplitterte Territorium. Weithin galt der Frankenkaiser Karl der Große als Stifter des Abendlandes. Wie die römischen Imperatoren strebte er nach einem geeinten Herrschaftsraum, der sämtliche einzelne Volksgruppen von Südfrankreich bis Thüringen umschloss. Dies gelang ihm jedoch nur zum Teil, weil sich vor allem die germanischen Stämme gegen den Einheitsgedanken wehrten und nicht dazu bereit waren, ihre Machtposition an den Kaiser abzutreten. Somit war ein Verfall des fränkischen Großreichs vorprogrammiert.

In dieser Situation versuchten die fränkischen Kaiser immer wieder, eine Einigung ihres Reiches zu erlangen, indem sie gemeinsame Traditionen durchsetzten: vor allem verpflichtete man sich zu Treue und Gefolgschaft gegenüber dem Lehnsherren. Diese Verpflichtung setzte sich wie eine Kette vom niedrigsten Gefolgsmann bis hin zum Kaiser fort und sorgte für ein engmaschiges Machtgeflecht.

Die drei Säulen der Macht: der Kaiser, seine Fürsten und der Papst

Das Christentum hatte sich nach der Völkerwanderungszeit als verläßliche Größe im Land etabliert: Geistliche übernahmen die Versorgung der Bevölkerung vom unmittelbaren Lebensunterhalt über Schulunterricht bis hin zur öffentlichen Organisation. Die fränkischen Herrscher unterstützten diese Instanz und stabilisierten dadurch ihre eigene Macht.

Neben der politischen Bedeutung verlieh der christliche Glaube auch eine innere Stütze. Die mittelalterlichen Menschen aller gesellschaftlichen Schichten glaubten fest an die Gottgegebenheit ihrer Lebensumstände. Der zunehmende politische Einfluß der Kirche zeigte sich in einem immer weiter reichenden Mitspracherecht, beispielsweise bei Kriegsentscheidungen oder Amtseinsetzungen.

Trotz der Machtverteilung zwischen weltlichen und kirchlichen Instanzen blieb die politische Lage des Reiches im frühen Mittelalter instabil: die oft lange Reisetätigkeit des Kaisers verführte Nachbarländer zu Angriffen mit dem Ziel der Gebietserweiterung. Außerdem erschütterten viele kleine Streitereien unter den Landesherren das Frankenreich von innen. Die Folgen trafen vor allem die einfachen Leute: Armut, Zerstörung und Sittenverfall.

Die oberste politische Macht stellte im gesamten Mittelalter der Kaiser dar. Bei ihm liefen alle politischen Fäden zusammen, jedoch war er in der Machtausübung nicht völlig frei: angewiesen auf die militärische Unterstützung seiner Gefolgsleute war der Kaiser als Oberbefehlshaber sehr daran interessiert, die größeren Stämme wie die Bayern, Franken, Sachsen, Schwaben und Lothringer hinter sich zu bringen.

Die Strukturen der mittelalterlichen Gesellschaft unterscheiden sich von denen der Gegenwart grundlegend: die demokratischen Grundideale der griechischen Antike traten vollkommen in den Hintergrund. Die Ungleichheit der Stände bestimmte das Zusammenleben. Dies zeigte sich auch im Verhältnis zwischen Ritterstand und einfacher Bevölkerung, zwischen Freien und Unfreien. Im Alltag wie auch in der Rechtssprechung war die Standeszugehörigkeit ausschlaggebend. Was wir heute als Ungerechtigkeit bewerten würden, war im Mittelalter lediglich die Konsequenz des Ständedenkens: man arrangierte sich - da gottgegeben - mit diesen Normen.

Eine strenge Hierarchie regelte also die Macht- und Aufgabenverteilung.

Schon früh setzten die germanischen Könige Beamte ein, die sich an ihrer Seite um die Landesverwaltung kümmerten, wichtige Aufgaben und Repräsentationspflichten abnahmen. Dadurch entstand neben dem Geburtsadel der sog. Dienstadel, die Ministerialen.

Nicht für alle Freien standen Hofämter zur Verfügung. Wer kein Hofamt erwerben konnte, dem blieb auch die Erhebung in den Dienstadel verwehrt. Und so entstand neben den begüterten Ministerialen bald eine große Gruppe von sog. armen Freien. Es waren vor allem freie Bauern, die sich keine Leibeigenen leisten konnten und deshalb ihre volle Kraft für die Versorgung der Familie brauchten.

Viele Grundherren forderten oftmals ein Vielfaches an Abgaben, so dass mancher Bauer gezwungen war, Teile seines Landbesitzes zu verkaufen und schlimmstenfalls zum Leibeigenen wurde. Allerdings kam es auch vor, dass Ministeriale verarmten, weil die vielen unbezahlten Kriegseinsätze und die kostspielige Ausrüstung durchaus ein Vermögen aufzehren konnten. Insgesamt bestand die Mehrheit der mittelalterlichen Bevölkerung aus Unfreien. Sie versorgten die Landwirtschaft ihres Herrn und leisteten Abgaben.

Lehnsherren und Vasallen

Um 800 beruhte die Wirtschaft auf dem Tauschhandel. Man tauschte Naturalien, Handwerkszeuge, Dienstleistungen und Arbeitskraft gegen andere Güter. Dem gleichen Muster folgte die Bezahlung der Ministerialen und Ritter durch den König: für geleistete Dienste erhielt der Getreue ein Stück Land von seinem Herrn, das sogenannte Lehen, das er nach Gutdünken bewirtschaften oder weiterverpachten durfte, so dass er mit seiner Familie und dem dazugehörigen Hauswesen von den regelmäßigen Einnahmen normalerweise gut leben konnte. Nach dem Tod eines Vasallen ging in der Frühzeit das Lehen wieder an den Lehnsherren zurück. Wenn der Lehnsherr starb, dann ging der Besitz an dessen Nachfolger mit dem Vorrecht, das Lehen neu zu gewähren oder aber auch zu entziehen.

Im Verlauf des Mittelalters änderte sich diese Praxis: das Lehen wurde von Generation zu Generation weitervererbt. Dadurch konnte sich der Vasall, seine Familie und seine Nachkommen besser auf dem Lehen einrichten. Zunächst erfolgte die Vererbung in der unmittelbaren männlichen Nachkommenschaft, in späteren Zeiten durchaus auch auf Frauen und entfernte Verwandte.

Die Feudalgesellschaft

Das frühe Lehnswesen brachte schließlich die für das Mittelalter so charakteristische Feudalgesellschaft hervor. Sie beruhte auf streng getrennten Gesellschaftsschichten, von denen jede ihre spezielle Funktion hatte. Ein Wechsel zwischen den Gesellschaftsschichten war kaum möglich.

Oberhaupt der Stände war der König, der in Deutschland vom Hochadel oder vom Papst eingesetzt wurde. Auf der Ebene der Feudalgesellschaft konnten sich das Rittertum und die Ministerialität neben dem Geburtsadel etablieren.

Insgesamt konzentrierte sich die gesellschaftliche und politische Macht im Hochmittelalter auf wenige Prozent der Bevölkerung. Die absolute Mehrheit lebte in vollkommener Abhängigkeit und hatte keinerlei Möglichkeit der demokratischen Mitbestimmung, obwohl eigentlich von der Arbeitskraft der Untergebenen das Auskommen des gesamten Staatswesens abhing.

Ab etwa dem 11. Jahrhundert fand innerhalb des Adels nochmals eine Verlagerung der Macht statt: Schritt für Schritt übten die Adligen, die eine Burg besaßen, mehr Kontrolle aus. Mit der Entwicklung des Handels und der Handelswege übte die Burg nicht mehr nur militärische Funktionen aus, sie übernahm zusätzlich wichtige wirtschaftliche und verwaltungstechnische Aufgaben. Dazu kam die kulturelle Bedeutung, weil sich an solchen Handelszentren bevorzugt Künstler und Dichter ansiedelten.

Aus dem Feudalwesen entwickelte sich der spätere Ständestaat, der sich in Aristokraten, Bürger und Arbeiter gliederte.

Es herrschte das Gesetz der Gewalt

Zu Beginn des Mittelalters, um ca. 800, hatte sich das germanische Ritterideal noch nicht entwickelt. Es herrschte das Gesetz der Gewalt, auch kleinere Streitigkeiten wurden mit Gewalt entschieden und bei Übungskämpfen konnte der Kampfesrausch überhand nehmen. Unzählige Tote und Verletzte waren die traurige Bilanz.

Als sich dann zwischen dem ausgehenden 10. und 13. Jahrhundert der ritterliche Ehrenkodex durchsetzte, verbesserte sich zwar die Situation, doch gingen die Erfahrungen vom Schlachtfeld nicht spurlos an den Elitekämpfern vorüber. Eine gewisse Rauhheit blieb ihnen eigen und immer wieder geschah es, dass Turniere eskalierten und in einem Blutbad endeten.

Doch nicht nur gegenüber seinen Gegnern, auch gegenüber sich selbst mußte ein Ritter Härte beweisen. Die Strapazen der Reisen und Kämpfe - und auch die schwere Rüstung galt es zu ertragen. Dazu kamen die Verletzungen. Auf dem Schlachtfeld oder Turnierplatz war gar nicht daran zu denken, den Kampf wegen einer Wunde zu unterbrechen. Zudem standen im Mittelalter kaum medizinische Mittel oder Narkotika zur Verfügung. Bei vollem Bewußtsein wurden die Wunden gereinigt, genäht und Gliedmaßen wieder eingerengt. Bei größeren Verletzungen, die z.B. eine Amputation notwendig machten, verabreichte man dem Patienten eine ordentliche Menge Alkohol und versetzte ihm einen Schlag ins Genick. Das war dann sozusagen die “örtliche Betäubung”. Nicht einmal in einer solchen Situation durfte ein Ritter Schmerzen zeigen, Wehleidigkeit gehörte einfach nicht zum ritterlichen Ehrenkodex.

Überraschendes

Wie passt es zum ritterlichen Ideal, dass ein englischer Edelmann seiner Gemahlin kurz entschlossen drei Zähne ausschlug, als diese sich über seine wiederholte Untreue beschwerte und der feine Herr auch keineswegs daran dachte, sein Verhalten zu ändern? Dass es im Alltag mit dem feinen Benehmen der Ritter oft nicht weit her war, geht aus vielen Überlieferungen hervor; es schwelte auch unter dem feinen höfischen Benehmen einiger Fürsten eine nicht zu unterschätzende Gewaltbereitschaft.

Der Einfluß der Kreuzzüge

Mit dem Aufruf Papst Urbans II. (1040 - 1099) zum ersten Kreuzzug auf dem Konzil von Clermont kam eine weitere Lebensaufgabe auf den Ritterstand hinzu: der Kampf gegen die Barbaren im Dienst für Gott, Söldner Christi sollten sie werden.

Begeistert von den Worten des Papstes zogen Ende des 11. bis ins 13. Jahrhundert hinein Tausende von Rittern mit ihren Soldaten in den Krieg nach Palästina, ins Heilige Land.

Beim ersten Kreuzzug kam es 1099 zur Eroberung von Jerusalem. Letztlich siedelten sich nach dem Kreuzzug nur etwa 300 Ritter im Heiligen Land an, gefolgt von Kaufleuten und Handwerkern, die einen lebendigen Handel mit dem heimischen Abendland aufbauten. Hier bildete sich der wirtschaftliche Knotenpunkt zwischen Morgen- und Abendland, zwischen Orient und Okzident. An diesen Handelszentren gelang zwar die Annäherung der orientalischen und europäischen Kultur, ansonsten blieb die Distanz und das gegenseitige Mißtrauen nach wie vor bestehen.

Die nachfolgenden Kreuzzüge waren zum Scheitern verurteilt. An der Seite Barbarossas zogen König Richard Löwenherz von England und König Philipp II. August von Frankreich mit ihren Truppen ins Heilige Land, um Jerusalem der Christenheit zurückzugewinnen. Friedrich I. Barbarossa starb 1190 bei einem Badeunfall in einem Fluß der heutigen Türkei; daraufhin zerfiel das Heer und sein Sohn starb kurz danach. Auch die französischen und englischen Kreuzfahrer hatten nicht mehr Erfolg. Die Ziele der Kreuzzüge - eine Christianisierung des Orients - waren gescheitert und haben sehr viele Menschenleben geopfert.

Ritterorden

Neben der ständigen Bedrohung von außen kam es in den Kreuzfahrerstaaten häufig zu Nachschubproblemen, vor allem an tapferen Rittern. Diese Situation bildete den Grund für die Entwicklung der geistliche Ritterorden (Templer, Johanniter, der dt. Orden). Zu ihren festgeschriebenen Aufgaben gehörte u.a. der Schutz der Zugangswege nach Jerusalem. Weitere Aufgaben der jeweiligen Ordensgemeinschaft waren die Versorgung der Armen sowie der Kriegsdienst. Seinen zentralen Stützpunkt errichtete der dt. Orden auf der Marienburg in Westpreußen - eine der größten Festungsanlagen Europas - und konzentrierte sich von diesem Stützpunkt aus etwa ab 1309 vollkommen auf das Baltikum und die östlichen Länder. Um sowohl das Heidentum wie auch das gesellschaftliche und kulturelle Gut der Ostvölker auszulöschen, schreckten sie nicht davor zurück, ganze Landstriche zu entvölkern und alles Gut niederzumachen. In der Schlacht bei Tannenberg 1410 mußten sie sich geschlagen geben, hier endete auch der Aufstieg der Rittergemeinschaft.

Zeittafel zum Rittertum

Teil 2:

1248 -1880 Bau des Kölner Doms

1268 Ende der Staufer

1271 Entdeckungsfahrten Marco Polos nach Asien

Ab Ende 13. Jahrhunderts: Gründung zahlreicher Universitäten

Leben auf der Burg

Burgen und Burgruinen prägten hoch aufragend und stolz bewehrt in einzigartiger Weise die mittelalterliche Landschaft und sie tun dies teilweise auch heute noch. Hinter den dicken Burgmauern ging es jedoch weit weniger vornehm zu, als die Geschichtsschreibung uns oftmals vermitteln wollte.

Rauschende Feste, Turniere und allzeit bereit im Dienst einer vornehmen Dame - so stellte man sich zumeist den Alltag eines Ritters vor. Die Wirklichkeit sah im 12. und 13. Jahrhundert jedoch vollkommen anders aus.

Die hauptsächliche Aufgabe eines jeden Ritters bestand im Kriegsdienst. Gegenüber seinem Lehnherren war er verpflichtet, unentgeltlichen Wehrdienst zu leisten. Die mittelalterliche Kriegsführung bestand zu einem großen Teil aus einer teils langwierigen Belagerung von Burgen sowie dem Niederbrennen der gegnerischen Äcker und nur zu einem geringen Teil aus dem unmittelbaren Kampf “Mann gegen Mann”.

Kriege führte man damals hauptsächlich im Frühjahr und im Herbst, weil die Straßen dann aufgrund der besseren Wetterbedingungen einigermaßen trocken waren. Im Sommer war die Ernte einzubringen und die Abgaben der abhängigen Bauern einzutreiben. “Wenn der Pflug ruhte, wurde zu den Waffen gegriffen”.

Der Burgenbau

Die frühesten Vorläufer der Burgen bildeten die keltischen stadtähnlichen Befestigungsanlagen aus dem 5. und 6. Jahrhundert. Eine weitere verwandte Bauform der Burg findet sich seit dem 11. Jahrhundert in England und Nordfrankreich: der Donjon, der allein aus einem Wohnturm bestand. In den späteren Burgen blieb dieser als sog. Bergfried fester Bestandteil der Anlage. Ab dem 11. Jahrhundert setzte sich allmählich der Steinbau gegenüber den vorherigen Holzbauten durch.

In Deutschland blühte der Burgenbau vor allem im 12. und am Anfang des 13. Jahrhunderts. In dieser Zeit sicherten die Staufer ihre Macht dadurch ab, dass sie besonders treuen Gefolgsleuten, meist Ministerialen, Burgen zur Verwaltung zuwiesen. Für diese Burgen galt das Erbrecht, so dass die Anlagen zunehmend in den Besitz der Ministerialen übergingen.

Eine Wende brachte das 14./15. Jahrhundert, als die Territorialfürsten die Macht an sich rissen und dem mittlerweile sesshaften Ministerialenadel das Recht zum Burgenbau wieder entzogen. Viele Burgen wurden damals zerstört oder mussten aufgegeben werden. Als in der Folgezeit dann die Städte entstanden, verloren die ländlich isolierten Burgen mehr und mehr an Bedeutung - sowohl gesellschaftlich als auch militärisch. Letztlich fielen sie den Hussitenkriegen im 15. Jahrhundert, den Bauernkriegen im 16, Jahrhundert und dem Dreißigjährigen Krieg im 17. Jahrhundert zum Opfer.

Zum Alltagsleben

Das Alltagsleben war auf die Tagesstunden beschränkt aufgrund der mangelnden Beleuchtungsmöglichkeiten für die Räumlichkeiten. Man begab sich früh zu Bett und stand auch in aller Frühe wieder auf. Da die Gemächer der Burgbewohner über Nacht meist auskühlten, warf man sich morgens schnell einen Pelz über und wusch sich nur kurz - da das Wasser, ohnehin Mangelware, für andere Zwecke gebraucht wurde.

Durch den Kontakt mir dem Orient kamen im Hochmittelalter auch in Europa die Badestuben in Mode. Aus dieser Zeit stammen die Dampfbäder. Vielfach war das Baden ein gesellschaftliches Ereignis, Eheleute badeten zusammen, und auch wenn Gäste anwesend waren, genoss man das Bad gerne gemeinsam.

Die Essenszeiten waren streng geregelt. Nach der ersten Mahlzeit im Anschluß an die Frühmesse wurde am frühen Abend ausführlich gespeist. Der späten Mahlzeit wurde viel Zeit eingeräumt. Bei den wohlhabenden Rittern war der Speiseplan ausgesprochen vielseitig, während einfachere Leute und Bauern sich hauptsächlich von Getreideprodukten ernährten. Ihren Durst stillte die mittelalterliche Gesellschaft mit Bier, Met, teilweise auch Fruchtsäften und vor allem mit großen Mengen an Wein. Letzterer ließ sich gut konservieren und war daher ideal für alle Jahreszeiten.

“Viel essen macht viel breiter

und hilft zum Himmel nicht,

es kracht die Himmelsleiter,

kommt so ein schwerer Wicht.

Das Trinken ist gescheiter,

das schmeckt schon nach Idee,

da braucht man keine Leiter,

das geht gleich in die Höh´.”

                                                                     Joseph von Eichendorff  (1788-1857)

Anlaß zu Feierlichkeiten gab es regelmäßig insbesondere bei Eheschließungen. Eine Liebesheirat, wie wir sie heute eigentlich voraussetzen, kannte das Mittelalter allerdings nicht. Ehen dienten gesellschaftlichen und politischen Verbindungen und wurden von den Eltern der künftigen Eheleute beschlossen.

Der Winter war die härteste Jahreszeit für den mittelalterlichen Menschen. Da die Burganlagen mit Ausnahme der Kemenaten kaum beheizt werden konnten, froren die Bewohner ständig und konnten nur hoffen nicht ernsthaft krank zu werden. Mangelnde Hygiene und eine große Zahl unliebsamer Mitbewohner wie z.B. Flöhe und Wanzen machten allen Menschen das Leben schwer.

Ab dem 12. Jahrhundert verbesserte sich die Situation grundlegend, als die Kachelöfen aufkamen - ein immenser Fortschritt, da sie die Wärme speicherten und zugleich die Brandgefahr minderten.

Der Untergang des Rittertums

Die Bedeutung, die sich der Ritterstand im Lauf der Zeit erarbeitet hatte, lag vor allem in der militärischen Durchschlagskraft seiner Kämpfer. Doch mit den Veränderungen in der Heeres- und Kriegstaktik nahm die Bedeutung der schweren ritterlichen Kavallerie mehr und mehr ab.

Und auch in der Gesellschaft hatten sich die Strukturen zuungunsten des Ritterstandes verändert. Mit dem Wegfall des Lehnswesens war für viele, oftmals hoch verschuldete Grundherren ein “Sparkurs” angesagt. Zunehmend legte man die Organisation und finanzielle Aufsicht in die Hände von Verwaltungsbeamten. Hinzu kamen landwirtschaftliche Einbußen durch schlechte Ernten. Überstiegen die notwendigen Ausgaben die Einkünfte, mußte Land verpfändet werden. Dadurch verarmten vor allem viele kleine Ritterdynastien.

Ein weiterer wichtiger Faktor beim Niedergang des Rittertums war der Aufschwung der Städte. In dieser Zeit begann eine starke Landflucht, wodurch besonders der Landwirtschaft viele Arbeitskräfte verloren gingen. Demgegenüber erstarkte das städtische Bürgertum - sowohl sozial, finanziell als auch politisch. Der blühende Handel mit fernen Ländern trug ebenfalls dazu bei.

Viele Ritter beugten sich dieser Entwicklung und gaben ihre Burgen und Landbesitzungen auf, um in die Stadt zu ziehen und dort eine neue Existenz aufzubauen.

Don Quijote oder Der Ritter von der traurigen Gestalt

Die berühmteste Allegorie auf den Untergang des Rittertums findet sich in dem Roman “Don Quijote” des spanischen Dichters Miguel de Cervantes.

Die Hauptfigur Don Quijote ist ein einfacher Landadliger mit einer großen Begeisterung für Ritterromane. Er liest und liest bis er schließlich verrückt wird und glaubt, seine Lebensaufgabe sei die eines fahrenden Ritters. Seinem alten Pferd gibt er den Namen Rosinante und als Dame, der er seine Hohe Minne entgegenbringen kann, sucht er sich ein Bauernmädel aus. Alles, was ihm begegnet, bringt ein in Verbindung mit dem Rittertum und seinen Idealen, obwohl dies schon seit vielen Jahren ausgestorben ist. Völlig ausgebrannt kehrt er nach seiner ersten Fahrt heim. Doch statt aufzugeben, rekrutiert er einen Schildknappen: Sancho Pansa, ein Mensch von eher einfachem Gemüt.

Das berühmteste Abenteuer Quijotes ist sein Kampf gegen die Windmühlen, in denen er Riesen sieht. Natürlich scheitert er in diesem Kampf und macht dafür böse Mächte verantwortlich. Der Ausdruck “gegen Windmühlen kämpfen” für ein aussichtsloses Unterfangen leitet sich von dieser Geschichte ab. Schwer mitgenommen kehrt der “Ritter von der traurigen Gestalt” am Ende der Geschichte heim.

Mit seinen Verrücktheiten versinnbildlicht die Figur des Don Quijote, wie weit das ritterliche Ideal und die Wirklichkeit schon damals auseinander lagen und sein Scheitern bewegt die Menschen bis heute.

Der vorliegende Text basiert im Wesentlichen auf dem Buch “Faszination Mittelalter - Das Rittertum”, erschienen im Weltbild-Verlag.

Aus dem Mittelalter sind uns eine Vielzahl von Redewendungen erhalten geblieben, deren ursprüngliche Bedeutung von Gerhard Wagner liebevoll nachgezeichnet wurde, so z.B. die Redewendung “Sich die Sporen verdienen” (sich auszeichnen, sich würdig erweisen).

Bevor ein adliger Knabe den Ritterschlag erhalten konnte, musste er sieben Jahre als Page dienen. Sieben weitere Jahre diente er als Knappe bei einem Ritter. Hier lernte er das Waffenhandwerk, durfte an Kampfspielen teilnehmen und auch schon Sporen tragen. Mit 21 Jahren empfing er den Ritterschlag, wenn er sich durch Mut und Treue ausgezeichnet hatte. Bei dieser Zeremonie wurden ihm goldene Sporen angelegt. Dass er diese Würde verdient hatte, musste er schon bald in der nächsten Schlacht in vorderster Kampflinie beweisen.

 

 

Panoramaweg rund um Altenstein mit Besuch der Burgruine

Das idyllisch gelegene Bergdorf Altenstein ist das höchstgelegene Dorf der Haßberge.

1178 erstmals in mittelalterlichen Dokumenten erwähnt konnte das Dorf über die Jahrhunderte hinweg mit seinen gepflegten Steinhäusern im fränkischen Stil seinen ländlichen Charakter bewahren.

Die Landschaft im Naturschutzgebiet Galgenberg-Goßberg ist geprägt von einer jahrhunderte währenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzung. Neben der Waldbewirtschaftung war es vor allem der Obstanbau, der rund um Altenstein in großem Umfang betrieben wurde.

Heute beherbergt das Naturschutzgebiet neben Streuobstbeständen und wertvollen Pflanzengemeinschaften auch seltene und bedrohte Tierarten wie z.B. den Schmetterling namens “Admiral” oder die tagaktive, ungiftige Schlingnatter namens “Coronella austriaca”. Auch haben verschiedene Vogelarten im ehemaligen Stromverteilerturm ihr neues zu Hause gefunden.

Ein Rundgang durch das höchstgelegene Dorf der Haßberge führt Sie vorbei an den Steinhäusern hinein in eine abwechslungsreiche Naturlandschaft mit einmaligen Aussichten auf das darunter gelegene Baunachtal.

Nach ca. 30 Min. führt Sie der Rundweg zurück zum Ausgangspunkt mit der Möglichkeit, die Burgruine Altenstein - das Herzstück des Deutschen Burgenwinkels -  zu begehen. Eine fachkundige Führung  informiert Sie über die spannende Geschichte der Burg, das Schicksal der ehemaligen Burgbewohner und die Entwicklung des heutigen Burgeninformationszentrums, vom Deutschen Burgenwinkel 2011 ins Leben gerufen.

Im Burgeninformationszentrum erwartet Sie eine kurze Filmvorführung darüber, wie die Burg zum Zeitpunkt ihrer Entstehung ausgesehen hat.

Das Bergdörfchen Altenstein lädt alle interessierten Besucher zum Übernachten ein, damit Sie in aller Gemütsruhe auch die benachbarten Burgen und Burgruinen kennenlernen können.

Informationen über Öffnungszeiten des Burgeninformationszentrums, Termine für Führungen und  aktuelle Veranstaltungen erhalten Sie unter: www.deutscher-burgenwinkel.de

 

Jacob im Deutschen Burgenwinkel

Die Lebensgeschichte eines Lehrlings, der vom einfachen Schafhirten auf der Ruine Rotenhan schließlich zum gefragten Baumeister der Burg Königsberg wird.

Die Figur des Jacob begegnet uns auf den insgesamt acht Außenstationen der fränkischen Burgruinen. Jacob ist zwar nur eine fiktive Gestalt, doch sein beruflicher Werdegang vermittelt uns authentische Einblicke in das damalige soziale Leben rund um die Burgen.

Zeitscala:

Rotenhan  1417                                        Altenstein 1420-26

Lichtenstein  1417                                   Raueneck 1429-1432

Gutenfels 1418                                         Bettenburg 1432

Bramberg 1418-1420                               Königsberg 1332-1442

Rotenhan   Jacob-Junger Schafhirte

Jacob, ein 14 Jahre alter Waisenjunge von schwächlichem Wuchs, lebt 1417 während des Sommers als Schafhirte in seiner einfachen, gegen einen Burgfels gelehnten Holzhütte. Als Schafhirte ist er für jedes einzelne Schaf verantwortlich. Verliert er ein Tier, wird ihn sein Herr, ein ortsansässiger Bauer, körperlich züchtigen. Sein Lohn besteht lediglich aus einem Schlafplatz in der Gesindekammer und kärglicher Verköstigung.

Typisch für den Schäfer ist ein Holzstab, mit dem er die Tiere lenkt, auf den er sich aber auch bequem längere Zeit stützen kann. Zum Scheren der Schafe benutzt der Schäfer eine spezielle Schere, die sich im Wandel der Zeit kaum verändert hat.

Als Waisenkind auf dem Land muss Jacob niederste Arbeiten verrichten. Ein sozialer Aufstieg scheint ebenso ausgeschlossen wie ein langes Leben.

Ein Kaplan, Unterschlupf von einem Unwetter suchend, erzählt Jacob von der Zerstörung der Burg Rotenhan und von den momentanen Bauarbeiten auf der benachbarten Burg Lichtenstein. Bei diesem Mann handelt es sich um den Baukaplan des Eyring von Rotenhan zu Eyrichshof. Er hält Messen in der dortigen Burgkapelle und ist bestens vertraut mit der Familiengeschichte der Rotenhan.

Jacob hört gespannt zu, wird neugierig und folgt dem Kaplan zu einem Besuch der Burg Lichtenstein.

Diese Begegnung mit dem Kaplan hat das Dasein Jacobs entscheidend verändert, seinem Leben eine völlig neue Perspektive eröffnet und ihn schließlich, wie wir später beim Besuch der nachfolgenden Burgruinen sehen werden, zu einem wohlhabenden Baumeister werden lassen.

Lichtenstein    Jacob-Baustellenhilfskraft

Fasziniert von der Baustelle, ergreift Jacob auf Lichtenstein sofort seine Chance, als sich ein Lehrling des Baumeisters verletzt und dringend eine neue Hilfskraft benötigt wird. Zunächst aber muss er karte Knochenarbeit verrichten, Mörteleimer und Steine schleppen, die Werkzeuge säubern und beim Aufbau der Baugerüste mithelfen. Da er sehr fleißig ist, darf er Lehrling des Steinmetzes auf Lichtenstein werden.

Das Leben als Lehrling

Jacob arbeitet nun als Lehrling bei einem Steinmetzmeister, der zugleich als Baumeister - als magister operis - agiert. Jacobs Status hat sich somit verbessert, denn nun erhält er ein geringes Entgelt. Zudem gelten Steinmetze als angesehene und - sofern geschickt - als gefragte Handwerker. Da Jacob sich einem wandernden Baumeister angeschlossen hat, gehört er indirekt der Steinmetzbrüderschaft seines Meisters an. Anders als in den Städten, wo die Steinmetze in Zünften vereint sind, können Steinmetze sonst entweder in wandernden oder festen Bauhütten organisiert sein, aber auch einzeln agieren. Stets gehören sie aber einer Steinmetzbrüderschaft an. Jacobs Chance besteht darin, vom Lehrling zum Gesellen aufzusteigen und es vielleicht selbst einmal zum Meister zu bringen.

Mittelalterliche Baustelle

Jacob besitzt als neuer Lehrling kein eigenes Werkzeug. Da für den Bau einer Burg Unmengen an Steinen und Kalkmörtel benötigt werden, müssen diese fortwährend den Steinmetzen und Steinsetzern zugeliefert werden. Der Baumeister überwacht sämtliche Bauarbeiten, organisiert die Baulogistik, lenkt den Bauablauf gemäß seiner Bauplanung und rechnet die Baukosten ab. Mühsam müssen Steine und Mörtel auf die Baugerüste geschleppt werden. Da große Hebevorrichtungen wie Tretradkräne zu kompliziert und somit zu teuer in ihrer Herstellung sind, erleichtern lediglich kleine Handwinden den Materialtransport auf die Mauern.

Zum Transport kleinerer Mörtelmengen benutzte man geschulterte Traggefäße. Größere Mörtelmengen wurden zu zweit mit hölzernen Laden befördert.

Bei großer Hitze musste man die frisch gemauerten Mauerkronen mit Tüchern oder Jutesäcken abdecken, um zu rasches Austrocknen des Mörtels zu verhindern. Tat man dies nicht, kam es zu Schwundrissen.

Gutenfels  Jacob - Steinmetzlehrling

Jacob gehört als neuer Lehrling noch zu den niederen Gehilfen des Meisters. Im Winter 1417/18 schickt ihn sein Meister gemeinsam mit einigen anderen Lehrlingen und einem Gesellen auf die nahe Burgruine Gutenfels, um dort Bausteine für den Ausbau der Burg Lichtenstein zu brechen.

Hierarchie auf der Baustelle

Auf den mittelalterlichen Baustellen gab es klare Hierarchien. Während Steinmetze zu den besser entlohnten Arbeitskräften gehörten, waren Ansehen und Sold der zuarbeitenden Handwerker wie Steinbrecher, Steinschlepper und Mörtelmischer gering. Einen noch niedrigeren Status besaßen die Gesellen, vor allem aber die Lehrlinge. Erst nach Jahren mühsamer Plagerei, in denen sie nur Material schleppen mussten, durften sie sich an erste Steinmetzarbeiten heranwagen.

Spitz- und Falchmeißel sind die bekanntesten Steinmetzwerkzeuge und werden heute noch fast formidentisch verwendet. Außer dem groben Zurechthauen des Steines ermöglichten sie dessen Glättung durch Picken (Spitzmeißel) und Abflachen (Falchmeißel).

Der Schlegel ersetzte früher gelegentlich den Hammer.

Bramberg   Jacob - Steinmetzgeselle

Auch Jacob durfte sich alsdann an erste Steinmetzarbeiten heranwagen. Da er sich dabei recht geschickt anstellte, durfte er als Steinmetzgeselle arbeiten. Er kommt 1418 auf die Burg Bramberg und bleibt dort zwei Jahre. Der Hauptbau wird erneuert und mit einem fallgitterbewehrten Tor versehen, die Vorburg erhält eine neue Frontmauer mit einem vorspringendem Torbau.

Der Burgherr, ein Amtmann aus dem Adelsgeschlecht derer von Bibra, lehrt Jacob Lesen, Schreiben und Rechnen. Damit eröffnen sich für Jacob, einem einfachen Jungen vom Land, außergewöhnliche Zukunftschancen. Bildung blieb damals in den Städten den gehobenen Ständen vorbehalten, auf dem Land waren nur Adelige und Geistliche bildungsmäßig privilegiert.

Altenstein und Wanderjahre

Nach sechs Jahren Tätigkeit auf Burg Altenstein und drei Jahren Wanderschaft kehrt Jacob zu seinem alten Meister zurück, der gerade auf der Burg Raueneck arbeitet. Jacob ist nun ein versierter, sehr geschickter Steinmetz, der mithilfe von Messlatte und Knotenschnur auch anspruchsvolle Werkstücke herstellen Kann. Sein Meister überredet ihn, die Meisterprüfung abzulegen. Jacob bleibt drei Jahre auf Raueneck und gründet hier auch seine Familie.

Messlatte: Zum Abmessen von Strecken diente eine Messlatte bzw. ein Messstab mit einer Skala. Knotenschnur: Mit der Knotenschnur, in der Knoten die Maßeinheit (Schuh oder Fuß) markierten, ließen sich bestimmte Längen oder Radien ermitteln. Auch geometrische Figuren wie verschiedene Dreiecke, Rechtecke und rechte Winkel konnten damit einfach ermittelt werden.

Raueneck - Jacob nach den Wanderjahren

Auf der Burg Raueneck baut Jacob gemeinsam mit seinem Meister und anderen Steinmetzen die Türme der neuen Umwehrung. Ihm fällt die Aufgabe zu, spezielle Schießscharten anzufertigen. Hinter der neuen Umwehrung erhebt sich eine alte Ringmauer, im Burginneren stehen ein hoher, quadratischer Bergfried, ein Gebäudetrakt aus Wohnturm und Kapelle sowie ein großer Küchentrakt.

Soziales Umfeld: Luxus Familie

Jacob ist nun 27 Jahre alt, Steinmetzmeister, verheiratet und hat zwei Kinder. Als Steinmetzmeister hat er ein gutes, zudem langfristig gesichertes Einkommen und kann seiner Familie eine stabile soziale Sicherheit bieten. Die Familie umfasste im Mittelalter auch die Verwandtschaft, oft lebten mehrere Generationen unter einem Dach. Dies konnte - zumal kinderreiche Familien dien Regel waren - sowohl Absicherung als auch Belastung bedeuten - je nach sozialem Umfeld.

Bettenburg  Jacob - Anwärter zur Meisterprüfung

Jacob, nunmehr 29 Jahre alt, macht im Jahr 1432 von Raueneck eine Abstecher auf die Bettenburg, um sich diese einmal anzusehen. Er ist kurz davor, seine Meisterprüfung als Steinmetz abzulegen und möchte wissen, was andere Steinmetze zu leisten imstande sind. Jacob fertigt eine Skizze der Burg an.

Was Jacob im Jahr 1432 sieht, hat keinerlei Ähnlichkeit mit der heutigen Bettenburg. Er blickt vom gegenüberliegenden Hügel auf eine mäßig große Burg mit viereckigem Bergfried, Palas und Ringmauer, deren Konzeption ihn stark an Lichtenstein, Altenstein und Raueneck erinnert. Diese Burg wird 1525 von den Bauern zerstört und völlig anders neu aufgebaut. Von ihr verbleiben allenfalls Baureste im gewölbten Kellergeschoss.

Bei seinem Studienbesuch auf der Bettenburg trifft Jacob einen Weinhändler, der auf einem Karren in großen Fässern Wein transportiert. Der Händler beliefert seit Jahren die Burg und kennt sich hier gut aus, darum befragt Jacob ihn zur Geschichte der Burg - außerdem bekommt er eine Kostprobe des Weins aus dem Maintal.

Königsberg   Jacob - Baumeister

Jacob kommt 1432 als frisch ernannter Steinmetzmeister auf die Burg Königsberg und übernimmt dort aufgrund seiner reichen Burgenerfahrung  die vakante Bauleitung. Ihm werden der Bau eines Brunnens sowie der Weiterbau von Zwinger - und Stadtbefestigung angetragen.

Die alte Gründungsburg mit Ringmauer, Palas, Torbau und hohem runden Bergfried steht noch. Rundum sind schon die Grundmauern der neuen Zwingerbefestigung gesetzt. Am neuen Brunnen sowie an der Verbreiterung des Halsgrabens wird eifrig gearbeitet, da der Aushub viel Baumaterial liefert. Auch die Verbindungsmauer zwischen Stadt und Burg hat schon eine ansehnliche Höhe erreicht.

Als Steinmetzmeister bzw. Baumeister nimmt Jacob nun eine bedeutende gesellschaftliche Position ein. Er spricht Bauaufgaben, wie etwa den Brunnenbau, direkt mit dem Burgverwalter ab und unterbreitet diesem seine Ideen. Er ist nun für Planung, Ausführung und Abrechnung allein verantwortlich. Zugleich verhandelt er mit einigen Stadträten über den Bau eines Stadttores.

Aufgrund seines guten Einkommens haben sich seine Lebenserwartung und sein soziales Umfeld deutlich verbessert.

D e r  A m t s b o t e n w e g

                                              ein Weg, der die Städte Königsberg - Seßlach und Coburg

                                                                          miteinander verbindet

 

Auf den Spuren des Amtsboten streifen Sie über sanfthügelige Landschaften vorbei an kleinen Flusstälern und tiefen Wäldern.

Geschichte des Amtsbotenweges

Der Amtsbote stellte die regelmäßige Verbindung her zwischen Königsberg und der Residenzstadt Coburg. Hierfür mußte er zweimal wöchentlich von Königsberg ausgehend den rund 45 km langen Weg nach Coburg zu Fuß zurücklegen. Seine Aufgabe bestand darin, wichtige Botschaften vom Amt Königsberg zur Residenzstadt Coburg zu überbringen.

Darüber hinaus war der Amtsbotenweg eine viel begangene Verkehrsader. So brachten Bauersfrauen Weintrauben, Eier, Käse und andere landwirtschaftliche Produkte zum Verkauf nach Coburg. Auch Handwerker lieferten ihre Waren über den Amtsbotenweg in Coburg ab.

Heute passieren Sie diesen gepflegten Wanderweg ohne amtliche Verpflichtungen. Auch müssen Sie keinerlei Produkte schwer mit sich herumschleppen, um sie schließlich in Coburg abzuliefern.

Vielmehr können Sie im wahrsten Sinn des Wortes “unbeschwert” die Natur geniessen und bei dieser Tour drei der schönsten althistorischen Städte Unterfrankens kennenlernen.

Für weitere Informationen zu den Haßbergen, Königsberg i.Bay., Seßlach und Coburg lohnt sich der Besuch folgender web-Sites:

 

www.hassberge-tourismus.de

 

www.koenigsberg.de

 

www.sesslach.de

 

www.coburg-tourist.de